Risikomanagement ganz einfach - So können große Substanzverluste vermieden werden
19.11.2013
Die Jahre seit der Jahrtausendwende waren geprägt von zwei großen Crashs. Die Ereignisse sorgten für große Wertverluste in den Portfolios – Hauptgrund war immer das Aktienrisiko. Bei Portfoliomanagern gewann das Risikomanagement zunehmend an Bedeutung. „finanzwelt" hörte bei zwei Experten nach.
Christoph Lieber, Vorstandsvorsitzender/CEO der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG und Dr. Ralf Seiz, CEO Finreon und Lehrbeauftragter der Universität St.Gallen (HSG), standen für ein Hintergrundgespräch zur Verfügung.
(fw/ah) Die massiven Eingriffe der Notenbanken zur Überwindung der Finanzkrise haben zu extrem niedrigen Zinsen und einer Rallye an den Aktienmärkten geführt. Bestes Beispiel dafür ist die Leitzinssenkung auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent durch die Europäische Zentralbank und die damit verbundenen Marktbewegungen im November 2013. Viele Experten misstrauen jedoch dieser Entwicklung und zeichnen das Bild einer Blase des billigen Geldes und erwarten bereits jetzt deren Platzen und die damit verbundenen Verluste. So stellt sich für viele Anleger die Frage, welche Auswirkungen ein starker Einbruch an den Aktienmärkten morgen hätte. Dieser wäre unter Umständen noch verheerender als im Jahr 2008, da aufgrund der gegenwärtig rekordtiefen Zinsen bei einem Crash der positive Beitrag aus den Obligationenportfolios weitgehend ausbleiben würde. Eine Halbierung der Aktienpositionen würde zu schmerzlichen Verlusten in den jeweiligen Portfolios führen. Dabei ist gerade die Vermeidung von Substanzverlusten die vordringlichste Aufgabe eines jeden Anlegers oder gar seines Vermögensverwalters.
Die jüngste Erholung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Investoren am Aktienmarkt seit der Jahrtausendwende für das eingegangene Aktienrisiko nur unzureichend entschädigt wurden. Grund dafür ist ein gehäuftes Auftreten von absoluten Ausnahmevorkommnissen mit Verlusten von mehr als 50 Prozent. Dies sind Extremereignisse, welche im historischen Durchschnitt jedes Jahrzehnt einmal stattfanden – viermal häufiger als unter Annahmen der theoretischen Normalverteilung. Die Zukunft ist zwar unbekannt, jedoch ist es wahrscheinlich, dass auch die weitere Entwicklung an den Märkten von größeren Krisen geprägt sein wird.
Aus Risikosicht ist die Steuerung der Aktienquote eine der wichtigsten Entscheidungen für den Anleger, da vom Aktienrisiko die größte Gefahr für das Gesamtportfolio ausgeht. Dies äussert sich auch in der Tatsache, dass sowohl der Verlauf als auch die Volatilität des Portfolios stark mit der Entwicklung der Aktienmärkte korreliert. Bei einem „Tail Event" auf Aktien reicht eine traditionelle Diversifikation über Anlageklassen nicht mehr aus, um einen Verlust auszugleichen. Das hat das vergangene Jahrzehnt eindrucksvoll gezeigt. Durch Crashs ausgelöste Substanzverluste bedeuten dabei für Investoren einen doppelten Schaden, wird doch nicht nur die aktuelle Rendite, sondern auch das Kapital für die Erwirtschaftung zukünftiger Renditen zerstört. So halbierten sich die weltweiten Aktienkurse nach dem Platzen der Internetblase im Jahre 2001 innerhalb von anderthalb Jahren - um das Vorkrisenniveau wieder zu erreichen, mussten die Kurse aufgrund des Substanzverlustes entsprechend um 100 Prozent steigen, was vier Jahre benötigte.
Neue Ansätze zur umfassenden Messung von Crash-Risiken
Aufgrund der Erfahrungen der Finanzkrise hat sich die Finanzmarktforschung verstärkt mit der Identifikation von Marktphasen mit niedrigem beziehungsweise hohem Crash-Risiko auseinandergesetzt. Solche systematischen „Risk Engines" basieren in der Regel darauf, das Risiko für große Substanzverluste aufgrund von Marktfaktoren zu messen und die Allokation in Aktien bei einer hohen Risikowahrscheinlichkeit zu reduzieren oder bei einer tiefen Risikowahrscheinlichkeit entsprechend zu erhöhen. Sie unterscheiden sich von der klassischen Taktischen Asset Allokation durch eine systematische, umfassende und mehrfach tägliche Risikomessung sowie durch den Verzicht auf Renditeschätzungen. Im Vordergrund steht dabei die Vermeidung von Großverlusten, nicht die Renditemaximierung.
Einfaches Risikomanagement mittels risikokontrollierter Anlagen
Diese Messung von Crash-Risiken kann dazu verwendet werden, die Aktienquote in einem Vermögensmanagement-Mandat zwischen 0 und 100 Prozent zu steuern. Diese Investitionen können möglichst kostengünstig und transparent mittels passiver Aktienanlagen beziehungsweise Geldmarktanlagen umgesetzt werden. Dieser Baustein kann dann wiederum zum systematischen, risikokontrollierten Einsatz der Aktienbandbreite genutzt werden. Ergibt die Messung ein tiefes Crash-Risiko, das grün dargestellt wird, ist der Investor entsprechend am oberen Ende der Aktienbandbreite positioniert, bei einem hohen Crash-Risiko, das rot gefärbt ist, entsprechend am unteren Ende. Eine solche systematische Risikomessung ist nicht mit einer Kristallkugel oder einer spekulativen Handelsstrategie zu vergleichen, da bewusst keine Prognosen formuliert werden. Auch handelt es sich nicht um einen Absolut Return Ansatz, es können also auch Verluste eintreten. Risikomanagement bringt auch mit sich, dass man unter Umständen zu defensiv oder zu stark abgesichert ist. Jedoch können Anleger, welche ihre Bandbreiten systematisch nach Risikoparametern ausrichten, das Risiko eines Substanzverlustes stark reduzieren sowie das Rendite-Risiko-Profil der Anlageklasse Aktien entscheidend zu ihren Gunsten verbessern.
Risikomanagement als Ausweg aus dem Anlagenotstand
Viele Anleger stehen heutzutage aufgrund rekordtiefer Zinsen vor einem Anlagenotstand und müssen gezwungenermassen wieder in die lange gemiedene Asset-Klasse Aktien investieren. Jedoch können und wollen viele Investoren nicht in Form von „buy and hold" in Aktien investieren, die ein Verlustpotenzial von mehr als 50 Prozent haben. Eine risikokontrollierte Anlagelösung als Ausweg ermöglicht von der langfristigen Rendite der Aktienmärkte zu profitieren, jedoch unter systematischer Vermeidung großer Substanzverluste. Ein systematisches Management des wichtigsten Risikos, nämlich des Aktienrisikos, kann die Volatilität des Portfolios und folglich die Gefahr von Unterdeckung und Sanierungsmaßnahmen signifikant reduzieren. Denn eine Sache ist gewiss – der nächste Crash wird kommen. Für die Anleger wird entscheidend sein, ob und wie sie darauf vorbereitet sind.
St.Galler Kantonalbank Deutschland AG:
Die St.Galler Kantonalbank Deutschland AG wurde 2009 gegründet, um anspruchsvolle vermögende Kunden auf dem Fundament klassischer Schweizer Bankentradition in Deutschland individuell und unabhängig zu betreuen. Angeboten wird zeitgemäßes Vermögensmanagement für Kunden, die gute Beratung als etwas verstehen, was neben Fachkompetenz auch Erfahrung und Persönlichkeit verlangt. Die Kunden erwarten, dass die Anlagestrategie sich einzig und allein an ihren persönlichen Bedürfnissen ausrichtet. Das Beratungskonzept ist unabhängig, ganzheitlich und fokussiert.
Finreon AG:
Das Unternehmen Finreon AG entstand als Spin-off der Universität St.Gallen (HSG) und gilt heute als etablierte und kompetente Partnerin, wenn es um innovative Anlagekonzepte in der Vermögensverwaltung und die Beratung institutioneller Kunden geht. Die Lösungen der Finreon AG basieren auf langjähriger Praxiserfahrung und neusten Erkenntnissen aus der Forschung mit modernen Finanzmarkttheorien.