Kombination verschiedener Faktoren erhöht Inflationsgefahr

11.03.2021

Dr. Holger Brauer - Foto: © Nomura AM

Inflation ist in diesen Tagen überall zu hören. Was könnte zu einem spürbaren, nachhaltigen Preisanstieg beitragen? Dr. Holger Brauer, Senior Portfolio Manager bei Nomura Asset Management, gibt im finanzwelt-Talk seine Einschätzung ab.

finanzwelt: Viel wird derzeit von einer Inflationsgefahr gesprochen. Wie realistisch ist diese „Gefahr“? Dr. Holger Brauer: Kurzfristig – in den kommenden Monaten – erwarten wir ein Anziehen der Inflationsraten, getrieben durch den Anstieg der Ölpreise. Dieser sollte sich dann noch einmal verstärken, wenn die Lockerungen in den Ländern den Tourismus und den Konsum wiederbeleben und hier Preisanhebungen ermöglichen. Dieser Anstieg sollte je nach Land etwas über bzw. unter den Inflationszielen der Notenbanken bleiben. Also ein spürbarer Anstieg der Inflation gegenüber dem Vorjahr, aber keine ausufernde Inflation.

Die „Inflationsgefahr“ – das Risiko einer nachhaltig höheren Lohn-Preisspirale – hat sich in den vergangenen Monaten deutlich erhöht, auch wenn es in den einzelnen Monatswerten nicht immer sichtbar wird. Für uns ist es dabei die Kombination aus mehreren Faktoren, die uns Sorgen bereitet. Erstens wächst die für die Inflation relevante Geld­menge (M3 bzw. M2 in den USA) mit der zwei- bis dreifachen Rate gegenüber vor der Krise (Stand Dezember 2020: USA M2 +24,6%, Euro-Raum M3 +12,3%, Japan M2+CD + 9,1%, alle Werte ggü. Vj.). Dies ist ein großer Unterschied zur Finanzkrise 2008/2009, wo nur die Zentralbankgeldmenge wuchs, nicht aber die relevanten „breiten“ Geldmengen.

Zweitens stützen quasi alle Staaten und insbesondere die US-Regierung die Nachfrage über eine expansive Fiskalpolitik. Diese wirkt z.T. verzögert und kann zusammen mit der Normalisierung der Konsum­nachfrage zu einem Überhitzen am Markt (technisch ausgedrückt: einer Schließung des Output-gaps) und damit Preissteigerungen führen. Dies wird gerade für die USA diskutiert, wo das gerade verabschiedete Fiskalpaket die berechnete Produktions­lücke weit übersteigt. Zudem nimmt die durch Aufkäufe der Notenbanken finanzierte Fiskalpolitik den Währungshütern die Möglichkeit, einem Inflationsanstieg durch eine Verknappung der Geldmenge entgegenzusteuern. Hier passt jetzt das Bild von der Zahnpasta, die nicht mehr zurück in die Tube kann.

Drittens erhöht der Klimawandel das Inflationsrisiko, direkt über CO2-Steuern oder indirekt über Ressourcen-Knappheit, z.B. Wasser, und damit einhergehende potenzielle Preissteigerungen. Viertens, und das ist nicht zu unterschätzen, führt die durch Trump eingeleitete und sich durch die COVID-Krise beschleunigende De-Globalisierung dazu, dass die Gewerkschaften bzw. die Arbeitnehmer mehr Einfluss bekommen und besser Lohnerhöhungen durchsetzen können. Dies wird nicht in 2021 oder 2022 der Fall sein, sich aber im Trend bemerkbar machen. Indizien in diese Richtung sind die geplante Anhebung der Mindestlöhne in den USA und die entsprechenden Forderungen in den europäischen Staaten. Jeder Faktor für sich würde nicht reichen, die Kombination der Faktoren ist es, die für uns die Inflationsgefahren so deutlich erhöht hat.

finanzwelt: Haben wir in den zurückliegenden Dekaden vergleichbare Marktphasen einer langsam anziehenden Inflation erlebt? Dr. Brauer: Am ehesten vergleichbar ist die zweite Hälfte der 60iger Jahre und der Anfang der 70iger Jahre. Hier stieg die US-Inflation allmählich von 1% auf knapp 6% p.a., bevor sie sich dann etwas beruhigte, u.a. aufgrund von staatlichen Preiskontrollen (unter dem Republikaner Nixon!), um dann in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zwischen 3% und 15% zu schwanken.

finanzwelt: Welche Spuren hinterlässt dieses Gespenst an den Rentenmärkten? Dr. Brauer: Die Versteilung der Rentenkurve, d.h. die Berücksichtigung von Inflationsrisiken und möglichen Leitzinsanhebungen der Notenbanken bei den länger laufenden Anleihen sind die Folge der gestiegenen Inflationsrisiken.

Auch wenn wir hier bereits einen Großteil gesehen haben, so könnte sich der ‚Versteilerungstrend‘ bei den Renditen noch etwas fortsetzen und ggf. auch noch zu kurzfristigen Übertreibungen führen.

finanzwelt: Wie würden sich steigende Preise an den Aktienmärkten bemerkbar machen (Druck auf Aktienmärkte)? Dr. Brauer: Steigende Preise sind im ersten Schritt positiv für Aktien, da die Unter­nehmen so ihre Umsätze und Margen steigern. Erst wenn die Lohn­anstiege die Preisanstiege dominieren, könnte es direkt negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte geben.

Wichtiger dürften zwei indirekte Folgen sein: Ein sich beschleunigender Trend steigender Preise dürfte die Notenbanken zu einer früher als bisher erwarteten Abkehr von ihrer expansiven Geldpolitik führen. Die Erwartung steigender Leitzinsen ist nun einmal negativ für Aktien – oder anders ausgedrückt: Höhere Erträge bei den Anleihen locken Investoren von den Aktien- zurück in die Rentenmärkte.

Zweitens dürfte es zu einer Verschiebung innerhalb des Aktienmarktes kommen: Value-Aktien profitieren von steigenden Preisen mehr als Growth-Aktien. Die Bewertung letzterer wird u.a. auch von den steigenden Abdiskontierungsfaktoren belastet, da bei Growth-Aktien die Gewinne ja schwerpunktmäßig in der ferneren Zukunft liegen.

finanzwelt: Wie sollten Investoren mit der Inflation umgehen (Stichwort: inflationsgeschützte Anleihen)? Dr. Brauer: Den besten Schutz vor Inflation bieten langlebige Konsumgüter aber auch das Eigenheim. Diese kann man unabhängig von der Inflation nutzen und genießen.

Bei den Finanzanlagen bieten inflationsgeschützte Anleihen nicht nur einen sehr guten, langfristigen Schutz vor Inflation, sondern auch eine günstige Art sich gegen negative Überraschungen bei der Inflation zu versichern – wer weiß schon genau was die Zukunft bietet. Gemessen an den Inflationserwartungen und den Preisen für ‚normale‘ nominale Staatsanleihen ist diese implizite Versicherung nahezu kostenlos. Inflationsindexierte Anleihen kompensieren also den Anteil der Inflation an der nominalen Rendite, nicht aber Änderungen in der realen Rendite. Die reale Rendite schwankt in der Regel weniger als die nominale Rendite. Deshalb sind inflationsindexierte bei gleicher Laufzeit weniger volatil als normale, nominale Staatsanleihen. Trotz der aktuell niedrigen laufenden Verzinsung sind inflationsgeschützte Anleihen deshalb ein ‚muss‘ in jedem gut diversifizierten Portfolio.

Einen teilweisen Inflationsschutz bieten aber auch Kombinationen aus ‚real-wirtschaftlichen‘ Anlagen, wie Aktien, Immobilien und Rohstoffe. Hier muss man aber genauer auf die speziellen Rahmenbedingungen der berücksichtigten Anlagen achten. Gold bietet keinen direkten Schutz vor Inflation, sondern reiht sich als guter ‚Diversifikator‘ lediglich in die Liste der anderen Rohstoffe ein.

finanzwelt: Ist Inflation ringsum auf dem Globus ein Thema? Dr. Brauer: Inflation ist ein globales Thema, da die Märkte eng miteinander verbunden sind. Öl-, Getreide- und andere Rohstoffpreise sind dabei der wichtigste Faktor. Es gibt aber auch große regionale Unterschiede: So sehen wir zurzeit in Japan fallende Preise, da hier der schwache Arbeitsmarkt und die Demographie belasten. Auch in China führen lokale Ereignisse, so die Schweinepest und die in deren Folge explodierenden Schweinefleischpreise vor der COVID-Krise, jetzt in der Normalisierung zu geringeren Preisanstiegen.

finanzwelt: Welche Lösungen bieten Sie in diesem Segment an – bzw. zum Schutz vor einer anziehenden Inflation? Dr. Brauer: Nomura Asset Management ist nicht nur bekannt für seine asiatischen und japanischen Aktienfonds, sondern einer der führenden Anbieter von Fonds inflationsgeschützter Anleihen. Der Nomura Real Return Fonds (ISIN DE0008484361, R-EUR Anteilsklasse) investiert seit 2005 weltweit in inflationsgeschützte Anleihen aus hoch gerateten OECD Staaten über alle Laufzeiten hinweg. Er kann damit sowohl von den globalen Inflationstrends profitieren als auch die regionalen Unter­schiede ausnutzen. Er wird von Morningstar mit 4-Sternen bewertet und gewinnt immer wieder diverse Auszeichnungen. Der Fonds bietet eine optimale strategische Ergänzung für die Portfolien. In der jetzigen Phase kurzfristig steigender Inflation und Renditen bietet der auf kurze Laufzeiten fokussierte Nomura Real Protect Fonds die richtige taktische Ergänzung. (ah)