Verstärkt Corona den Trend zur Suburbanisierung?

14.12.2020

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Diesen Schluss lässt eine Studie von Engel & Völkers zu. Zwischen den einzelnen Regionen verläuft die Entwicklung sehr unterschiedlich.  

Für die achte Auflage des „Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland“ hat Engel & Völkers ca. 700 Gemeinden in allen deutschen Landkreisen untersucht, die an die sieben A-Städte grenzen. Dabei wurden die Angebotspreise für Ein- und Zweifamilienhäuser in den Umlandregionen der Städte im ersten und dem dritten Quartal 2020 mit den Werten von 2015 verglichen. Aus der Untersuchung geht hervor, dass der Run auf die Vororte überall zu steigenden Preisen führt. „In den letzten fünf Jahren sind die Immobilienpreise in den Umlandgemeinden zum Teil sogar stärker angestiegen als in den Großstädten”, erläutert Kai Enders, Vorstandsmitglied bei Engel & Völkers. „Von 2015 bis 2020 sind die Angebotspreise der Umlandgemeinden im Durchschnitt um 57,8 % angezogen. Die Angebotspreise der Top-7-Städte sind hingegen um 43,9 % gewachsen.”

Berlin ist Spitzenreiter

Von allen sieben A-Städten ist das Gefälle zwischen dem Umland und der Metropole selbst nirgendwo so groß wie in Berlin: Auf der einen Seite die Spreemetropole mit ihren inzwischen fast vier Mio. Einwohnern, auf der anderen Seite das sehr dünn besiedelte Umland. Wer im Berliner Speckgürtel eine Immobilie kaufen möchte, sollte nicht allzu lange warten: In keiner untersuchten Region steigen die Preise so stark wie dort. So geht aus der Untersuchung hervor, dass die Preise rund um Berlin zwischen 2015 und 2020 um 78,2 % zugelegt haben, deutlich stärker als in Berlin selbst, wo mit 59,8 % ebenfalls ein deutlicher Preisanstieg zu verzeichnen war. Besonders im nordöstlich der Bundeshauptstadt gelegenen Landkreis Märkisch-Oderland war die Preisdynamik sehr stark: So haben sich in allen acht Gemeinden dort die Preise im Untersuchungszeitraum mehr als verdoppelt.

Den nach Berlin zweitgrößten Preisanstieg gab es im Süden der Republik zu verzeichnen: So stiegen die Preise im Umland von Stuttgart im Schnitt um 62,6 %. Der Trend zur Suburbanisierung in der Neckarmetropole wird besonders durch das hohe Preisniveau und die geringe Neubautätigkeit in der Stadt gefördert. Am stärksten legte hier der Landkreis Ludwigsburg zu. Eine ähnliche Preisentwicklung gibt es im Hamburger Umland, wo besonders in den Gemeinden der niedersächsischen Landkreise Stade und Harburg die Preise deutlich zugelegt haben. Im Umland von Frankfurt sind es vor allem die Gemeinden im östlich der Mainmetropole gelegenen Main-Kinzig-Kreis, die den Preisanstieg ausmachen. Auch im an den Flughafen angrenzenden Kreis Groß-Gerau sind deutliche Preisanstiege zu verzeichnen.

Kaum Unterschiede zwischen den Preisanstiegen zwischen Stadt und Umland gibt es in Köln und Düsseldorf. Das Münchner Umland ist schon seit vielen Jahren von einem sehr hohen Preisniveau geprägt, weshalb die relativen Preissteigerungen hier recht moderat ausfallen. Die einzige Ausnahme bildet hier der Landkreis Dachau, wo ein Anstieg um 64 % zu verzeichnen war.

Umland könnte von Corona profitieren

Durch die Reise- und Kontaktbeschränkungen sowie die vermehrte Nutzung von Homeoffice verbringen die Menschen immer mehr Zeit zuhause, womit auch die Anforderungen an die eigenen vier Wände wachsen, vor allem was das Thema Platz angeht. Engel & Völkers geht deshalb davon aus, dass der Trend zur Suburbanisierung weiter anhalten wird. „Wir werden langfristig eine Revitalisierung ländlicher Regionen erleben, die sich im Einzugsgebiet der Großstädte befinden. Diese Standorte bieten vor allem Familien und Berufstätigen mit flexiblen Arbeitsmodellen eine interessante Alternative. Das Preisniveau für Häuser und Villen in den Umlandregionen ist im Vergleich zu dem der Top-7-Standorte noch moderat und bietet viel Entwicklungspotenzial,” prognostiziert Kai Enders. Aufgrund der hohen Lebensqualität und der hervorragenden Infrastruktur werden jedoch auch Wohnungen und Häuser in den Städten trotz Corona und Social Distancing nach wie vor attraktiv bleiben. „In Zeiten von Corona möchten die Menschen vermehrt ins Grüne ziehen, aber gleichzeitig nicht die Vorzüge des urbanen Lebens und die Sicherheit einer erstklassigen medizinischen Versorgung missen. Kleinstädte im Umkreis der Ballungszentren erweisen sich als aufstrebende Wohn- und Investmentstandorte“, so das Fazit von Kai Enders. (ahu)