Rechenzentren als Assetklasse für die Bauindustrie

16.10.2024

Das BER12 Datacenter in Ludwigsfelde bei Berlin. Foto: PORR S.A., Warschau

Rechenzentren, auch bekannt als Datacenter, haben sich zu einer der bedeutendsten Assetklassen in der Immobilienbranche entwickelt. Mit der zunehmenden Digitalisierung und dem exponentiellen Wachstum von Datenmengen steigt die Nachfrage nach leistungsfähigen und sicheren Rechenzentren kontinuierlich an.

Diese Entwicklung bietet der Bauindustrie immense Chancen und Herausforderungen. Rechenzentren sind das Rückgrat der modernen digitalen Wirtschaft. Sie ermöglichen die Speicherung, Verarbeitung und den Austausch riesiger Datenmengen, die für den Betrieb von Cloud-Diensten, künstlicher Intelligenz (KI), dem Übertragungsstandard 5G, dem Internet der Dinge (IoT) und vielen weiteren IT-basierter Technologien unerlässlich sind. Für die Bauindustrie bedeutet dies eine stetig wachsende Nachfrage nach spezialisierten Bauprojekten, die den hohen technischen Anforderungen dieser Einrichtungen gerecht werden.

Umsatzpotenzial in den kommenden Jahren

Die Marktprognosen für Rechenzentren sind beeindruckend. Für Deutschland schätzt der Datacenter Impact Report Deutschland 2024 der German Datacenter Association (GDA) die Investitionen für Colocation-Rechenzentren bis zum Jahr 2029 auf über 24 Mrd. Euro. Colocation-Rechenzentren sind Rechenzentren, die von mehreren Unternehmen gemeinsam genutzt werden, um ihre IT-Infrastruktur zu betreiben. Hierbei stellen die Unternehmen ihre eigenen Server, Storage-Systeme und Netzwerkausrüstung in den Räumlichkeiten des Datacenters auf. Hinzu kommen laut der Marktprognose noch rund 4,2 Mrd. EUR Bauinvestitionen großer Player wie Google und Microsoft in sogenannte Hyperscale Rechenzentren. Hyperscale Rechenzentren sind für ihre extreme Skalierbarkeit und Effizienz bekannt und werden i.d.R. von den großen Technologieunternehmen für deren Cloud-Dienste direkt betrieben. In Deutschland werden allen voran die Metropolregionen der Internet-Knotenpunkte Berlin-Brandenburg und Frankfurt a.M. von dieser Entwicklung profitieren. Aber auch Regionen wie Düsseldorf und Nürnberg werden laut Aussage der Studie am Wachstum dieser Immobilienklasse partizipieren.

Diese Zahlen verdeutlichen das enorme Potenzial und die dynamische Entwicklung des Marktes für Rechenzentren in Deutschland und untermauern, dass in den kommenden Jahren diese Assetklasse für die Bauindustrie unverzichtbar sein wird. Denn die Digitalisierung ist ein Megatrend. Sie verändert nicht nur grundlegend die Art und Weise, wie wir leben, sondern auch wie wir jetzt und in Zukunft arbeiten werden. „Die Digitalisierung ist ein Schlüsselfaktor. Sie steht in vielen Bereichen für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Der Ausbau, der durch den Bau von Rechenzentren gesichert wird, ist daher eine absolute Notwendigkeit“, sagt Meik Müller, Techn. Geschäftsleitung Ingenieurbau der PORR in Deutschland.

Bauliche Herausforderungen

Der Bau von Rechenzentren bringt spezifische Herausforderungen mit sich. Dazu gehören:

Standortwahl: Die Wahl des richtigen Standorts ist entscheidend und erfordert eine sorgfältige Bewertung von Faktoren wie Zugang zum Stromnetz, Nähe zu Internetknotenpunkten, Verfügbarkeit von Fachkräften und potenzielle Umweltbelastungen.

Energieeffizienz: Rechenzentren müssen ständig mit ausreichend elektrischer Energie versorgt werden. Innovative Lösungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs, wie die Nutzung erneuerbarer Energien und fortschrittlicher Kühlsysteme, sind unerlässlich. Zunehmend bedeutend wird auch die Nutzung der Abwärme, die bei der Kühlung der Server entsteht. Das Potenzial der Abwärme soll künftig genutzt werden durch die Einleitung in lokale Wärmenetze oder die Beheizung benachbarter Gebäude. Verankert ist dies in Deutschland im Energieeffizienzgesetz (EnEfG). Alle Rechenzentren, die nach dem 01.07.2026 in Betrieb gehen müssen festgelegte Effektivitätswerte für den Energieverbrauch und Vorgaben für die Abwärmenutzung erfüllen.

IT-Sicherheitsanforderungen: Der Schutz sensibler Daten erfordert umfassende Sicherheitsmaßnahmen, die sowohl physische als auch digitale Aspekte umfassen.

Lean-Methoden: komplexe Genehmigungsverfahren, vollständige Transparenz der Bauabläufe, ambitionierte Terminpläne für die Realisierung und höchste Anforderungen an die technische Gebäudeausrüstung machen den konsequenten Einsatz von Lean-Methoden in der Projektarbeit und -steuerung notwendig.

Building Information Modelling (BIM): Der Bau von Rechenzentren stellt hohe Anforderungen an die Planung und Koordination der Bauprozesse. Bauliche Herausforderungen, Schnittstellen und mögliche bautechnische Kollisionen, z.B. im Bereich der Gebäudetechnik, müssen frühzeitig erkannt und gelöst werden, um die Qualität und die Termine zu sichern. Der Einsatz von BIM ermöglicht eine digitale Modellierung aller relevanten Aspekte des Bauwerks, die eine verbesserte Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten und eine erhöhte Transparenz im Projekt fördert.

Potenziale für die Bauindustrie

Gerade aufgrund dieser Herausforderungen bietet der Bau von Rechenzentren erhebliche Potenziale für innovative Unternehmen der Bauindustrie. Die Nachfrage nach schnellen und effizienten Bauprozessen lässt sich durch den konsequenten Einsatz von Lean-Methoden bewältigen, die Transparenz im Bauablauf schaffen, die Bauzeit verkürzen und die Effizienz deutlich steigern. Darüber hinaus eröffnet die Integration von nachhaltigen Technologien im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung incl. und energieeffizienten Lösungen neue Geschäftsmöglichkeiten.

PORR: Engagement in Datacenter-Projekten

Die PORR hat bereits mehrere bedeutende Datacenter realisiert. Ein aktuelles, im Bau befindliches Beispiel ist das BER12 Datacenter in Ludwigsfelde bei Berlin. Dieses hochmoderne zweigeschossige Gebäude umfasst eine Fläche von 11.400 m² und bietet umfangreiche technologische Infrastruktur, einschließlich fortschrittlicher Kühlsysteme und unabhängiger Stromleitungen.

In Österreich hat PORR das DC01 Datacenter in Wien realisiert. Dieses Projekt umfasst eine Gesamtfläche von 7.200 m2. Das Rechenzentrum zeichnet sich durch seine fortschrittliche Infrastruktur und die Nutzung modernster Technologien aus, um höchste Effizienz und Sicherheit zu gewährleisten. Ein weiteres Projekt ist das WAW 11.1 Datacenter in Warschau, das eine Gesamtfläche von 6.730 m² hat. In der Region Frankfurt a.M. steht die PORR aktuell vor dem Start weiterer Projekte. Diese unterstreichen die bedeutende Rolle der PORR in der Entwicklung und dem Bau von Rechenzentren, die als Rückgrat der modernen digitalen Wirtschaft dienen.

Die Bauindustrie steht vor der spannenden Aufgabe, die Infrastruktur für die digitale Zukunft zu schaffen. Rechenzentren bzw. Datacenter als Assetklasse bieten dabei nicht nur wirtschaftliche Chancen, sondern auch die Möglichkeit, durch innovative Bauweisen und nachhaltige Technologien einen bedeutenden Beitrag zur digitalen Transformation zu leisten. (fw)