Rohstoffe: Totgesagte leben länger

18.07.2016

Während der seit Jahresanfang erwirtschaftete Ertrag von Rentenanlagen immerhin 5 Prozent beträgt und die Aktien des MSCI World Index nur um 1,4 Prozent gestiegen sind, konnte ein breit aufgestellter Rohstoffindex sogar um 14 Prozent zulegen.

Wie Phönix aus der Asche sind die Rohstoffmärkte im Frühjahr aufgestiegen und haben dabei Aktien- und Rentenanlagen weit hinter sich gelassen. Vergessen sind die Ölpreisprognosen von 20 US-Dollar je Barrel und Anlageempfehlungen, die nahelegten, völlig auf Rohstoffanlagen zu verzichten. Dabei ist die Erholung an den Rohstoffmärkten weniger das Ergebnis eines globalen Konjunkturaufschwungs als vielmehr das Resultat der mit dem vorherigen Preisverfall einhergehenden Anpassungen der Angebots- und Nachfragerelationen. Im Zuge der niedrigen Preise für Energie- und Industrierohstoffe wurde deutlich weniger investiert und nicht rentable Produktionsstätten sogar stillgelegt. Gleichzeitig trifft eine relativ stabile Nachfrage nach Öl und Industriemetallen auf zwar noch hohe, aber bereits rückläufige Lagerbestände. Edelmetalle profitieren auf der anderen Seite von einer Zunahme der geopolitischen Risiken.

Rohstoffe Trendsetter Öl

Die Rohstoffmärkte insgesamt sind hoch korreliert und die Energiepreise geben häufig die Richtung für die anderen Rohstoffe vor. Der Kollaps beim Ölpreis ist vor allem das Ergebnis des nun schon neun Quartale anhaltenden Produktionsüberhangs. Dieser dürfte sich nach Expertenmeinung im Jahresverlauf auflösen. Zuletzt wurde diese Entwicklung durch Förderausfälle in Kanada und Nigeria unterstützt. Öl profitiert zudem von einem schwächeren US-Dollar, da sein Preis in US-Dollar notiert und bei einem schwächelnden Greenback die Nachfrage tendenziell steigt. Ungeachtet der stützenden Wirkung steigender US-Zinsen gehen wir nicht davon aus, dass der US-Dollar wie in den Vorjahren nochmals signifikant aufwertet. Die Rahmenbedingungen für steigende Ölpreise haben sich verbessert und ein weiterer Anstieg in Richtung 60 US-Dollar je Barrel ist wahrscheinlich. Das setzt jedoch voraus, dass der Angebotsüberhang tatsächlich abgebaut wird. Für eine noch stärkere Rallye müssen sich dann aber auch die globalen Konjunkturperspektiven verbessern. Das gilt auch für alle anderen Rohstoffe und insbesondere für die Industriemetalle, deren Wertentwicklung eng mit der chinesischen Industrieproduktion korreliert. Losgelöst von Überlegungen zur Angebots- und Nachfragesituation und der konjunkturellen Entwicklung sollten Rohstoffe im Rahmen der Asset Allocation im Vergleich zu Renten- und Aktienanlagen betrachtet werden. Dabei fällt auf, dass sich die relative Bewertung verbessert hat, zumal viele Staatsanleihen negative Renditen aufweisen, sich die Kreditspreads auf historisch niedrigem Niveau bewegen und die Kurserholung an den Aktienmärkten schon weit fortgeschritten ist. Dies erhöht tendenziell die Risikobereitschaft und forciert die Suche nach alternativen Anlagen, zu denen Rohstoffe zählen.

Ein Kommentar von Alwin Schenk, Sal. Oppenheim

www.oppenheim.de