Neue App revolutioniert Umgang mit Unverträglichkeiten

08.02.2022

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Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Universitäten Graz und Wien entwickelten gemeinsam die CarboCeption-App. Mit der Anwendung lassen sich Intoleranzen leichter erkennen und behandeln.

Bauschmerzen, Blähungen oder Übelkeit nach dem Essen sind nicht nur unangenehme Beschwerden, sondern können auch auf eine Kohlenhydratintoleranz hinweisen. Das gilt besonders wenn man eigentlich gesund bzw. nichts Außergewöhnliches oder Unbekanntes gegessen hat. Die CarboCeption-App erleichtert Betroffenen nun Ursachen ihrer Symptome zu erkennen, auslösende Lebensmittel zu identifizieren und auch die Menge der Lebensmittel, die vertragen werden, zu bestimmen. Dafür misst die App Symptome und bestimmt Intoleranzen. Nicht nur klassische Getreideprodukte, sondern auch Milchprodukte und Obst oder Gemüse enthalten oftmals Kohlenhydrate. Besonders Laktose, Fruktose, Birkenzucker oder auch Ballaststoffe gehören zu den schwer verdaulichen „Carbs“.

Kein unnötiger Verzicht

Viele Betroffene verzichten auf Verdacht probeweise auf verschiedene Lebensmittel, ohne genau zu wissen, ob wirklich eine Unverträglichkeit besteht. Das beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität, sondern kann ebenfalls zu Nährstoffmangel führen. Für den Nachweis einer Intoleranz sind wiederholte Symptommessungen nach dem Verzehr des im Verdacht stehenden Nahrungsmittels erforderlich. Hier greift nun die CarboCeption-App. Heinz Hammer, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie Med. Uni. Graz, und Johann Hammer, MedUni Wien, entwickelten dafür Fragebögen. Diese sind an CarboCeption auslizensiert. Die App gilt als Medizinprodukt und kann eingesetzt werden, wenn ein Arzt aufgrund entsprechender Beschwerden einen Test auf Laktose- oder Fruktoseintoleranz empfohlen hat.

Mehr als eine Diagnose-App

„Der praktische Vorteil in der Anwendung der App liegt vor allem darin, die Intoleranz jederzeit im Alltag, also zu Hause oder am Arbeitsplatz beispielsweise, nachweisen zu können, ohne dass dazu ein mehrstündiger Besuch eines Labors oder einer Praxis zur Durchführung eines Atemtests notwendig wird“, nennt Heinz Hammer den Mehrwert des digitalen Helfers. CarboCeption kommt sowohl für Mitarbeitende in Gesundheitsberufen als auch für Betroffene ohne Vorwissen zum Einsatz. Medizinischem Personal hilft die App neben der Ursachensuche auch bei der ordnungsgemäßen Umsetzung der Empfehlungen der aktuellen europäischen Leitlinie zur Diagnostik von Kohlenhydratintoleranzen. Aber auch Laien profitieren von der Nutzung. Laut Hammer sei die Anwendung mehr als ein Diagnose-Instrument, denn sie gebe auch wertvolle Informationen zum Umgang mit Lebensmitteln und individuell abgestimmte Empfehlungen zur Ernährung.

Symptommessung entlarvt verdächtige Lebensmittel

Die App verwendet für die Analyse einen wissenschaftlich validierten Test, der auf den Fragebögen der Wissenschaftler aus Graz und Wien basiert. „Unser Fragebogen leitet die App-Benutzer*innen an, ihre Symptome auf einer Skala zu messen. Sie werden vor und nach der Einnahme einer Testsubstanz oder eines Testnahrungsmittels wiederholt gemessen“, beschreibt Heinz Hammer die Anwendung. Über einen Zeitraum von 3 Stunden erinnert die Anwendung die Betroffenen alle 30 Minuten, ihr Wohlbefinden und das Auftreten von Symptomen zu bewerten und zu dokumentieren. Nach Beendigung des Test stellt CarboCeption dann direkt ein Ergebnis und Empfehlungen zur Kontrolle der Beschwerden und zur Ernährung bereit. „Damit können Betroffene nicht nur den Zusammenhang zwischen ihrem Wohlbefinden und der Ernährung besser verstehen und wieder ein Stück mehr Kontrolle über ihr Leben gewinnen, sondern vor allem auch das Essen wieder mit Freude genießen“, lautet das Fazit des Wissenschafters. (lb)