Was die KI-Ära für die Finanzabteilung bedeutet

20.09.2023

Philippe Sahli. Foto: Yokoy

Die Finanzwelt verändert sich drastisch: Neue KI-Technologien werden die Arbeitsweise von Unternehmen massiv verändern. Das betrifft auch die Finanzabteilungen.

Im Zeitalter der digitalen Transformation verlieren repetitive Prozesse im Controlling an Bedeutung. Finanzteams können nicht länger nur als Zahlenjongleure auftreten, sie müssen sich vielmehr zu strategischen Partnern entwickeln, die das Unternehmenswachstum vorantreiben. Um die Rentabilität und Abläufe zu optimieren, kommen neue Technologien zum Einsatz: Die Vorreiter verfolgen eine klar definierte KI-Vision und -Strategie, um der zunehmenden Komplexität und stärkeren Wettbewerbssituation entgegenzuwirken. Nur so gelingt es ihnen, auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

Doch bevor Finanzteams entsprechende Lösungen einsetzen, müssen sie ein klares Verständnis für die Geschäftsziele entwickeln, die sie erreichen wollen. Auch die Probleme, die sie mithilfe der Technologie lösen wollen, sollten sie klar vor Augen haben. Denn die Digitalisierung oder Automatisierung eines Finanzprozesses im Rahmen einer digitalen Transformationsinitiative garantiert nicht automatisch Erfolg.

Unsere jüngste Umfrage zum Stand der Transformation im Ausgabenmanagement zeigt, dass die Finanzabteilungen selbst in Unternehmen, in denen die digitale Transformation bereits läuft, weiterhin mit fragmentierten Technologiepaketen, unzusammenhängenden und ineffizienten Prozessen zu kämpfen haben. Das kostet viel Zeit und Geld, zudem leidet die Zufriedenheit der Angestellten darunter.

Während die konkreten Zahlen – je nach Größe und Branche des Unternehmens – variieren können, geben Berichte Aufschluss über das Ausmaß dieser Verluste. Das Bild sieht düster aus: McKinsey berichtet zum Beispiel, dass bis zu 70 Prozent der digitalen Transformationsinitiativen die angestrebten Ziele nicht erreichen. Während ein Großteil des Wertverlusts einer Transformation (55 Prozent) während und nach der Implementierung auftritt, geht auch schon am ersten Tag viel schief.

Eine Analyse von Deloitte zeigt, dass eine gut durchgeführte digitale Transformation das Potenzial hat, bis zu 1,25 Billionen US-Dollar freizusetzen. Die falsche Kombination von digitalen Transformationsmaßnahmen kann jedoch negative Auswirkungen haben und für Fortune-500-Unternehmen ein Risiko von über 1,5 Billionen US-Dollar darstellen. Es stimmt zwar, dass künstliche Intelligenz den Teams helfen kann, ihre Arbeit schneller zu erledigen. Es stimmt allerdings auch, dass die Finanzabteilungen bereits Wege gefunden haben, effektiver zu arbeiten.

Die McKinsey-Analyse für das Jahr 2020 zeigt, dass es den Finanzabteilungen in den letzten zehn Jahren gelang, die Betriebskosten um beeindruckende 29 Prozent zu senken. Außerdem verbringen Finanzleiter heute 19 Prozent mehr Zeit mit wertschöpfenden Tätigkeiten als mit der Abwicklung von Transaktionen. Diese Zahlen belegen die Fortschritte, die die Finanzteams bei der Rationalisierung ihrer Abläufe und der Konzentration auf strategische Aktivitäten gemacht haben.

Weshalb also sollten sich Unternehmen überhaupt verändern?

KI-gesteuerte Finanzen als einziger Weg in die Zukunft

Warum sollten Finanzabteilungen KI-Technologien einsetzen, wenn sie bereits Fortschritte in puncto Effizienz gemacht haben? Vor allem aus zwei Gründen. Erstens wegen der überlegenen Leistung von KI im Vergleich zu herkömmlichen Automatisierungs- oder Digitalisierungsmethoden: Sie kann Abweichungen von Standardabläufen richtig interpretieren und ist somit flexibler und intelligenter als eine rein automatisierte Lösung, die lediglich einem vorprogrammierten Pfad folgt. Zweitens spielen die persönlichen Erfahrungen von Finanzfachleuten mit künstlicher Intelligenz in ihrem Alltag eine wichtige Rolle: Waren diese positiv oder gar die eigenen Vorstellungen übersteigend, führt kein Weg mehr zurück. Die Folge: Eine steigende Nachfrage nach KI-gestützten Lösungen in der Finanzbranche.

Denken Sie bei Punkt eins an Folgendes: Der Einsatz von KI beim Risikomanagement führt laut Deloitte zu einer Verringerung der Fehlalarme um 43 Prozent und einer Erhöhung der Genauigkeit um 37 Prozent. KI automatisiert also nicht nur Prozesse, sondern hilft Firmen auch dabei, Anomalien, Betrug und Vorschriftenverletzungen effektiver zu erkennen. Die finanzielle Integrität und letztlich der Ruf eines Unternehmens sind somit gewährleistet.

Die Fähigkeit von KI, unstrukturierte Datensätze wie Rechnungen, Quittungen oder Verträge zu analysieren, verschafft Finanzspezialisten einen besseren Überblick und mehr Kontrolle über Finanzvorgänge. Finanzfachleute erkennen so die Ausgaben ihres Arbeitgebers leichter, da sie auf Knopfdruck Trends und Muster sehen können.

KI-gestützte Automatisierung kann die Kosten für die Bearbeitung einer Spesenabrechnung von 60 US-Dollar auf einen US-Dollar senken. Firmen gelingt es zudem, ihre Lieferanten doppelt so schnell zu bezahlen, indem sie den gesamten Rechnungsstellungsprozess auf Autopilot stellen.

Darüber hinaus bietet KI einen Paradigmenwechsel, indem sie intelligente Entscheidungsfindungsfunktionen, datengestützte Einblicke und prädiktive Analysen einsetzt. Das übertrifft die Möglichkeiten herkömmlicher Systeme deutlich. KI liefert Finanzteams wertvolle Erkenntnisse bei der Kostenoptimierung und Umsatzgenerierung.

Durch den Einsatz von KI-gestützter Automatisierung kann die Finanzabteilung die Entscheidungsfindung in Prozesse mit klaren und unveränderbaren Spielregeln gießen. Künstliche Intelligenz übernimmt dann vieles – von sich wiederholenden Arbeitsabläufen über Vorabgenehmigungen bis hin zu Zahlungen an Lieferanten. Natürlich werden dabei sämtliche Vorschriften eingehalten.

Bei Punkt zwei (persönliche Erfahrungen mit KI) gilt:

Die Menschen haben sich an KI-gesteuerte Technologien gewöhnt, die nahtlose Benutzererfahrungen bieten (Sprachassistenten, intelligente Chatbots und personalisierte Einkaufsempfehlungen). Diese Erlebnisse wecken die Erwartungen von Finanzfachleuten, die nicht länger mit tradierten Lösungen arbeiten wollen, da diese oft ein unbefriedigendes Benutzererlebnis vermitteln.

Darüber hinaus unterstreicht der anhaltende Kampf um talentierte Nachwuchskräfte in der Finanzbranche die Notwendigkeit des Einsatzes von KI zusätzlich. Finanzfachleute fühlen sich zunehmend von Firmen angezogen, die Spitzentechnologien einsetzen, da sie damit ihr Interesse an Innovationen unter Beweis stellen. Solch ein Umfeld fördert die berufliche Weiterentwicklung. So glauben zum Beispiel 67 Prozent der CFOs, dass es KI in den nächsten sechs Jahren gelingt, ein „autonomes“ Finanzwesen zu erschaffen. Durch den Einsatz von KI können sich Unternehmen also als attraktive Arbeitgeber positionieren und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und technologischen Fortschritts fördern.

Es liegt auf der Hand, dass Digitalisierung und Automatisierung den Firmen zwar helfen können, ihre Arbeitsweise zu verbessern und eine höhere Effizienz zu erreichen. Sie müssen jedoch auch die neue Realität akzeptieren und KI neben und zusammen mit Menschen einsetzen, wobei alle Beteiligten in erster Linie das tun sollten, was sie am besten beherrschen.

Die Zukunft gehört den Early Adopters

Die CFO Signals 1Q 2023 von Deloitte zeigen: Immer mehr CFOs möchten die Entscheidungsfindung ihrer Unternehmen bei der Planung für 2023 und 2024 vor allem durch die Implementierung digitaler Technologien, KI-Automatisierung sowie den Aufbau von Analysefunktionen verbessern. Finanzabteilungen kommen nicht mehr daran vorbei, künstliche Intelligenz in ihre Prozesse zu integrieren.

Unsere Vision zielt darauf ab, Unternehmen in die Lage zu versetzen, mit jedem ausgegebenen Euro Geld zu sparen, indem sie sich die Möglichkeiten von KI und Automatisierung zunutze machen. Wenn sie Maschinen das tun lassen, was sie am besten können, gelingt es Firmen, ein noch nie dagewesenes Maß an Kostenoptimierung und operativer Exzellenz zu erzielen.

Marktkommentar von Philippe Sahli, Mitgründer und CEO von Yokoy.