Starke Biotechbranche verzückt Investorenherz

15.07.2013

Dr. Tazio Storni

**Fonds mit Fokus auf speziellen Themen wie Biotechnologie oder Wasser sind derzeit durchaus erfolgreich. Manche Produkte sind stärker auf die Altersvorsorge ausgerichtet, andere eher auf die Wahrnehmung von kurzfristigen Renditechancen. „finanzwelt" sprach mit **Dr. Tazio Storni, Lead Portfolio Manager des BB Biotech (Lux) Fonds über die Biotechbranche.

finanzwelt: Fonds mit Fokus auf speziellen Themen wie Biotechnologie sind derzeit durchaus erfolgreich. Zum Stichtag 30.04.13 konnten entsprechende Aktienfonds laut BVI Mittelzuflüsse im laufenden Jahr von 155 Mio. € akquirieren. Sprechen „nur" die gegenwärtigen Rahmenbedingungen für Biotech oder gibt es weitere Gründe?

Dr. Storni: Verschiedene Faktoren tragen zum Erfolg des Sektors bei. Zum einen führte der Ausblick auf eine neue Therapie zur Behandlung von Hepatitis C zu einer Welle von Übernahmen, die den Markt antrieben. Auch wurden in den letzten Jahren zahlreiche Medikamente lanciert, welche ein starkes Wachstum in den Verkaufszahlen zeigten. Die vollen Pipelines und die Fülle an reifen klinischen Daten sprechen dafür, dass man auch in nächster Zukunft einen starken Wertzuwachs aus neuen Produkten beobachten wird. So erwarten wir weiterhin ein Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich im Biotech-Sektor.

finanzwelt: Der Nasdaq Biotech Index notiert derweil bei rund 1.830 Punkte – droht nun eine starke Korrektur wie Anfang des Jahrtausends?

Dr. Storni: Das ist unwahrscheinlich. Die fundamentalen Faktoren sind mit jenen um die Jahrtausendwende nicht zu vergleichen: Damals gab es die Fantasie, dass man mit der Entschlüsselung des Genoms medizinische Quantensprünge machen könne. Die Kurse von Unternehmen, die weit von der Profitabilität entfernt waren schnellten in die Höhe. Heute sind positive klinische Daten und Produktzulassungen die Kurstreiber, die Gesellschaften sind reifer, weiter in der Produktentwicklung und haben nicht selten auch schon ein Medikament auf dem Markt. Immer mehr sieht man Aktienrückkaufprogramme und einige Unternehmen haben sogar begonnen eine Dividende auszuschütten. Es gibt also deutlich mehr Substanz im Sektor im Vergleich zur Jahrtausendwende.

finanzwelt: Welchen Einfluss hat die Demografie auf den Biotechsektor und wie beurteilen Sie die Übernahmeaktivitäten innovativer Biotechnologie-Firmen durch große Pharmakonzerne?

Dr. Storni: Das zunehmende Durchschnittsalter der Gesellschaft sorgt klar für eine steigende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und -produkten. Zusätzlich ist ein häufig übersehener Faktor die Dauer der Therapie. Die Fülle neuer, effizienter Produkte führt zu längerem Überleben und immer öfters zu einer Umwandlung von einer tödlichen zu einer chronischen Erkrankung. Dadurch befinden sich die Patienten länger in einer Therapie, was ebenfalls zur Umsatzsteigerung beiträgt. Die erwähnten Punkte stellen aber gleichzeitig eine wachsende Kostenbelastung für die Gesellschaft dar. Deswegen sind Therapien gefragt, die durch bessere Wirkung, geringere Nebenwirkungen oder verkürzte Spitalaufenthalte das Gesundheitssystem unter dem Strich entlasten. Hier ist die Innovation der Treiber, und diese Innovationskraft findet man eindeutig in der Biotechbranche. Dementsprechend gross ist das Interesse der Pharmariesen, die seit Jahren mit stagnierender Forschungsproduktivität zu kämpfen haben, Produktkandidaten zu lizenzieren, zu akquirieren oder sich durch Partnerschaften zu beteiligen.

Das Interview führte Alexander Heftrich