Vom Traum zum Alptraum

15.06.2015

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Bauherrenhaftpflichtversicherung, Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, Privathaftpflichtversicherung – wer sich eine Immobilie zulegt, kommt an ausreichendem Versicherungsschutz nicht herum.

Verheddern dürfen sich aber auch die Vermittler nicht, und am besten sollten sie auch noch Rechtsexperten sein. Der Traum vom eigenen Heim ist eine feine Sache, und wenn er dann langsam wahr wird oder schon wahr geworden ist, dann beginnt für so manchen Eigentümer ein Alptraum. Die wenigsten Immobilienbesitzer machen sich nämlich Gedanken darüber, dass ihr Haus zur Gefahr für die Allgemeinheit werden kann, ähnlich einem Auto, das der Fahrer nicht ausreichend beherrscht.

Jedes Jahr müssen die Versicherer weit über 50.000 Schäden abwickeln.

Risiken gibt es bereits in der Phase direkt nach dem Grundstückskauf, wenn der erste Ziegel noch nicht mal geliefert ist. Denn auch von einem brachen Stück Land können Gefahren ausgehen, etwa wenn es nicht ordnungsgemäß gegen den Zutritt Unbefugter, beispielsweise von Kindern, abgesichert ist. An diesem Punkt sollte deshalb bereits die Beratung durch den Makler im Hinblick auf den Abschluss starten. Denn schon hier kann es zu Fehlern kommen.

Allgemein bekannt ist die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht, doch vielfach entspricht sie gar nicht dem tatsächlichen Bedarf.

„Für die Bauphase ist der Abschluss einer speziellen Bauherrenhaftpflichtversicherung sehr sinnvoll. Sie erlischt aber bedingungsgemäß mit der Beendigung der Baumaßnahme, spätestens jedoch nach zwei Jahren", erklärt Zeliha Hanning, Leiterin Privatkunden Produktmanagement der Württembergischen Versicherung. Dies ist ein sinnvoller Hinweis, da mitunter die Auffassung besteht, man benötige gleich von Anfang an eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Die aber kostet deutlich mehr Geld – und vor allem: Viele Bauherren werden einen solchen Vertrag niemals in ihrem Leben als stolze Immobilienbesitzer abschließen müssen. Wenn sie es dennoch tun, wurden sie schlichtweg falsch beraten. Denn Hanning macht darauf aufmerksam: „Eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht ist nur dann erforderlich, wenn die selbstgenutzte Immobilie ein Mehrfamilienhaus ist, das teilweise vermietet wird." Mitunter greifen sogar völlig andere Policen. Um dies zu wissen, benötigen Makler jedoch tiefere Kenntnisse ganz anderer Art. So erklärt Patrick Prüss, Leiter des Gothaer Haftpflicht-Produktmanagements: „Grundsätzlich verfolgen wir mit unserem selbstständigen Außendienst das Ziel, eine bestmögliche Beratung anzubieten. Das bedeutet für uns, den Kunden auch darauf hinzuweisen, dass in unserer Privathaftpflichtversicherung Baumaßnahmen Neubauten, Umbauten, Reparaturen, Abbruch- und Grabearbeiten bis zu 150.000 Euro bereits enthalten sind." Die genauen Details erfahre man aus dem Bedingungswerk. Und was der AO recht ist, sollte dem Makler billig sein. Zumal Prüss weiter ausführt: „Zur optimalen Absicherung empfehlen wir zusätzlich das persönliche Gespräch mit dem Betreuer, zumal jedes Risiko individuelle Fragen aufwirft."

Zur vernünftigen Beratung gehört auch die Festlegung einer ausreichenden Versicherungssumme.

3 Mio. Euro pauschal für Sach- und Personenschäden sollten es nach Ansicht von Haftpflichtexperten schon sein – sowohl in der Bauherrenhaftpflicht als auch in der Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Lars Schliewe etwa, Leiter Produktmarketing Komposit bei SIGNAL IDUNA, lässt an dem Erfordernis einer ausreichenden Deckung keinen Zweifel: „Eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung dient vorrangig der Absicherung von Risiken, die sich in Verbindung mit Verkehrssicherungspflichten ergeben. Die vertragliche Deckungssumme sollte mit Bedacht gewählt und insbesondere im Hinblick auf Personenschäden ausreichend bemessen werden." Am Markt abschließbar sind jedoch auch noch ganz andere Summen: 5, 10 oder sogar 50 Mio. Euro.

Nicht zu unterschätzen ist die Gewässerschaden- haftpflichtversicherung

Eine ganz andere Police fällt über derlei Diskussionen jedoch häufig unter den Tisch, obwohl sie in vielen Fällen mindestens so wichtig ist. Ulrich Rieger, Vorstand der AachenMünchener, macht auf die Gewässerschadenhaftpflichtversicherung aufmerksam: „Heizöl birgt große Risiken für die Umwelt." Nur ein Liter Heizöl könne eine Million Liter Wasser unbrauchbar machen. Durch ein Leck im Heizölbehälter können immense Kosten entstehen, wenn das Heizöl in Gewässer gerät. Deshalb gehören Gewässerschäden zu den teuersten Schäden überhaupt. Heizöl gilt als gewässerschädlicher Stoff nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Das WHG sieht für den Austritt von gewässerschädlichen Stoffen eine Gefährdungshaftung vor, nach der der Inhaber eines Heizölbehälters auch ohne eigenes Verschulden haftet, wenn durch das ausgetretene Heizöl die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit eines Gewässers, beispielsweise in der Natur fließendes oder stehendes Wasser, Brunnen oder Grundwasser, verändert wird. Rieger: „Der Inhaber eines Heizölbehälters benötigt deshalb unbedingt eine Gewässerschadenhaftpflicht." Immerhin haftet der Grundstücksbesitzer nicht uneingeschränkt für alle Gefahren, das hat am 04. März dieses Jahres der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH, Az.: C-534/13). Danach muss ein Grundstückseigentümer, der für eine Verschmutzung auf seinem Grundstück nicht verantwortlich ist, höchstens mit dem Grundstückswert finanziell einstehen. Zu Notsicherungs- und Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten kann er nicht verpflichtet werden. Eigentlich würde ihn die entsprechende Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) dazu zwingen, wenn auf seinem Grundstück ein Umweltschaden etwa durch eine Kontaminierung des Bodens aufgetreten ist. Allerdings gilt dies nicht, wenn er nachweisen kann, dass der Schaden eine andere Person verursacht hat. Doch – und das ist der Haken am Richterspruch – können die einzelnen EU-Mitgliedstaaten eigene Regelungen erlassen. Ein Hinweis, der vor allem im Hinblick auf eigene Ferienimmobilien aufhorchen lässt. Und förmlich den Rechtsexperten im Makler fordert. (hwt)

Printausgabe 03/2015