P&R-Pleite – Verdächtige Nummern

24.04.2018

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Ein von Kritikern der Direktinvestments in Containern haben immer wieder moniert, dass aus ihrer Sicht die Eigentumsverhältnisse in diesen Modellen unklar sind. Die Pleite der Magellan Maritime Services von 2016 hatte in dieser Frage keine Klärung gebracht, denn der damalige Insolvenzverwalter war klug genug, diese Frage durch geschicktes Verhandeln zu umgehen.

Mit dem aktuellen Fall P&R wird die Frage wieder akut und die ersten Angaben der Insolvenzverwalter Michael Jaffé und Philip Heinke (beide Kanzlei Jaffé Rechtsanwälte) dürften die P&R-Anleger nicht gefreut haben. Eigentumszertifikate, die ihnen das Eigentum an bestimmten Stahlkisten bescheinigen, wurden ihnen ohnehin nur auf Anfrage zugestellt. Darauf haben aber rund 90% der Anleger verzichtet. “Diesen Verträgen wurden bei den drei insolventen Gesellschaften auch keine individuellen Containernummern zugeordnet, so dass solche auch nicht mitgeteilt werden können. Auch lassen sich damit Mieteinnahmen in den allermeisten Fällen den Anlegern nicht konkret zuordnen”, teilten die Insolvenzverwalter mit.

Allerdings ist mittlerweile auch zweifelhaft, ob die Anleger mit den Zertifikaten mehr in der Hand haben als ein belangloses Stück Papier. Der Anwalt Marc Gericke (Kanzlei Göddecke, Siegburg) stellte bei ersten Prüfungen der Zertifikate Ungereimtheiten bei den Registriernummern fest: Die international verbindlichen Kennzeichen beruhen auf einer ISO-Norm und werden vom Bureau International des Containers et du Transport Intermodal (kurz BIC, Sitz Paris) administriert. Sie bestehen aus einer Folge von vier Buchstaben und sieben Ziffern in der Form XYZU7162534, in der vier Angaben stecken. Die ersten drei Buchstaben (XYZ) stehen für den Eigner, der vierte Buchstabe U steht die Ladungsart. Allerdings wurde bisher nur U vergeben, die theoretischen Alternativen J und Z kommen in der Praxis nicht vor. Wenn als vierter Buchstabe etwas anderes als ein U steht, ist daher bereits Vorsicht geboten. Die folgenden sechs Ziffern bilden die individuelle Registrierungsnummer, die vom Eigner selbst zugewiesen wird. Die letzte Ziffer ist eine Prüfnummer für die EDV.

Der im Mietgeschäft operativen Schweizer P&R EQUIPMENT & FINANCE CORP wurde eine einzige Kennung, LFGU zugeteilt. Nach den bislang vorliegenden Informationen ist es obligatorisch, dass die Eigentümerkennung bei jedem Eigentumsübergang der Container angepasst wird. Da es aus Kostengründen extrem unwahrscheinlich ist, dass für jeden einzelnen P&R-Anleger eine eigene Eigentümerkennung beschafft wurde, könnte man erwarten, dass die von den Anlegern bei P&R gekauften und dort bewirtschafteten Container eben diese LFGU-Kennung haben. Es wurde jedoch nur diese einzelne Kennung vergeben, so dass mit der sechsstelligen Registriernummer maximal 999.999 Container ordnungsgemäß gekennzeichnet werden können. Das ergibt ein beachtliches Delta gegenüber den etwa 1,5 Millionen Containern, die P&R den Aussagen des letzten Prospektes zufolge gemanagte hat. Für dieses Delta sind unterschiedliche Erklärungen möglich. Keine ist erfreulich. Es ist denkbar, dass Container der P&R-Anleger unter fremden Kennungen registriert wurden. In Frage kommen die tatsächlichen Nutzer oder Leasinggesellschaften, die ihrerseits von P&R in die Bewirtschaftung einbezogen wurden, gewissermaßen als Untermieter. Dann könnte es allerdings schwierig werden, das Eigentumsrecht vor einem ausländischen Gericht durchzusetzen denn der betroffene Container ist offiziell für einen fremden Dritten als Eigentümer registriert worden. Der Augenschein spricht damit zunächst gegen die Ansprüche der Anleger. Die betroffenen Anleger müssten dann ihr Eigentumsrecht gegen eine ausländische Gesellschaft etwa in Singapur, Hongkong oder den Bermudas durchsetzen. Sofern das Kennzeichen auf dem P&R-Zertifikat mit einer anderen Buchstabengruppe als LFGU beginnt, könnte es sich aber auch um eine Phantasienummer handeln, zu der nie ein Container existiert hat.

In jedem Fall ist die Beschränkung auf eine einzelne Kennung für P&R auffällig, etwa im Vergleich zur FPG Raffles Pte Ltd (Singapore), die laut Prospekt zuständig ist für das „operative Management von wesentlichen Teilen der Containerflotte“ beim aktuell vertriebenen Produkt von Buss Capital (Tank-Container). Für diese Gesellschaft sind nicht weniger als acht unterschiedliche Eigentümerkennungen registriert (FPGU, RLTU, RFSU, NRLU, RFCU, ZGXU, FPRU, FPTU). Der zweite Management-Partner von Buss in diesem Angebot, Textainer Equipment Management Limited, kommt sogar auf 25 angemeldete Eigentümer-Kennungen, von denen sich 23 auf einen Sitz auf den Bermudas und zwei auf einen Sitz in San Francisco (USA) beziehen. Zu finden sind sie im Internet unter www.bic-code.org - dort einfach den Firmennamen (etwa Textainer) in die Suchmaske eingeben. An gleicher Stelle kann man auch rückwärts suchen in dem man die vier Buchstaben des Codes (z.B. FPTU) eingibt, um den eingetragenen Eigentümer zu identifizieren. Etwas übersichtlicher wird es, wenn man auf der Startseite den Button „BIC-Codes“ nutzt, der direkt zu verschiedenen Suchmasken (nach dem Namen, dem zugewiesenen Code oder dem Sitzland des Eigentümers) führt.

Immerhin hat die unklare Eigentumsfrage einen Vorteil: Etwaige Kosten und Haftungen etwa für Standgebühren bei Häfen und anderen Terminals können nur dann auf den Anleger durchschlagen, wenn zunächst das Eigentum an den Containern zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. (mk)