Moderne Portfoliotheorie: Nicht mehr neu, aber immer noch aktuell
26.07.2023
Dr. Marc-Oliver Lux. Foto: Dr. Lux & Präuner
Der bekannte Portfoliotheoretiker Harry Markowitz ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Seine Theorie zur Diversifizierung revolutionierte die Wertpapieranlage. Markowitz leitete seine berühmte Portfoliotheorie mittels mathematischer Formeln her. Doch die Grunderkenntnis, für die der US-Ökonom 1990 den Nobelpreis bekam, lässt sich auch ohne Mathematik umsetzen: Im Kern kann jeder sein Depot nach Markowitz optimieren, wenn er gleichzeitig in verschiedene Anlageklassen investiert. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass das Modell in schwierigen Marktphasen versagt - so wie im vergangenen Jahr, als die großen Anlageklassen Aktien und Anleihen gleichzeitig verloren. Doch mit der absehbaren Beruhigung an der Zinsfront müsste Markowitz’ Idee eigentlich wieder funktionieren.
Markowitz’ Gedanke ist so schlicht wie schlagend: Durch eine breite Diversifikation oder Streuung des Anlagekapitals verringert ein Anleger das Risiko von Verlusten. Zugleich erzielt er so eine höchstmögliche Rendite bei einem für ihn erträglichen Risiko. Voraussetzung ist, dass man Anlageklassen kombiniert, die möglichst unabhängig voneinander sind, also geringe Korrelationen untereinander aufweisen.
Beispiel gefällig? Aktien liefern längerfristig die beste Rendite. Anleihen federn die typischen Kursschwankungen von Dividendentiteln ab: Ihre Kupons bringen dem Anleger laufende Erträge ein. Zudem legen als sicher geltende Staatsanleihen meist zu, wenn Aktien verlieren, da Anleger dann in die festverzinslichen Papiere flüchten. Daraus leitet sich üblicherweise eine leicht negative Korrelation zwischen Aktien und Staatsanleihen ab. Im vergangenen Jahr mit den ungewöhnlich schnell steigenden Zinsen hat dieser Mechanismus jedoch nicht funktioniert. Auch in Panikphasen bewegen sich meist alle Anlageklassen in die gleiche Richtung. Allerdings ist das oft nur ein vorübergehendes Phänomen. Es ändert nichts an der Sinnhaftigkeit eines diversifizierten Portfolios und an der Grundidee von Markowitz.
Der Zusammenhang zwischen Aktien und Staatsanleihen ist nur ein Beispiel von vielen für eine Risikooptimierung nach Markowitz: China hat einen ganz eigenen Wirtschaftszyklus und kann daher als Diversifikation zu Investments in europäischen und amerikanischen Märkten dienen. Für Japan gilt das auch, wenn auch ein Stück weit weniger als für China. Für einzelne Branchen gilt: Wachstumswerte reagieren auf Zinsen, zyklische Werte auf Konjunktureinbrüche, defensive Werte sind gegen beide Risiken relativ resistent. Auch hier kommt es auf die Mischung an.
Gold und die Kryptowährung Bitcoin wiederum leiden beide unter steigenden Renditen am Zinsmarkt, weil beide keine Zinsen einbringen. Bitcoin ist aber über einen längeren Zeitraum höher mit Aktien korreliert – gerade auch mit hoch bewerteten Titeln. Denn der Kryptobereich ist sehr stimmungsabhängig. Gold ist verglichen damit solider, außerdem reagiert das Edelmetall meist positiv, wenn Stress im Finanzsystem auftritt. Deshalb setzen auch viele Fondsmanager auf Gold als Stabilitätsanker im Depot.
Unser Rat:
Markowitz ist nicht tot. Er lebt weiter in vielen gut strukturierten Depots. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass jede einzelne Depotposition im Plus ist, solange die Gesamtrichtung stimmt. Auch vermeintlich „langweilige“ Positionen können aus Gründen der Risikostreuung langfristig Sinn machen.
Marktkommentar von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG