Womit fahren künftig unsere Autos?
11.02.2020
Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © Martina Draper
Kaum haben sich die Automobilhersteller – wenn auch nicht ganz freiwillig – damit abgefunden, dass der Verbrennungsmotor perspektivisch vom batteriebetriebenen Elektroauto abgelöst wird, hagelt es schon wieder Kritik von allen Seiten.
Das hohe Gewicht und die geringe Reichweite der Akkus auf der einen und eine je nach Strom-Mix fragwürdige CO2-Bilanz auf der anderen Seite werden je nach Interessenslage bemängelt. Folgerichtig wird über weitere Alternativen nachgedacht. Und dabei kommt plötzlich eine Technologie ins Spiel, die schon rund um die Jahrtausendwende heiß diskutiert wurde: Die Wasserstoff-Brennstoffzelle. Während beim E-Auto der Strom extern zugeführt und dann im Akku gespeichert wird, können Wasserstoff-Autos Strom direkt in der Brennstoffzelle erzeugen. Viele Politiker zeigen sich davon angetan. Wirtschaftsminister Altmaier hat prompt ein nationales Strategiepapier entworfen, um Wasserstoff als Energieträger endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Deutschland soll dabei weltweit die Vorreiterrolle übernehmen.
Erst der Anfang oder kurz vorm Ende?
Noch ist das zwar alles Zukunftsmusik, an der Börse hat sich dennoch längst ein regelrechter Boom bei Wasserstoff-Aktien entwickelt. Die Kurse zahlreicher Titel haben sich in kürzester Zeit vervielfacht. Klingt auf den ersten Blick nach einer typischen Übertreibung, ist nach Ansicht von wikifolio-Trader Stefan Krick aber ganz normal: „Die Zukunftsaussichten spielen bei der Kursstellung der Unternehmen eine viel größere Rolle als noch vor zehn Jahren. Ich bin überzeugt, wir stehen bei Wasserstoff & Brennstoffzellen erst am Anfang.“
Völlig problemlos ist der Einsatz von Wasserstoff allerdings nicht. Kritiker bemängeln vor allem den hohen Energiebedarf und die zum Teil nicht wirklich umweltfreundlichen Verfahren. „Die Produktion von Wasserstoff ist sehr ineffizient und teuer ist sie noch dazu. Mehr als zwei Drittel der Energie gehen verloren, wenn Wasserstoff aus Strom gewonnen und anschließend in einem Brennstoffzellenfahrzeug in Strom zurückverwandelt wird. Diese Rechnung ist noch ausgesprochen positiv. Manche Experten setzen den Wirkungsgrad der Technologie nur bei 15 Prozent an“, bemängelt wikifolio-Trader Christian Thiel. Eine Speicherung von Strom in Akkus ist seiner Ansicht nach vier Mal so effizient. Der Trader sieht den vermeintlichen Megatrend daher sehr skeptisch: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Spekulation auf eine Wende zur Profitabilität der Branche zusammenbricht.“
Warum die Brennstoffzelle doch Zukunft haben könnte und warum ein Vergleich zu Amazon gezogen werden kann, lesen Sie auf Seite 2