PremiumCircle will BuV besser und transparenter machen

08.11.2016

Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführender Gesellschafter PremiumCircle

Qualitäts- und Transparenzinitiative der PremiumCircle Deutschland GmbH zur Berufsunfähigkeitsversicherung

Finanzwelt: Herr Gorr, die PremiumCircle Deutschland GmbH hat eine Qualitäts- und Transparenzinitiative zur Berufsunfähigkeitsversicherung gestartet, was ist Ihre Intention hierzu?

Gorr: Bei der Absicherung der Arbeitskraft handelt es sich um eine sozialversicherungsrelevante Grundversorgung, die wegen der nur rund 30%igen Abdeckungsquote in der Bevölkerung aktuell im Fokus von Politik, Versicherungsvertrieb und Öffentlichkeit steht.

Finanzwelt: Was sind denn aus Ihrer Sicht die Hauptursachen für die geringe Abdeckung?

Gorr: Die Gründe hierzu sind vielfältig. Im Kern geht es um das Zusammenspiel von Risikoprüfung, Versicherungsumfang und Leistungsregulierung, die Auswahlbeauftragte, also die Vermittler, wie Schutzbedürftige, also die Kunden, erheblich verunsichert. Hier gibt es konkreten Handlungsbedarf, wenn die klassische Produktwelt mit ihren bislang etablierten Vertriebswegen weiterhin Bestand haben soll. Insbesondere die qualifizierten Vermittler, auch im Maklernetzwerk des PremiumCircle, tun sich zunehmend schwer, die Berufsunfähigkeitsversicherung überhaupt noch zu platzieren. Wenn sie es ihren schutzbedürftigen Kunden empfehlen, dann oftmals nur noch unter dem Verweis auf die Funktion einer Klageoption. Kernargumentation: Eine bestmögliche Berufsunfähigkeitsversicherung ist besser als keine. Mit einem solchen Vertrag hätte man im Streitfall wenigstens eine Klagegrundlage.

Finanzwelt: Der Berufsunfähigkeitsversicherung wurde aber doch in der Vergangenheit durchgängig immer eine hohe Produktqualität und Regulierungskompetenz attestiert. Können Sie den Handlungsbedarf bitte etwas konkretisieren?

Gorr: Fassen wir den Handlungsbedarf in zwei Punkten zusammen: Risikoprüfung und Produkt. Bei der Risikoprüfung sind die Antragsfragen für medizinische Laien viel zu pauschal und bergen im Leistungsfall zudem auch aufgrund von Fehlcodierungen und Abrechnungsoptimierungen gesetzlicher Krankenkassen im Zusammenspiel mit niedergelassenen Ärzten eine Fülle von potentiellen Anfechtungsgründen durch die Versicherer. Hier besteht zum Schutz der Versicherten erheblicher Handlungsbedarf bei der Differenzierung von Antragsfragen und der qualitätsgesicherten medizinischen Dokumentation.

Beim Produkt „Berufsunfähigkeitsversicherung“ ist das Problem komplexer. Zum einen sind als Leistungskern in den Versicherungsbedingungen an keiner Stelle berufsspezifische Merkmale definiert, zum anderen glänzen die Vertragsbedingungen mit einer Fülle unbestimmter Begriffe und unverbindlicher Formulierungen. Allein bei den 12 größten BU-Versicherern mit einem Marktanteil von 67 % haben wir 342 unbestimmte Begriffe und unverbindliche Formulierungen identifiziert.

Finanzwelt: Wie konnten denn dann Ihrer Auffassung nach die positiven Produktratings überhaupt entstehen?

Gorr: Die meisten Rater haben sich in der Vergangenheit mit den Vertragsbedingungen offenbar nicht hinreichend beschäftigt. Für sie standen eher weiche Faktoren wie die Servicequalität, die Regulierungskompetenz, Leistungsablehnungs- oder Anerkennungsquoten im Fokus, nicht jedoch die tatsächlich justiziablen Formulierungen im Vertragswerk. Die Versicherer sahen also kaum Handlungsbedarf, griffen das dankbar auf und werben seit Jahren intensiv mit einer schwer verifizierbaren Siegelflut. Andererseits kursieren Aussagen, wonach in der Branche die durchschnittliche Leistungsdauer gezahlter Berufsunfähigkeitsrenten bei lediglich rund 2 Jahren läge.

Finanzwelt: Wie gut ist die Leistungspraxis der BU-Versicherer wirklich? Gibt es konkrete Zahlen?

Gorr: Ungeachtet dessen, dass eine auf einem weitgehend interpretationsfähigem und unverbindlichem Vertragswerk basierende tatsächliche Leistungspraxis keinerlei nachhaltige Relevanz besitzt, geht es jetzt erst einmal darum Transparenz zu schaffen. Wir haben im Rahmen unserer Qualitäts- und Transparenzinitiative zur Berufsunfähigkeitsversicherung einen detaillierten Erhebungsbogen mit 75 Fragen zu dem tatsächlichem Leistungsverhalten an alle relevanten Versicherer und den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) verschickt. Die Antworten sollen bis zum 30.11.2016 vorliegen und eine faire, objektive Beurteilung ermöglichen.

Finanzwelt: Wie wird sich die Produktwelt verändern müssen?

Gorr: Wenn die Versicherungswirtschaft sich von ihrer flexiblen und innovativen Seite zeigt, wird auch aus den Ergebnissen unserer Erhebung eine neue und vom Kunden aus gedachte transparente pfiffige Produktwelt entstehen können. Der aktuell aufkeimenden Diskussion zur Rückführung der BU-Absicherung in die gesetzliche Rentenversicherung könnte so mit einem ergänzenden oder weiterhin substitutiven Produkt qualifiziert Paroli geboten werden. Unser Haus arbeitet hieran.