Value-Aktien: fundiertes Investieren oder doch nur Ideologie?
23.06.2023
Jürgen Brückner ist Portfoliomanager der FV Frankfurter Vermögen AG in Bad Homburg/ Königstein - Foto: © FV Frankfurter Vermögen AG
Ähnlich wie in der Politik gibt es auch bei der Geldanlage manchmal Tendenzen, die ideologischen Charakter haben. Die Rede ist vom „value“-Investing. Kaum ein Vermögensverwalter, Fondsmanager oder eine Investorenkonferenz, wo das „value“ Investing nicht in den Vordergrund gestellt wird. Der Erfolg des legendären Investors Warren Buffet, der diesen Investmentstil propagiert hat, eignet sich hervorragend als Begründung für diesen Investmentstil.
Warren Buffet hat jedoch seinen größten Erfolg zu
einer Zeit erreicht, in der die Kommunikationsmedien noch weit weniger als
heute unmittelbar jedwede Information den Marktteilnehmern zur Verfügung
stellten. Die Annahme, dass es in diesem Umfeld noch wirklich „unterbewertete“
Unternehmen, die in einer globalen Welt nicht schon von anderen Marktteilnehmern entdeckt wurden, ist nur schwer vermittelbar. Noch schwerer
vermittelbar ist den Investoren, warum die professionellen Vermögensverwalter
gerade auf diesen Stil setzen, denn seit dem Ende der Finanzkrise 2009 haben
value Aktien nachweislich deutlich schlechter abgeschnitten als
Wachstumsaktien. Konkret: In den letzten zehn Jahren hat der S&P Value eine
annualisierte Performance von 7,24 Prozent erzielt während der S&P Growth eine
annualisierte Performance von 12,19 Prozent erzielt hat.
Es ist auch wenig tröstlich zu wissen, dass
Value-Aktien im letzten Jahr im steigenden Zinstrend besser abgeschnitten
haben, denn dieses Jahr haben die Value-Aktien verglichen mit Growth-Aktien,
mit einer Performance von 7,47 beziehungsweise 16,10 Prozent im Jahresverlauf, bereits
ihren Vorsprung aus dem letzten Jahr wieder abgebaut. Die Anhänger des
„value“-Investing verkennen, dass sich die Welt durch die stärkere
Durchdringung der Technologie verändert hat. Value-Unternehmen sind eher in
„langweiligen“ Sektoren mit geringen Margen positioniert und profitieren selten
von der Dynamik neuer Technologien. Zu beachten ist außerdem, dass hohe Margen
nur dort erzielt werden, wo die Unternehmen eine hohe Markteintrittsbarriere
haben.
Für den Fondsvertrieb ist es einfacher ein Produkt
mit einem bekannten Namen zu verkaufen als die Komplexität vieler Technologieunternehmen
zu erklären. Es ist viel leichter mit einfach verständlichen Kennzahlen zu
argumentieren, als dem Anleger den Unterschied von Ionenfallen, Supraleitung
und quantum annealing beim Quantencomputer zu erklären. Auch die Erklärung des
Unterschieds zwischen Heterogeneous Integration (HI) bei einem Chip im
Gegensatz zu System on a Chip (SoC) fällt nicht jedem Fondsvertriebler leicht.
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