Vom Gaming-Enthusiast zum Fintech-Pionier: Die unkonventionelle Erfolgsgeschichte von Yasin Sebastian Qureshi

19.11.2024

Yasin Sebastian Qureshi. Foto:@ Naga Group

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In der konservativ geprägten Finanzwelt sticht Yasin Sebastian Qureshi als außergewöhnliche Persönlichkeit hervor. Als Gründer und ehemaliger CEO der von ihm an die Börse gebrachten Varengold Bank und The Naga Group AG hat er sich einen Namen gemacht. Im Alter von nur 29 Jahren erhielt er als jüngster in Deutschland eine Lizenz zum Führen einer Investmentbank. Dieser beeindruckende Erfolg hat seine Wurzeln in einem unerwarteten Ursprung: dem deutschen Computerspiel „Kaiser“ aus dem Jahr 1984.

Als elfjähriger Junge mit Migrationshintergrund fand Qureshi in der virtuellen Welt Zuflucht vor den alltäglichen Herausforderungen des Alltagsrassismus, der Diskriminierung und Ausgrenzung im Deutschland der 80er Jahre. In „Kaiser“, einem Spiel, das den Aufbau eines Reiches simuliert, machte er seine ersten Erfahrungen in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Schon früh erkannte er die Ungleichgewichte im System – eine Erkenntnis, die später sein Leben prägen sollte. Zwei Jahre später folgte „Ports of Call“, in dem er ein virtuelles Schifffahrtsunternehmen leitete. Parallel dazu brachte er sich das Programmieren bei und entwickelte sich zu einem regelrechten „Tech-Nerd“. Diese frühen Erfahrungen legten den Grundstein für seine späteren Innovationen im Finanzsektor.

Von der Waldorfschule zur Wall Street

Qureshis Weg zum Erfolg verlief alles andere als geradlinig. Zunächst studierte er Kunst und Grafikdesign, geprägt von seiner Waldorf-Ausbildung in Hamburg und den humanistischen Idealen Albert Schweitzers. Spuren dieser Zeit sind noch heute in seinen zahlreichen Engagements als Filmproduzent sichtbar. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er seit seinem zwölften Lebensjahr in verschiedenen Jobs – vom Zeitungsausträger über Lagerarbeiter bis hin zur Großküche und später in Finanzdienstleistungsunternehmen. Dort erkannte er früh, dass manuelle Analysemethoden ineffizient waren, und entwickelte automatisierte Lösungen, die jedoch auf taube Ohren stießen. Als seine Verbesserungsvorschläge bei den Vorgesetzten auf Widerstand stießen, führte dies zu seiner Kündigung. Aus dieser Notwendigkeit heraus gründete Qureshi sein eigenes Unternehmen – es gab schlichtweg keine andere Möglichkeit, die Miete zu bezahlen.

Mit seinen Programmierkenntnissen schrieb Qureshi Software, die Muster in den Kapitalmärkten erkannte und entsprechende Handlungen vorschlug. Diese Phase beschreibt er als „Angst, Gier und Hoffnung in Zahlen gefasst“, basierend auf der Analyse wiederkehrender Muster. In enger Zusammenarbeit mit der Bankenaufsicht entwickelte er schließlich das Fundament für seine eigene Bank und wurde mit 29 Jahren CEO.

Innovation durch Anderssein

Eine besondere Facette seiner Geschichte ist der offene Umgang mit seiner ADHS-Diagnose. Diese erklärt sowohl seine beruflichen Herausforderungen als auch seinen späteren Erfolg. Qureshi verlor in seiner frühen Karriere jeden Job – teils aufgrund der Radikalität seiner Ideen, teils aufgrund seines ADHS. Sein Fokus schwankt bis heute zwischen intensiver Konzentration und übermäßiger Aktivität. Diese Dualität, oft begleitet von autistischen Zügen, machte es ihm schwer, sich in der traditionellen Arbeitswelt einzufügen. Als Studienabbrecher und „Drop-out“ schuf er sich mit seinen Unternehmen ein eigenes Universum, geprägt von mehr Freiheit, Kreativität und flachen Hierarchien. Hier können Praktikanten zu Vorstandsmitgliedern aufsteigen. Sein Verhalten als junger CEO beschreibt er als etwas, das man nur in dieser Position tolerierte – ein Hinweis auf die Probleme des Systems, die seiner Meinung nach dringend überdacht werden müssen.

Eine seltene Mischung aus Humanismus und Kapitalismus prägt Qureshis Ansatz: der Mensch und sein Wert stehen im Mittelpunkt. Schon mit Anfang 30 gründete er eine Stiftung für das bedingungslose Grundeinkommen.

Vom Bankgründer zum Investor

Nach dem erfolgreichen Aufbau seiner Bank weitete Qureshi sein unternehmerisches Spektrum aus. Mit seinem eigenen Hedgefonds übertraf er 2008 die größten Akteure der Branche. Heute ist er als aktiver Investor in der Biotech-Industrie tätig, insbesondere in Unternehmen, die an bahnbrechenden Immuntherapien arbeiten. Zudem ist er (Mit-) Gründer zahlreicher FinTech-Unternehmen und ein erfolgreicher Unternehmer, Investor, Autor und Filmproduzent mit Sitz in London und Berlin. Trotz der Höhen und Tiefen seiner Karriere blieb ihm seine Familie stets eine wichtige Stütze, zusammen mit einer starken spirituellen Verankerung, die ihm hilft, mit dem hohen Tempo und der Unbeständigkeit seines Lebens umzugehen.

Visionär mit gesellschaftlicher Verantwortung

Mit zunehmendem Erfolg intensivierte Qureshi auch sein gesellschaftliches Engagement. Bereits mit Anfang 30 gründete er eine Stiftung für bedingungsloses Grundeinkommen als Reaktion auf die zunehmende Automatisierung und den Einfluss von KI. Qureshi zeigt sich enttäuscht von den aktuellen Entwicklungen in der Welt. Seine Kriegsdienstverweigerung begründet er mit dem Salzmarsch von Gandhi – einem Moment, in dem das größte Imperium der Welt durch ethischen Bankrott vor der Öffentlichkeit bloßgestellt wurde. Gemeinsam mit Vordenkern aus dem Silicon Valley warnt er vor der wachsenden Kluft zwischen den immer weniger werdenden Profiteuren und denjenigen, die abgehängt werden. Ohne ein Grundeinkommen sieht Qureshi eine unvermeidbare Abwärtsspirale. Er hofft, dass die Welt dies rechtzeitig erkennt – vielleicht braucht es einen „Social Media Salzmarsch“, um die aktuellen Machtstrukturen zu hinterfragen. Für Qureshi scheint das System lieber seinen eigenen Untergang zu riskieren, als seine Ineffizienz einzugestehen.

Obwohl sich die Welt seit den Tagen des Computerspiels „Kaiser“ oberflächlich verändert hat, bleiben für Qureshi die grundlegenden Machtstrukturen und der Nepotismus unverändert. Heute wird das „Spiel“ auf einer globalen Bühne gespielt und durch KI beschleunigt. Diese Probleme zu lösen, sieht der Kosmopolit als die größte Herausforderung unserer Zeit – sowohl individuell als auch global.