Nachhaltige, europäische Nebenwerte als Renditequelle

10.12.2021

ESG - Foto: © putilov_denis - stock.adobe.com

Jan Rabe, Lorenzo Carcano und Nedialko Nedialkov (Metzler AM) beschreiben in einer aktuellen Studie, wie Investoren das ESG-Rating-Dilemma im Nebenwertebereich des Aktienmarktes lösen können. Eine ihrer zentralen Thesen lautet: Kombiniert man Nebenwertestrategien mit Nachhaltigkeitspräferenzen, lassen sich Rendite-Risiko-Profile von Aktienportfolios über den „Size-Effekt“ hinaus stärken. Tipp: Weitere ESG-Studien können geneigte Leser/Innen hier einsehen: https://www.metzler.com/de/metzler/asset-management/nachhaltigkeit

Die Ergebnisse auf einen Blick

  • Mit europäischen Nebenwerten ließ sich lange Zeit eine beachtliche Performance gegenüber Standardwerten erzielen. In den vergangenen zwanzig Jahren betrug dieser „Size-Effekt“ rund fünf Prozentpunkte p. a. (Abb. 1 – oben). Seit dem Ausklang der Euro-Schuldenkrise lohnte es, diese Risikoprämie insbesondere in Europa zu vereinnahmen.
  • Denn während Standardwerte aufgrund einer schwachen Wachstumsdynamik zurückgeworfen wurden, profitierten Nebenwerte von einer steigenden Zahl innovativer und von Eigentümern geführten Nischenchampions. Diese boten genau das, was vor allem nachhaltig orientierte Anleger suchten: strukturelles Wachstum (Abb. 1. – mittig).
  • Kombiniert man Nebenwertestrategien mit Nachhaltigkeitspräferenzen, lassen sich Rendite-Risiko-Profile von Aktienportfolios über den „Size-Effekt“ hinaus stärken. Denn Fehlbewertungen entstehen oft dadurch, dass Nebenwerte wegen vermeintlich schwächerer ESG-Ratings vorverurteilt werden (Abb. 1 – unten). Auch verkennen Stock-Picker das Renditepotenzial von ESG-Themen.
  • Ein Mehrwert für die Portfoliokonstruktion leitet sich hier vor allem von zwei Aspekten ab: das Meiden von Titeln, die wiederholt durch Kontroversen auffallen, und das Aufbauen von Impact-Exposure – also das Investieren in Titel, die einen positiven Beitrag für Ökologie und Gesellschaft leisten.
  • Soll der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft gelingen, müssen Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und ‑nehmern so abgebaut werden, dass für beide Seiten ein Vorteil erwächst. Unabdingbar ist hierfür ein partnerschaftlicher Dialog mit Portfoliounternehmen, der dem öffentlichen Diskurs zu kritischen ESG-Fragen überlegen ist.

Abb. 1: Vergleich – Europas Neben- ggü. Standardwerten* — Bruttoüberschussrendite: Nebenwerte hängen Standardwerte ab (indexiert)

Umsatztrend: Nebenwerte wachsen stärker als Standardwerte

ESG-Rating-Score-Delta: Nebenwerte schneiden schwächer ab

*Auf Basis von MSCI Europe SMID ggü. Large Cap Indizes. Quellen: MSCI, Refinitiv

Ein kritischer Umgang mit ESG-Ratings ist geboten

Beim Vergleich von ESG-Ratings zwischen Neben- und Standardwerten innerhalb des europäischen Aktienmarktes fällt auf, dass Nebenwerte über die Zeit hinweg mit einem Discount bewertet werden (Abb. 1 – unten).

Legt man ESG-Ratings zugrunde, die mittels gewichteter Durchschnitte auf einen branchenübergreifenden Vergleich abstellen, lag dieser Discount im Mittel bei 5 %. Werden industriespezifische ESG-Ratings zugrunde gelegt, erhöhte sich der Discount auf 15 %.

Da die Mehrheit der Anleger auf industriespezifische Vergleiche schaut, erwächst Nebenwerten ein erheblicher, struktureller Nachteil gegenüber Standardwerten.[1] Je schematischer Anleger von All-Cap-Produkten nach ESG-Ratings differenzieren, desto größer auch deren Präferenz für Standardwerte gegenüber Nebenwerten – eine Fehleinschätzung, wie wir glauben.

Denn oft können kleinere Unternehmen im Vergleich zu Standardwerten nicht auf dieselben Ressourcen zurückgreifen, um die Nachhaltigkeitsberichterstattung ähnlich umfangreich und detailliert darzustellen. Das heißt nicht, dass Nebenwerte weniger nachhaltig sind als Standardwerte. Im Gegenteil: Anleger sind gefordert genauer hinzuschauen. Damit dies gelingt, setzen wir auf einen partnerschaftlichen Dialog zwischen dem Portfoliomanagement und den Unternehmen.

Dieser Ansatz, den wir als Silent Active Ownership bezeichnen, liefert einen differenzierenden Mehrwert bei der Einschätzung kapitalmarktrelevanter Themen im Hinblick auf nachhaltigkeitsbezogene Chancen und Risiken. Informationsasymmetrien abzubauen bedeutet hier konkret, Wechselwirkungen zwischen Nachhaltigkeitsaspekten und Kurspotenzialen zu erläutern sowie Handlungsalternativen abzuleiten, die das Profil eines Portfoliounternehmens potenziell stärken.

Die Vorteile dieses Ansatzes zeigen sich insbesondere bei Nebenwerten. Vor allem dann, wenn wichtige Daten zur Beurteilung von finanziell-materiellen Nachhaltigkeitsaspekten fehlen oder bestenfalls von externen Anbietern geschätzt werden, ist ein enger Austausch mit den Unternehmen unerlässlich, um diese adäquat einschätzen zu können.

Das Ausrichten nach ESG-Ratings lohnt sich bedingt

Differenzierte man im europäischen Nebenwertebereich nach industriespezifischen ESG-Ratings, lässt sich rückblickend zeigen, dass sich dies lohnte (Abb. 2). Jedoch fiel diese Differenzierung kaum ins Gewicht.

Abb. 2: Präferenz für ESG-Ratings zahlte sich kaum aus Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe SMID, indexiert, in %

Bemerkung: ESG-Leaders (AAA‑, AA-Ratings), ESG-Laggards (B‑, CCC-Ratings), Durchschnitt (A‑, BBB‑, BB-Rating). Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Ein Portfolio aus vorbildlich nachhaltig bewerteten Titeln (sogenannte ESG-Leader: AAA- und AA-bewertete Titel) schlug den Marktindex seit 2007 lediglich um einen Prozentpunkt pro Jahr – ein mageres Ergebnis. Und obwohl ein Portfolio aus Nachzüglern (sogenannte ESG-Laggards: B- und CCC-bewertete Titel) über denselben Zeitraum stark gegenüber dem Marktindex nachgab, spielte dies im Gesamtkontext eine untergeordnete Rolle. Denn diese Titel machten nur einen geringen Teil der Marktkapitalisierung aus – am aktuellen Rand des Index betrug dieser Wert 3 % (Abb. 3).

Abb. 3: Das Meiden von ESG-Laggards hat wenig Relevanz / Marktkapitalisierungsanteile am MSCI Europe SMID Index

Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Eine feinere Abstimmung, die auf den industriespezifischen ESG-Score selbst abstellt, lieferte einen geringfügig höheren Mehrwert – doch auch seit 2011 nur für die zu meidenden Unternehmen (siehe gestrichelte Linien in Abb. 4). Eine Präferenz für Titel, die entweder mit einem hohen ESG-Score oder mit einer positiven Veränderung dieses ESG-Scores einhergingen (auch als ESG-Momentum bezeichnet), lieferte über die vergangenen zehn Jahre keine nennenswerte Überschussrendite im Vergleich zum Marktindex (siehe durchgezogene Linien in Abb. 4).

Abb. 4: Welchen Effekt hätte eine Präferenz für ESG-Scores bzw. für hohe Veränderungen dieses ESG-Scores gehabt? Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe SMID, indexiert, in %

Berechnung: Auf Basis der Scores werden Titel innerhalb des MSCI Europe SMID Cap Index in zwei Hälften unterteilt. Diese erfassen 50 % aller Titel, die die höchsten (H1) bzw. niedrigsten (H2) Ausprägungen ausweisen. Die Portfolios werden auf monatlicher Basis neugewichtet. Die Euro-Bruttorenditen berechnen sich anhand von Marktkapitalisierungsgewichten. Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Repliziert man die Analyse für die drei Säulen des ESG-Ratings, also die E‑, S- und G‑Ratings, führt das zum gleichen Schluss. Was also hilft wirklich, um Rendite-Risiko-Profile von Nebenwerteportfolios zu stärken?

Rückenwind für das Aktienportfolio – Teil 1: Titel meiden, die negativ durch Kontroversen auffallen

Wir konnten zeigen, dass die Governance-Aspekte von Nebenwerten im Vergleich zu Standardwerten besser bewertet wurden (vgl. Abb. 1). Ein entscheidender Treiber hierfür war das geringere Ausmaß an kontroversen Geschäftspraktiken von Unternehmen aus dem Nebenwertebereich im Vergleich zu Standardwerten (Abb. 5). Eine Beobachtung, die sich durch alle Branchen zieht.

Dies zahlt vor allem auf die Bewertung des Governance-Verhaltens ein – die zweite wichtige Säule im Rahmen des G‑Ratings neben der Bewertung der Governance-Struktur, also die Einschätzung der Beschaffenheit des Aufsichtsrats, der Eigentümerstruktur, der Rechnungslegung und der Vergütung des Vorstands.

Abb. 5: Nebenwerte schneiden bei der Bewertung von Kontroversen deutlich besser ab als Standardwerte Kontroversen-Scores [0–10] bei europäischen MSCI-Indizes*

Bemerkung: Je höher der Score, desto weniger Kontroversen wurden registriert. Die aggregierten Scores berechnen sich anhand von Marktkapitalisierungsgewichten. *Hierbei gilt 0 (10) als schlechtester (bester) Wert. Quellen: MSCI, FactSet, Metzler

Unserer Erfahrung nach liegt dies vor allem daran, dass eigentümergeführte Unternehmen aus dem Nebenwertebereich stärker auf die Reputation achten als Unternehmen aus dem Standardwertebereich. Darüber hinaus sind die weniger komplexen Wertschöpfungsketten kleinerer Unternehmen auch weniger anfällig für Kontroversen. Zudem widmen kritische NGOs und Journalisten kleineren Unternehmen weniger Aufmerksamkeit.

Außerdem fällt auf: Selbst nach Bekanntwerden von Kontroversen lohnte es von solchen Titeln Abstand zu nehmen. Und je schwerwiegender die Kontroverse war, desto höher war auch der Negativbeitrag für ein Portfolio. Das Rendite-Risiko-Profil von Portfolios im Nebenwertebereich ließ sich durch das Meiden von Titeln stärken, die durch Kontroversen auffielen (Abb. 6). Doch welche Titel werden so aus Portfolios ausgegrenzt?

Abb. 6: Der Negativbeitrag des Portfolios aufgrund von Kontroversen stammt größtenteils aus zyklischen Branchen Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe SMID, indexiert, in %

Bemerkung: Titel, die durch schwerste Kontroversen belegt sind, werden durch eine rote Flagge markiert (betrifft im Mittel seit 2012 etwa 1 % der Marktkapitalisierung des MSCI Europe SMID Cap Index), schwere Kontroversen mit einer orangen Flagge (5 %) und leichte Kontroversen mit einer gelben Flagge (15 %). Seit 2018 gab es innerhalb des Index keine roten Flaggen. Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Eine Analyse entsprechender Risikoprämienprofile zeigt (Abb. 7): Besonders wachstumsschwache Titel, die im Vergleich zum Nebenwertebereich ein geringeres Maß an Qualität ausweisen – entweder in Form einer schwachen Bilanz, geringer Profitabilität oder stark schwankender Gewinnprofile – werden gemieden. Auch stufen nachhaltige Anleger die Kombination aus einer überdurchschnittlich hohen Dividendenrendite und geringen Bewertungsmultiplikatoren nicht als „attraktiv“ ein.

Abb. 7: Durch Kontroversen betroffene Titel wiesen ein ganz bestimmtes Risikoprämienprofil ggü. dem Markt auf Standardisierte Z‑Scores [+/-1] ggü. MSCI Europe SMID Index

Bemerkung: Die Risikoprämien wurden gemäß den MSCI-Standards berechnet. Z‑Scores geben die Anzahl der Standardabweichungen eines Wertes um den Mittel-wert an. Das Exposure basiert rechnerisch auf Marktkapitalisierungsgewichten. Werte, die größer 0,20 bzw. kleiner ‑0,20 sind, werden als signifikant erachtet. Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Das Meiden von Kontroversen geht bei nachhaltigen Anlegern mit einer Präferenz für langfristiger ausgerichtete Geschäftsmodelle einher (Abb. 8).

Abb. 8: Der Anlagehorizont bei Nebenwerten steigt Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe SMID, indexiert, in %

* Der Anlagehorizont lässt sich mithilfe des Maßstabs für Aktienduration darstellen. Aktienduration (in Jahren) = RoE x (P/B x Payout) bzw. P/B x (1 / (RoE x Payout)). Hierzu werden fünf gleichgroße Portfolios gebildet (Quintile): Porfolio Q1 beinhaltet Titel mit der höchsten Aktienduration und Portfolio Q5 die, mit der niedrigsten. Die Bruttoüberschussrendite aus der Abbildung zeigt die Performance von Q1 ggü. Q5.

Aktienduration beschreibt in Jahren die Zeit, die es braucht, um die Investition in ein Unternehmen über quasi-fixe Rückzahlungen (z. B. Dividenden) zurückzuerhalten. Vereinfacht kann Aktienduration auch als invertierte Dividendenrendite dargestellt werden (1/DR). Je höher die Aktienduration eines Unternehmens ist, desto weniger wird aus dem operativen Ertrag an Aktionäre ausgeschüttet und kann stattdessen in Wachstum investiert werden – ganz im Sinne des nachhaltig orientierten Anlegers. Quellen: MSCI, FactSet, Metzler

Rückenwind für das Aktienportfolio – Teil 2: In Titel mit positivem Impact-Exposure investieren

Die Risiken eines Nebenwerte-Aktienportfolios lassen sich also dadurch senken, dass Titel von Unternehmen mit schwachen ESG-Ratings und Kontroversen gemieden werden. Das Renditepotenzial wiederum lässt sich stärken, indem in Titel investiert wird, die einen Mehrwert für Umwelt und Gesellschaft liefern (Abb. 9).

Abb. 9: Impact-Exposure lohnt im Nebenwertebereich — Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe Large, indexiert, in %

Bemerkung: Impact-Exposure bezieht sich auf Umsätze, die den Nachhaltigkeits-zielen der UN zugewiesen werden können – ökologischer Impact oder E‑Exposure (SDG: 7, 12–15); gesellschaftlicher Impact oder S‑Exposure (SDGs: 1–6, 8–11). Portfolio 2 besteht aus 293 Titeln, die ein Impact-Exposure >10 % ausweisen. Portfolio 1 besteht aus 97 Titeln. Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

Bezieht man die Volatilität der Überschussrenditen mit ein, war ein Portfolio aus Titeln zu bevorzugen, die unabhängig von den Beiträgen aus ökologischen und gesellschaftlichen Kategorien signifikantes Impact-Exposure auswiesen (dunkelblaue Linie in Abb. 9). Stabilisierend wirkte sich hier das ökologische Impact-Exposure aus. Die Überschussrenditen der Titel, die ein hohes gesellschaftliches Impact-Exposure auswiesen, waren im Vergleich geringer und gingen mit einer höheren Volatilität einher. Was spricht aber dafür, dass der Fokus auf Titel, die ein hohes ökologisches Impact-Exposure ausweisen, auch künftig zu Überschussrenditen beiträgt?

Allem voran könnte hierzu der im Vergleich zum Gesamtmarkt der Nebenwerte niedrigere Scope 1–3 CO2-Fußabdruck beitragen, d. h. insbesondere unter Berücksichtigung dessen, was Produkte und Dienstleistungen in vor- und nachgelagerten Teilen der Wertschöpfungskette bewirken. Denn rechnet man diesen mithilfe von Klimamodellen auf Basis der Schätzungen des UN-Klimarats in Erwärmungspotenziale um, lässt sich zeigen, dass deren Portfoliowert (2,7 °C) deutlich niedriger ist, als der des Markts (3,3 °C). Je mehr Anlageprodukte in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens (1,5 °C) gebracht werden, desto höher die Nachfrage nach Titeln mit niedrigen Erwärmungspotenzialen.

Rückblickend lässt sich bereits zeigen: Je ausgeprägter das ökologische Impact-Exposure und je niedriger das Erwärmungspotenzial der Unternehmen, desto höher war auch die Überschussrendite eines Portfolios gegenüber dem Markt (Abb. 10).

Abb. 10: Ein hohes ökologisches Impact-Exposure geht bei Nebenwerten mit niedrigen Erwärmungspotenzialen einher Beobachtung innerhalb des MSCI Europe SMID Index (N = Titel)

Quellen: MSCI, FactSet, Metzler

Bleibt dieser Zusammenhang bestehen, ist davon auszugehen, dass der Faktor Impact-Exposure – insbesondere der Beitrag aus ökologischem Impact – auch künftig dazu beitragen sollte, die Überschussrendite eines solchen Portfolios zu verstetigen. Denn im Zuge des Strebens nach Klimaneutralität an den Kapitalmärkten werden insbesondere solche Titel immer gefragter, die helfen, aggregierte Portfoliotemperaturen zu senken.

Vor dem Hintergrund der geplanten sozialen Taxonomie der EU-Kommission ist jedoch auch der Beitrag aus gesellschaftlichem Impact-Exposure künftig nicht zu unterschätzen.[2]

Traditionelle Formen der Finanzierung der Sozialhilfe, wie Staatsausgaben und stabile Systeme der sozialen Sicherheit, bleiben von grundlegender Bedeutung. Die Politik ist sich jedoch bewusst, dass auch private Investitionen eine Rolle spielen. In der Praxis bedeutet dies, dass Anleger in Unternehmen investieren sollten, die die Achtung der Menschenrechte gewährleisten.

Gewollt ist auch, dass Anleger dazu beitragen sollten, die Versorgung der Gesellschaft mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen zu verbessern, insbesondere für schutzbedürftige Menschen und Gruppen.

Fazit: Nachhaltigkeit als Performancehebel

Wer über das Vereinnahmen der Size-Risikoprämie Rendite-Risiko-Profile von Portfolios im europäischen Aktienmarkt stärken möchte, sollte konsequent auf Nachhaltigkeit setzen. Vier Aspekte sind hierbei wichtig:

  • Ein kritischer Blick auf ESG-Daten ist unabdingbar, um entsprechende Chancen und Risiken adäquat bewerten zu können. Nur so lassen sich kritische Fragestellungen mit dem Management klären, um Mehrwert für Portfoliounternehmen zu erzielen.
  • Differenzieren nach ESG-Ratings lohnte sich kaum – weder nach absoluten ESG-Scores (auf welchen die Ratings aufbauen), noch nach ESG-Momentum.
  • Wir beobachten, dass das Meiden von Titeln, die wiederholt negativ durch Kontroversen auffallen, das Risiko-Exposure eines Portfolios verringert.
  • Renditechancen ergeben sich insbesondere bei Titeln mit einem hohen Impact-Exposure – neben ökologischem Impact ist künftig auch verstärkt auf gesellschaftlichen Impact zu achten.

Ein Übertragen dieser Präferenzen auf die fundamentale Analyse von Nebenwerten bedeutet in Titel zu investieren, die durch innovative Geschäftsmodelle Preismacht in strukturell wachsenden Nischenmärkten haben und so von hohen Markteintrittsbarrieren profitieren. Die Risikoprämien im Blick, bedeutet dies ein Übergewicht an Wachstum- und Qualitätstiteln – eine Präferenz, die sich rückblickend bereits auszahlte (Abb. 11).

Abb. 11: Faktor-Exposure im Nebenwertebereich – Wachstum steht Momentum in keiner Weise nach Bruttoüberschussrendite ggü. MSCI Europe SMID, indexiert, in %

Bemerkungen: Sharpe-Ratios in Klammern beziehen sich auf den Zeitraum 2015 bis 2021. Zu den fundamentalen Faktoren zählen Wachstum, Qualität und Dividende. Zu den preisbasierten Faktoren zählen Momentum, Value und Volatilität. Quellen: MSCI, Refinitiv, Metzler

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(v.l.n.r.) Jan Rabe, Lorenzo Carcano und Nedialko Nedialkov - Foto: © Metzler AM[/caption]

[1] Eine Alternative, die es ermöglicht den Tracking Error eines Portfolios gegenüber einem Vergleichsindex zu minimieren, ist das Wahren einer Branchenneutralität. Einzeltitel werden in einem ersten Schritt so ausgewählt, dass diese zu einer gegebenen Anlagestrategie passen. Gewichte der Einzeltitel werden im Anschluss so angepasst, dass diese möglichst nah an die branchenneutralen Gewichte des Vergleichsindex herankommen. Entsprechend können ESG-Präferenzen der Allokation nach Branchen untergeordnet werden.

[2] https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/sf-draft-report-social-taxonomy-july2021_en.pdf