Risikomanagement: Faktorprämie von Growth bei weniger Volatilität erreichen

19.01.2023

Christian Hintz, Portfoliomanager „AI Leaders“ / Foto: © Christian Hintz Vermögensverwaltung GmbH

Das Growth Investing verspricht in guten Marktphasen hohe Gewinne, ist aber bei Abschwüngen häufig besonders volatil. Spezifisches Risikomanagement kann dabei helfen, die Faktorprämie des Growth Investing zu vereinnahmen, ohne sich hoher Volatilität auszusetzen.

Wachstumswerte, auch als Growth-Titel bekannt, waren von den 2010er Jahren bis Ende 2021 die herausragenden Renditebringer. Wer Geduld mitbrachte, konnte Gewinne einfahren, die kaum jemals in der Börsengeschichte zuvor verdient worden waren. Das Bild hat sich ab Ende 2021 verändert. Seither haben viele Growth-Werte, die vorrangig aus der Technologiebranche stammen, teils deutliche Korrekturen erfahren, und die Schwankungsbreite hat stark zugenommen. Zwar bleibt Technologie ein hoch spannender Sektor für Geldanlagen, denn die Digitalisierung mit allen ihren Ausprägungen – von Künstlicher Intelligenz über Industrie 4.0 bis hin zu Robotik und Aerospace – ist der herausragende Treiber für die Zukunftsentwicklung.

Künstliche Intelligenz ist der große Gamechanger in Wirtschaft und Gesellschaft

Ein Beispiel zur Konkretisierung: Bis 2030 erwarten Experten für die Künstliche Intelligenz einen Wertschöpfungsbeitrag zum weltweiten Bruttosozialprodukt in Höhe von 1,2 % pro Jahr. Diese rasante Entwicklung führe zu weitreichenden Umsatzsteigerungen im Bereich von KI-Anwendungen. Diese betrug 2020 knapp 19 Mrd. US-Dollar und sollen 2025 bei rund 90 Mrd. US-Dollar liegen. Künstliche Intelligenz ist der große Gamechanger in Wirtschaft und Gesellschaft. Geschäftsmodelle und ganze Branchen werden sich durch die Künstliche Intelligenz verändern, und ohne die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Systeme können künftig die gigantischen Datenmengen gar nicht mehr organisiert und genutzt werden.

Für Investoren bedeutet das aber in der aktuellen Situation: Sie zahlen derzeit mit mehr Risiko und weniger Ertrag für überdurchschnittliche gute Zukunftsaussichten – von denen keiner weiß, wann diese Potenziale sich voll entfalten. Wie also könnte eine Lösung für Growth-orientierte Investoren aussehen, um die Faktorprämie des Wachstumssegments mit einer reduzierten, also gesamtmarktdurchschnittlichen Volatilität zu erreichen?

Aufgrund von wechselnden Marktphasen ist eine statische Asset-Allokation selten optimal

Die Vermögensallokation ist entscheidend. Wie anerkannte wissenschaftliche Studien belegen, hängt die Wertentwicklung eines Portfolios wesentlich von der Allokation auf verschiedene Assetklassen ab. Anders gesagt: Auch eine begründete strategische Anlage kann zu ungünstigen Ergebnissen führen. Die strategische Asset-Allokation allein garantiert also keinen Anlageerfolg. Sowohl der jeweilige Investitionszeitpunkt als auch die ungleichmäßige Marktentwicklung generieren sehr unterschiedliche Renditen für ein fixes Investment – trotz gleicher Anlagedauer.

Apropos Allokation: Aufgrund von wechselnden Marktphasen ist eine statische Asset-Allokation selten optimal. Denn während sich die strategische Allokation eines diversifizierten Portfolios an langfristigen Erwartungen orientiert, ändert sich die aktuelle Situation an Finanzmärkten oft unvermittelt. Anlagerisiken steigen häufig schlagartig an, sodass Renditeerwartungen nicht erfüllt werden können. Das bedeutet: Eine aktive Steuerung der Asset-Allokation ist notwendig, um Risiken im Zeitverlauf zu steuern. Mit quantitativen Methoden, modernen Algorithmen und künstlicher Intelligenz lassen sich Risiken und Wechselwirkungen zwischen Finanzmärkten synchron erfassen und finanzmathematisch abschätzen.

Individuelle Allokationsberatung und Modellkalibrierung

Ein Beispiel dafür ist der digitale Investmentprozess „TOPAS“ als Algorithmus für die Anpassung der Gewichte von Portfoliobausteinen. Das System steuert das im Vorfeld definierte Risiko-Ertrags-Profil eines Portfolios mit einem durch das statistische Beratungslabor des Instituts für Statistik der Universität München evaluierten Optimierungsverfahren. „TOPAS“ verbindet dabei eine Reihe quantitativer Verfahren, die wissenschaftliche Erkenntnisse renommierter Experten wie Robert F. Engle, John Y. Campbell, Fischer Black und Robert Litterman nutzen. Nach einer individuellen Allokationsberatung und Modellkalibrierung werden mit „TOPAS“ täglich dynamische Risikooptimierungen durchgeführt und gegebenenfalls Reallokationen übermittelt.

Wahrnehmungsverzerrungen durch Algorithmus vermeiden

Auf diese Weise balanciert das System für das ausgewählte Titeluniversum eines Fonds oder einer Vermögensverwaltungsstrategie Tag für Tag die Allokation eines Portfolios, um den sich jeweils ändernden Marktbedingungen zu entsprechen. „TOPAS“ ist dabei frei von emotionalen Entscheidungen oder typischen Wahrnehmungsverzerrungen beim Versuch, Richtung oder Zeitdauer einer speziellen Marktbewegung zu prognostizieren. Das Portfoliomanagement trifft seine Entscheidungen zur Anlage des Vermögens somit auf Basis der vom Algorithmus ermittelten Vorschläge der Allokationsoptimierung. Das Programm ersetzt explizit nicht das Portfoliomanagement als finale Instanz.

Zugleich zielt die Allokationsoptimierung durch „TOPAS“ explizit nicht auf eine Performanceerhöhung ab. Das Ziel ist die hochgradig effiziente Steuerung des Risiko-Rendite-Profils der Gesamtanlage. Denn die langfristigen Erträge entstehen durch die Kompetenz des Portfoliomanagements im jeweiligen Anlagesegment. Und der Algorithmus hilft dabei, Volatilität aus diesen Zukunftsaussichten herauszunehmen.

Gastbeitrag von Christian Hintz, Portfoliomanager des auf KI spezialisierten Aktienfonds „AI Leaders“, Christian Hintz Vermögensverwaltung GmbH