Unternehmertestament: sinnvolles Instrument für jeden Firmeninhaber
18.06.2024
Dr. Christopher Riedel LL.M. ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Düsseldorf - Foto; © www.christopherriedel.de
Das Unternehmertestament ist ein speziell gestaltetes Testament, das auf die Bedürfnisse und Anforderungen von Unternehmern zugeschnitten ist. Es ist darauf ausgerichtet, eine nahtlose und effiziente Übertragung von Unternehmensanteilen und Führungsverantwortung im Todesfall zu gewährleisten.
Die Regelung der Unternehmensnachfolge gehört zu einer der schwierigsten Aufgaben, mit denen sich ein erfolgreicher Unternehmer im Laufe seines Lebens konfrontiert sieht. Und so erstrebenswert eine lebzeitige Unternehmensnachfolge auch ist, sie lässt sich nicht von heute auf morgen erledigen. Sie bildet vielmehr einen längeren Prozess, in dessen Verlauf die Unwägbarkeiten des Lebens auch noch kurz vor dem Ziel den Weg verstellen können. Gegen einen unerwarteten Tod, etwa durch Unfall, sind auch Unternehmer nicht gefeit. Eine angemessene Vorsorge ist daher unabdingbar. Sie schließt selbstverständlich auch ein sinnvolles Unternehmertestament mit ein.
Das Unternehmertestament ist als speziell gestaltetes Testament darauf ausgerichtet, eine nahtlose und effiziente Übertragung von Unternehmensanteilen und Führungsverantwortung im Todesfall zu gewährleisten und damit auf die Bedürfnisse und Anforderungen von Unternehmern zugeschnitten. Für Unternehmer spielt das Unternehmertestament eine zentrale Rolle in der strategischen Planung. Ohne eine klare Regelung im Falle ihres Todes kann es zu erheblichen Verwerfungen kommen. Konflikte zwischen Erben, unklare Führungsverhältnisse oder sogar die Gefährdung laufender Geschäfte sind mögliche Folgen, die das Lebenswerk des Unternehmers bedrohen können. Hier greift das Unternehmertestament, indem es klare Anweisungen zur Nachfolge und Vermögensverteilung enthält.
Sicherung der Unternehmensfortführung und wirtschaftliche Absicherung der Familie
Das bedeutet: Die klassischen Ziele des Unternehmertestaments bestehen sowohl in der Sicherung der Unternehmensfortführung als auch in der wirtschaftlichen Absicherung der Familie. Gleichzeitig gilt es, etwaige Ausgleichs-, Abfindungs- und Pflichtteilsansprüche zu begrenzen und auch die steuerlichen Belastungen möglichst gering zu halten. Hier besteht das Risiko, dass (fiktive) steuerliche Zwangsentnahmen ausgelöst und hierdurch ungewollt stille Reserven aufgedeckt werden, die dann versteuert werden müssen. Gleichzeitig ist zu prüfen, ob für das Unternehmensvermögen auch die erbschaftsteuerrechtlichen Privilegien für Produktivvermögen (§ 13a, b und 19a ErbStG) in Anspruch genommen werden können.
Um sicherzugehen, dass die gewünschten testamentarischen Regelungen vollständig sind und im konkreten Fall auch tatsächlich die beabsichtigte rechtliche und steuerliche Wirkung entfalten können, ist es unerlässlich, vor dem Entwurf des Testaments die Ausgangslage genau zu analysieren. Hierbei spielt nicht nur die persönliche Situation des Erblassers sowie sein Familien- und Güterstand eine Rolle, sondern auch der Bestand und die Struktur seines Vermögens. Gerade Vermögenswerte im Ausland können zusätzlichen Gestaltungsaufwand erforderlich machen. Außerdem ist im Unternehmensbereich eine genaue Überprüfung der gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten angezeigt, da diese den erbrechtlichen Handlungsspielraum mitunter immens einschränken.
Unternehmensnachfolger als Alleinerbe und Vermächtnissen für andere Familienangehörige
Die Strategie hinter einem gut ausgearbeiteten Unternehmertestament umfasst mehrere Aspekte. Zunächst sollte es eine klare Nachfolgeregelung enthalten, die nicht nur die Frage klärt, wer das Unternehmen weiterführen darf oder soll, sondern auch, wie die Übergabe der Führungsverantwortung strukturiert sein wird. Dies beinhaltet oft die Einrichtung von Übergangsperioden, in denen der designierte Nachfolger zusammen mit der aktuellen Unternehmensleitung Erfahrungen sammeln kann.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist die Sicherstellung, dass die finanziellen Interessen der Familie des Unternehmers gewahrt bleiben. Dies kann durch die Schaffung von Stiftungen, die Aufteilung von Unternehmensanteilen oder andere finanzielle Vorkehrungen erfolgen, die darauf abzielen, die Familie zu versorgen, ohne die Liquidität oder das operative Geschäft des Unternehmens zu gefährden. Insoweit ist es oft günstig, den Unternehmensnachfolger zum Alleinerben zu bestimmen und andere Familienangehörige oder Dritte mit Vermächtnissen zu bedenken. Insoweit kommt sowohl die Zuwendung bestimmter Gegenstände, beispielsweise Immobilien, in Betracht, als auch die Anordnung sogenannter Rentenvermächtnisse, aufgrund derer dem Vermächtnisnehmer ein Anspruch auf regelmäßige Zahlungen zusteht. Auch der Nießbrauch (an Immobilien oder Unternehmen) kann Gegenstand einer Vermächtnisanordnung sein. Soll der Vermächtnisnehmer zusätzlich abgesichert werden, kann dies durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung geschehen.
Gefahr der Zersplitterung des Unternehmens
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn der Unternehmensnachfolger noch gar nicht feststeht, beispielsweise weil die Kinder noch zu jung sind, um ihre Eignung als Nachfolger zu beurteilen. In solchen Fällen darf auf keinen Fall die Auswahl des Erben einem Dritten überlassen werden. Denn gem. § 2065 Abs. 2 BGB sind Erbeinsetzungen, bei denen die Person des Erben durch eine (wenigstens teilweise) willkürliche Entscheidung eines Dritten bestimmt wird, unwirksam. Folge ist dann der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge und somit in vielen Fällen eine Zersplitterung des Unternehmens. Das muss unbedingt vermieden werden. In solchen Konstellationen ist es daher sinnvoller, einen Erben sozusagen als Interim-Unternehmer vorzusehen und ein erst später anfallendes Vermächtnis zu Gunsten des ultimativen Unternehmensnachfolgers vorzusehen. Dessen Person kann dann ohne Weiteres durch einen Dritten, zum Beispiel einen Testamentsvollstrecker, anhand vom Erblasser vorgegebener Kriterien bestimmt werden. In Betracht kommt gegebenenfalls auch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft. Diese bewirkt, dass der als Vorerbe Eingesetzte nur „Erbe auf Zeit“ ist und der Vor- und Nacherbschaft unterliegendes Vermögen (also auch das Unternehmen) bei Eintritt des Nacherbfalls an den Nacherben herausgeben muss.
Die Dringlichkeit, sich mit einem Unternehmertestament zu beschäftigen, ergibt sich nicht nur aus den potenziellen Risiken bei Fehlen einer solchen Regelung, sondern auch aus der Tatsache, dass das geschäftliche Umfeld sich ständig ändert und Unternehmenswerte schnell fluktuieren können. Ein aktuelles und wohlüberlegtes Unternehmertestament sichert nicht nur das Vermögen und die Unternehmensführung, sondern auch das Erbe des Unternehmers. Es bietet die notwendige rechtliche und emotionale Sicherheit für alle
Beteiligten und sollte daher ein integraler Bestandteil der unternehmerischen Langzeitstrategie sein. Daher sind Finanz- und Vermögensberater als typische Vertraute eines Unternehmers aufgerufen, die Bedeutung des Unternehmertestaments deutlich herauszustellen und die Gestaltung als Notwendigkeit bei Unternehmern zu positionieren. Ihre Aufgabe ist es schließlich, eine maßgeschneiderte Lösung zu entwickeln, die sowohl den persönlichen als auch den unternehmerischen Nachlass regelt.
Gastbeitrag von Dr. Christopher Riedel LL.M. ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Düsseldorf.