Symbiose von Ökologie und Ökonomie

20.06.2024

Christopher Gebhardt, CEO der Silva Viridis GmbH, im finanzwelt-Interview - Foto: © Silva Viridis GmbH

CO2-Zertifikate sind ein Investment in eine nachhaltige Zukunft. Da die Preise dafür langsam ansteigen sollen, ist eine positive Wertentwicklung vorprogrammiert. Wer in den deutschen Wald investiert, kann sich hier auch überzeugen, das kein Greenwashing stattfindet. Im  finanzwelt-Interview antwortet Christopher Gebhardt, CEO der Silva Viridis GmbH.

finanzwelt: Herr Gebhardt, wenn mich meine Latein-Kenntnisse nicht täuschen, heißt Silva Wald und viridis bedeutet grün. Wer sind Sie und was machen Sie bei Silva Viridis?

Christopher Gebhardt: Gerne, ich bin geschäftsführender Gesellschafter der Silva Viridis GmbH, ein innovatives Unternehmen mit Sitz in Grünwald bei München und aktiv im Bereich des Klimaschutzes und der ökologischen Nachhaltigkeit.

finanzwelt: Da passt der Name ja doppelt: Silva Viridis, also Wald grün mit Sitz in Grünwald. Bei so viel Grün kann es doch nur um Nachhaltigkeit gehen, oder?


Gebhardt: Genau. Wir sind ein Unternehmen, welches den Fokus auf die Entwicklung und Vermarktung ESG-konformer CO2-Produkte in Form von CO2-Zertifkaten hat. Die Kernkompetenz liegt in der Erzeugung sowie dem Handel von CO2-Zertifkaten. Dazu identifizieren und quantifizieren wir nationale sowie internationale CO2-Minderungsleistungen, verbriefen diese entstandenen CO2-Rechte und übertragen sie über unser Zuteilungssystem an Unternehmen aus der Industrie zum Ausgleich von unvermeidbaren Emissionen oder auch Privatpersonen. Dieser Markt gewinnt seit Jahren immens an Bedeutung, da er im direkten Zusammenhang mit den globalen Klimastrategien und Anstrengung zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen steht. Um die Ziele umzusetzen und die Herausforderungen zu bewältigen, haben wir hier die Notwendigkeit gesehen innovative, ganzheitlich und nachhaltig umsetzbare Produkte zu schaffen, die für alle Beteiligten einen soliden Mehrwert bieten – damit qualitativer Klimaschutz und die Transformation zu einem rentablen Geschäftsmodell und zu einer Erfolgsstory werden.

finanzwelt: Also CO2-Zertifikate. Das Thema kenne ich. Aber vielleicht können Sie unseren Lesern, die damit nicht vertraut sind, erläutern, was genau dahintersteckt?

Gebhardt: Das ist eine spannende Frage, gerade weil dieser Begriff bzw. dieses Thema aktuell intensiv von den Medien behandelt wird, und dabei stellt man leider oft fest, dass der Begriff nicht immer verständlich korrekt erklärt wird. Es gibt im Grunde zwei relevante Arten von CO2-Zertifikaten. Das erste sind sogenannte Emissionsrechte, die dem Inhaber erlauben, eine Tonne CO2 auszustoßen. Das zweite sind Emissionsminderungsgutschriften, was im Grunde genommen bedeutet, dass man das Eigentumsrecht an einer „geminderten“ Tonne CO2 aus einer Aktivität besitzt. Besonders aussagekräftig in der Qualität und wertvoll sind solche Zertifikate, wenn sie eine bereits tatsächlich erfolgte Minderung repräsentieren.

finanzwelt: Wie werden solche CO2-Minderungen überhaupt erzielt, und was heißt Wert und Qualität bzw. welche Art wird speziell von Silva Viridis generiert und gehandelt?

Gebhardt: Minderungen von CO2-Emissionen erfolgen in der Regel durch Aktivitäten, die entweder eine Tonne CO2 effektiv aus der Atmosphäre entfernen oder durch Technologien, beispielsweise die Produktion Erneuerbarer Energien oder die Umstellung von Prozessen, die effizienter sind, die dann aktiv den CO2-Ausstoß vermeiden. Silva Viridis beschäftigt sich vorrangig mit CO2-Minderungsgutschriften, die auf real erzielten Minderungen basieren – wie z. B. die, durch den existierenden Wald, also der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch die Photosynthese oder durch die Vermeidung von CO2, die durch Erneuerbare Energien aus Solar- und Windkraft-Anlagen entsteht und dabei die genutzte Energie aus fossilen Brennstoffen am Primärenergiemarkt verdrängt. Diese tatsächlich erfolgten und wiederkehrenden CO2-Minderungsrechte werden von Silva Viridis verbrieft und dem Käufer zugeteilt bzw. übertragen. Dabei setzen wir auf Transparenz und Qualität. Wir legen großen Wert auf umfassende Prozesse, die zu einer immer gleichbleibend hohen Qualität und letztlich Wert unserer Zertifikate führen.

finanzwelt: Aber der existierende Wald sorgt ohnehin schon für die CO2-Minderung und wird ja von der Bundesregierung für die Erreichung der nationalen Klimaziele genutzt. Wäre das nicht eine doppelte Verwendung?

Gebhardt: Das ist eine sehr gute Frage und es ist auch richtig, dass die Bundesregierung in der nationalen Gesamtbilanz die CO2-Minderung des Waldes anzeigt und damit auch den Vorgaben der UN sowie des Pariser Klimaabkommen nachkommt. Was allerdings nicht passiert und das wird oft falsch verstanden, ist, dass dadurch die CO2-Minderung faktisch und tatsächlich von der Bundesregierung verbraucht wird. Der Wald wird als CO2-Minderung genauso wie die CO2-Emissionen der Wirtschafts- und Industriesektoren sowie der Privatpersonen in der Bilanz angezeigt. Eine effektive und entsprechende Zuteilung einer CO2-Minderung an eine CO2-Emission innerhalb der Bilanz, die das Gesamtergebnis eben nicht verfälscht, findet nicht statt. Mit unserem System haben wir eben genau diese notwendige Zuteilung der CO2-Minderungen innerhalb der CO2-Bilanz geschaffen und sorgen damit für die Honorierung derer, die im Besitzt solcher CO2-Minderungsrechten sind, also beispielsweise die Waldbesitzer sowie die Nutzung dieser wertvollen Minderungspotenziale für diejenigen, die sie benötigen – also die Unternehmen. Das ist keine Doppelbuchung, und auch wenn der Wald ohnehin schon existiert, sorgt er Minute für Minute dafür, dass aktiv CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird. Um diesen klimarelevanten Minderungsprozess zu erhalten, benötigt es Kapital, welches der Waldbesitzer durch die Veräußerung der Minderungsrechte daran zum Erhalt dieser wichtigen CO2-Waldsenke erst mit Silva Viridis gewährleisten kann.

finanzwelt: Ihr Ansatz unterscheidet sich demnach von anderen Marktteilnehmern, die vornehmlich Neupflanzungen zertifizieren. Können Sie darauf etwas näher eingehen und dabei die Abläufe und Prozesse etwas genauer beschreiben?

Gebhardt: Normalerweise werden sogenannte Klimaschutzprojekte initiiert, die zu einer CO2-Minderung führen sollen. Um diese Projekte zu finanzieren, werden CO2-Zertifikate anhand der durch das Projekt zukünftig entstandenen CO2-Minderung ausgegeben und verkauft. Das ist im Kerngedanken eine gute Sache, doch oftmals stimmen die kalkulierten CO2-Minderungswerte nicht mit der tatsächlich realen CO2-Minderung überein. So ein Ansatz ist nicht mehr zeitgemäß. Denn ein Ausfallrisiko des zugrundeliegenden Minderungswertes ist dadurch immer gegeben. Bei Silva Viridis konzentrieren wir uns daher ausschließlich auf existierende Minderungsprozesse – beispielsweise den existierenden Wald, der aktiv von Minute zu Minute CO2 aus der Atmosphäre entnimmt. Dieser Ansatz erlaubt es uns, das Potenzial an CO2-Minderungsrechten, die tatsächlich schon stattgefunden haben und existieren, zu nutzen und diese ohne Ausfallrisiken in Form von CO2-Zertifkaten zu handeln. Dazu haben wir ein vollzertifiziertes, ganzheitliches und umfassendes System entwickelt, welches mit den implementierten Prozessen und Abläufen dafür sorgt, dass deutsche Waldflächen oder auch Erneuerbare Energieanlagen registriert, die daraus tatsächlich stattgefundene CO2-Minderung in Form von CO2-Minderungsrechten als CO2-Minderungsgutschriften generiert und an registrierte Käufer transferiert werden können, bei gleichbleibend hoher Qualität, Aussagekraft und Effizienz.

finanzwelt: Was heißt vollzertifiziert und wie garantieren Sie Ihren Kunden die Qualität und den nachhaltigen Impact der Zertifikate?

Gebhardt: Vollzertifiziert heißt dabei, dass die Unternehmung Silva Viridis mit ihrem System, Prozessen und erzeugten Produkten nach den relevanten ISO-Standards wie ISO 9001 und dem Klimastandard ISO 14064 agiert, zertifiziert ist und regelmäßig dazu von einer akkreditieren Drittprüfstelle auditiert wird. Somit können wir für unsere Kunden und Partner Sicherheit, hohe Qualität sowie die Funktionalität unserer CO2-Zertifikate gewährleisten. Probleme wie z. B. „Greenwashing“ oder auch Ausfallrisiken in der Leistung der CO2-Zertifikate oder der Versorgung mit ausreichend CO2-Zertifikaten können wir dabei ausschließen.

finanzwelt: Wer kauft nun diese CO2-Zertifikate, und welche Motivation steckt dahinter?

Gebhardt: Unsere Kunden sind sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich angesiedelt. Unternehmen nutzen diese Zertifikate, um ihre Klimabilanzen des eigenen Unternehmens oder der eigenen Produkte zu verbessern und einen Teil ihrer Verantwortung für die Reduktion von Emissionen zu übernehmen. Privatpersonen interessieren sich zunehmend aus dem Grund, weil sie mithilfe der Zertifikate persönlich an diesem Markt heute schon direkt partizipieren können, ohne dabei auf ein komplexes Finanzprodukt eines Finanzinstitutes zurückgreifen zu müssen, welches versucht die Preisentwicklung von Emissionsrechten nachzubilden, aber kein physisches Zertifikat erworben bzw. gehandelt wird.

finanzwelt: Der Handel mit CO2-Zertifikaten hat sich in der Industrie bereits jetzt zu einem Riesen Thema entwickelt. Ist das auch für Privatpersonen interessant?

Gebhardt: Der Kern dieser Entwicklung liegt in der Relevanz, der Bedeutung sowie dem finanziellen Wert, der CO2-Zertifikaten zuteilwird, besonders im Kontext und als Werkzeug im Kampf gegen die Klimakrise. Auch der damit verbundene CO2-Preis, der stetig steigt und speziell in Deutschland der Anstieg für die nächsten Jahre festgelegt wurde, sowie das Angebot und die Nachfrage auf den dynamischen Märkten bringen CO2-Zertifikate in den Fokus sowohl von Unternehmen als auch Privatpersonen. Bisher war der Zugang zu dem Markt und damit die geschöpften Potenziale den Banken, Unternehmen, Family Offices und weiteren Organisationen vorbehalten, daran teilzunehmen. Mit Persona Viridis, die B2C-Abteilung der Silva Viridis, haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass eben auch Privatpersonen heute schon an den Vorteilen und Entwicklungen des CO2-Marktes und dessen Potenzial partizipieren können, indem sie, genauso wie Unternehmen, CO2-Minderungsrechte erwerben können. Dabei ist es wichtig, im Handel mit Zertifikaten flexibel sein zu können. Wir denken hier effektiv und langfristig. Schon heute können wir unseren Kunden die Option anbieten über unsere Zweitmarkt-Gesellschaft Argentum Viridis, erworbene CO2-Minderungsrechte uns wieder zum Rückkauf anzubieten. Diese Möglichkeit besteht ab 2027, die Rechte wieder in den Handel zu geben. Unsere Zweitmarkt-Gesellschaft wird dazu dem Rechteinhaber ein Kaufangebot binnen 90 Tage unterbreiten. Die Kaufabwicklung erfolgt, dank unseres Systems und ganzheitlichen Prozessen genauso unkompliziert und transparent, wie die Registrierung der CO2-Minderungen, die Generierung der CO2-Zertifikate und der Kauf sowie Transfer an unsere Kunden.

finanzwelt: Der Markt für CO2-Zertifikate erlebt also einen Nachfrageüberhang. Was bedeutet das konkret für Silva Viridis und die Marktteilnehmer?

Gebhardt: Der gegenwärtige Markt ist dynamisch und befindet sich in seiner Entwicklung noch in der Anfangsphase. Nicht jedes Unternehmen ist sich derzeitig darüber im Klaren, welche Bedeutung CO2-Zertifikate zukünftig für sie haben werden. Mit der zunehmenden Verpflichtung zur Bilanzierung sowie der Nachhaltigkeitsberichtserstattung und weiterer Verpflichtungen sowie Vorgaben, die auch seitens der Industrie und des Kapitalmarktes entstehen und zunehmend gefordert werden, wird die aktuelle Situation in Bezug auf die CO2-Emissionen im eigenen Unternehmen deutlich, wodurch der Bedarf an hochwertigen Zertifikaten über die Zeit weiter ansteigt und heute schon, auch gemessen an dem gesamten CO2-Ausstoß, einen Nachfrageüberhang bildet.

finanzwelt: Und schließlich, Herr Gebhardt, was ist das große Ziel Ihrer Firma?

Gebhardt: In einem Satz, wir streben nach einer Symbiose von Ökologie und Ökonomie – um den Klimawandel effektiv anzugehen und gleichzeitig sicherzustellen, dass Klimaschutz zu einem erfolgsorientierten und nachhaltigen Geschäftsmodell wird – für Wirtschaft und Privat. (fw)