Klare Kante
04.08.2015
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Ein einziger Vertrag für viele unterschiedliche Risiken. Innerhalb der Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist dies seit geraumer Zeit nicht nur möglich, vielmehr entdecken immer mehr Versicherer dieses Geschäftsfeld. Makler sollten allerdings dicht dran sein an ihren Kunden, denn eine umfassende Beratung tut not.
Früher als Terminus aus der Sachversicherung bekannt, müssen Makler plötzlich umdenken. Wenn sie Kunden über Berufsunfähigkeitspolicen nur unzureichend oder überhaupt nicht versichern können, finden sie in diesen Modellen eine durchaus bedenkenswerte Alternative. Schließlich definieren auch sie sich über Rentenleistungen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht:
Multirisk-Verträge gibt es nach Art der Unfallversicherung und
nach Art der Lebensversicherung.
So erläutert Peter Schneider, Geschäftsführer MORGEN & MORGEN: „Neben doch teilweise recht starken Unterschieden bei den Leistungsmerkmalen ist die Kalkulationsgrundlage nach Art der Schaden- oder Lebensversicherung ein ganz wesentliches Unterschiedsmerkmal. So fällt zum Beispiel auf, dass bei Policen nach Art der Schadenversicherung, also wie in der Unfallversicherung üblich, die Beiträge tendenziell zu Beginn der Laufzeit geringer sind als bei Tarifen, die nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind.“ Dies liege daran, dass Lebensversicherer aufgrund der Überschusssysteme grundsätzlich anders kalkulieren könnten und auch müssten als Schadenversicherer. Dieser systematische Unterschied finde dann bei Themen wie Beitragsanpassungen und Kündigungen teilweise Niederschlag, und zwar bei den an die Unfallversicherung angelehnten Tarifen. Auf die unterschiedlich hohen Beiträge spielt auch Maximilian Buddecke an, Leiter Maklervertrieb in der Versicherungsgruppe die Bayerische: „Es gibt im Bereich der Leistungen, aber eben auch im Bereich des Preises deutliche Unterschiede.“ Und Edgar Heck, Leiter Risikoprodukte Vorsorge bei AXA, ergänzt: „Mit den Multirisk-Produkten wurde im ersten Schritt die Unfallversicherung um Grundfähigkeiten, schwere Organerkrankungen und um Pflegebedürftigkeit erweitert. Nun sind erste Multirisk-Produkte in Form einer leistungsstärkeren Lebensversicherung, aber auch mit deutlich höherem Preis eingeführt worden, die bei körperlich Tätigen eher mit einer EU konkurrieren.“
Gerade Grundfähigkeiten sind häufig Grund für Diskussionen
zwischen Kunde, Versicherern und den Maklern mittendrin.
Denn der Leistungsfall wird von den Anbietern der Policen sehr unterschiedlich bewertet. Buddecke nennt einen denkbaren Grund: „Das kommt darauf an, auf welcher Basis die Tarife kalkuliert sind. Mindestens sollten wohl die relevantesten Grundfähigkeiten abgesichert sein, hierzu gehören Sehen, Orientieren, Sprechen und Hören.“ Bei beiden Arten kämen noch weitere Grundfähigkeiten hinzu, wobei die Leben-Tarife in der Regel etwas früher leisteten als die Unfall-Tarife. Buddecke: „Hier kann ich nur den Tipp geben, mit dem Kunden über seinen individuellen Bedarf zu sprechen und im Detail zu vergleichen.“ Doch dazu gehört eine ganze Menge Fachkenntnis. Schneider: „Es ist schwer zu bewerten, welcher Tarif im Bereich der Grundfähigkeiten eine bessere Regelung hat. Einerseits sind die Kataloge der Grundfähigkeiten, die bei Verlust zur Leistung führen, von der Detailtiefe her unterschiedlich. Bei gröberen Katalogen genügt bereits der Verlust einer der aufgeführten Grundfähigkeiten, um die Leistung zu erhalten, bei detaillierteren Katalogen erhält man beispielsweise erst eine Leistung, wenn man mehrere der Grundfähigkeiten verloren hat.“ Zusätzlich seien die genauen Definitionen der Grundfähigkeiten unterschiedlich, wie es beispielsweise bei den „geistigen“ Grundfähigkeiten deutlich werde. Es würden unterschiedlichste Begriffe, wie etwa „Intellekt“, „sich orientieren“, „eigenverantwortliches Handeln“ oder „geistige Leistungsfähigkeit“, genannt. Bei der Beratung sollte der Makler sich am Bedarf des Kunden orientieren. Eine Grundfähigkeit, die sein Kunde im Alltag häufig benötige – wie zum Beispiel ein Fliesenleger das Knien – sollte nach Möglichkeit schon als alleiniger Leistungsauslöser reichen.
Stellt sich die Frage, ob psychische Erkrankungen
ausreichend gewürdigt werden.
Ganz eindeutig fällt die Antwort nicht aus, sagt doch Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA: „Ja und nein. Natürlich sind psychische Erkrankungen, die häufig zu einer temporären Leistung führen, in der BU-Versicherung eher abgedeckt als in der Existenzschutzversicherung (ESV, Produkt der AXA, d. Red.).“ Aber auch in ihr werde nach psychischen Erkrankungen geleistet, da diese zum Beispiel zu einer Pflegestufe führen können, welches ein klarer Leistungsauslöser der ESV sei.
Beitragsanpassungen, Kündigungen.
Ein ganz anderes Thema ist das mitunter anzutreffende Recht des Versicherers auf Beitragsanpassungen und Kündigungen. Buddecke sagt hierzu: „Bezüglich der Kalkulation im Bereich der Unfall-Tarife gibt es deutliche Unterschiede, hier bin ich persönlich Fan einer risikogerechten Kalkulation, wo der Kunde im jungen Alter von den niedrigen Beiträgen profitiert und diese dann sukzessiv steigen.“ Die Alternative seien geglättete Tarife, hier könne der Versicherer später aber auch anpassen, so dass der Kunde das Risiko trage, nie von den günstigeren Beiträgen zu profitieren. Buddecke: „Zum Thema Kündigung seitens der Versicherer habe ich eine klare Haltung: Dieses Risiko würde ich für den Kunden vermeiden.“ Schneider geht noch einen Schritt weiter: „Beitragsanpassungen sind für Versicherte immer ein mögliches Risiko. So steht doch die Gefahr im Raum, dass der Kunde irgendwann und vielleicht gerade dann, wenn er aufgrund seines Alters oder seines Gesundheitszustandes den Versicherer nicht mehr wechseln kann, mit einem so hohen Beitrag konfrontiert wird, dass er möglicherweise gezwungen ist, sich von dem Versicherungsvertrag zu trennen.“ Ein uneingeschränktes Kündigungsrecht des Versicherers sei zudem ein so gravierendes Leistungsmerkmal, dass der Makler dieses unbedingt mit seinen Kunden besprechen sollte. _(hwt)
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