Index-Schmuser – keiner hat sie lieb
08.03.2018
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Gute Nachrichten für Fondsanleger, schlechte Nachrichten für die Investmentgesellschaften. Nach langem und anhaltenden Bohren der Verbraucherschützer hat nach der norwegischen nun auch die britische Aufsicht bei den so genannten Index-Schmusern zugeschlagen und verordnet den bei dieser üblen Praxis ertappten Gesellschaften die Zahlung von Schadenersatz an die geschädigten Anleger. Nach Informationen der Verbraucherschützer sollen für insgesamt 64 Fonds zusammen 32 Mio. Pfund (rund 36,4 Mio. Euro) fällig werden.
Der stark auf wenige große Häuser konzentrierte Wettbewerb unter den Anbietern von Investmentfonds fördert die Neigung der Asset-Manager, sich auf Risikovermeidung zu konzentrieren. Wobei die Risikovermeidung sich nicht auf die aus Sicht der Anlagegesellschaften weniger wichtigen Erträge der Portfolios, sondern auf die relative Position zu den Wettbewerbern bezieht. Die erste Regel lautet: Niemals schlechter sein als die Konkurrenz. Ob das Ergebnis für die Anleger dabei gut oder schlecht ist, interessiert nicht. Ergebnis: Die so genannten aktiven Manager kleben so eng an ihrem jeweiligen Index, dass ihre Fonds kaum mehr von rein passiven Produkten unterscheidbar sind – außer bei den vereinnahmten Gebühren. Die sind bei den aktiv gemangten Fonds deutlich höher, als bei den passiven Instrumenten wie ETF – auch dann, wenn die Fonds sehr eng am jeweiligen Index geführt werden.
Der Schaden für die Anleger besteht genau genommen darin, dass sie die höheren Gebühren für einen aktiv gemanagten Fonds zahlen um damit die Chance auf Erträge über dem allgemeinen Niveau des Marktes zu erhalten. Wenn die Fonds dann aber trotzdem nur den Index nachbilden, können keine Übergewinne erzielt werden. Zur Erinnerung: Alle Investoren zusammen können nur so viel Gewinn machen, wie alle zur Verfügung stehenden Fonds (oder andere Aktiva) gemeinsam an Gewinn generieren. Wer also das Portfolio proportional zum Markt (Index) kauft, erhält einen proportionalen Anteil vom Ertrag. Übergewinne über diese Markt- oder Indexrendite hinaus sind nur erzielbar, wenn man abweichend vom Gesamtmarkt anlegt. Von daher ist klar: Die Fondsgesellschaften verkaufen gewissermaßen Lose für eine Lotterie, die niemals in der versprochenen Form stattfindet und erklären den düpierten Käufern dann, sie hätten halt allesamt Nieten gezogen. Die Ähnlichkeit dieser Strategie mit den Gaunereien des weitgehend verblichenen „Grauen Marktes“ ist unverkennbar.
Der exakte Nachweis ist allerdings nicht ganz so einfach. Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA bediente sich bei einer Studie von 2016 dreier Kriterien in unterschiedlichen Abstufungen:
Zunächst wird der „active share“ (in etwa: aktiver Anteil) betrachtet, der in Prozent die Größe des Portfolioanteils ist, der nicht mit dem zugrunde liegenden Index übereinstimmt. Zweites Kriterium ist der „tracking error“, der auf die Ertragsverteilungen von Index und Fonds vergleicht und dazu die Streuung der Differenz zwischen beiden Größen heranzieht. Damit wird greifbarer, wie unabhängig das Fondsportfolio sich vom Index entwickelt. Bei einem echten „aktiven“ Fonds sollte die Streuung hoch sein, weil die Differenzen eher zufällig entstehen wenn der Fonds mal mehr, mal weniger vom Index abweicht. Je enger der Fonds am Index klebt desto geringer werden die Differenzen, weil Abweichungen in der Zusammensetzung gegen Null gehen. Als dritte Größe kommt die Korrelation der Erträge hinzu, die zeigt, wie hoch der vom Index erklärte Anteil der Fondserträge ist. Die ESMA untersuchte 1251 Fonds aus ihrem Aufsichtsbereich. Für die Größen müssen dann Schwellenwerte gefunden, die die ESMA in ihrer Studie nach Plausibilitätsaspekten variierte und kam damit zum Ergebnis, dass zwischen 5% und 15% aller untersuchten Fonds diese Strategie zulasten ihrer Anleger fahren.
Die Aktionen der Aufsichtsbehörden (jetzt UK, zuvor schon in Norwegen) zeigen, dass hier etwas in Bewegung kommt. Wer sich darauf nicht rechtzeitig einzustellen vermag, kann sich bei den Managern der offenen Immobilienfonds alten Stils nach den Konsequenzen erkundigen. (mk)