Im Schwarm finanzieren

24.04.2023

Michael Höllen ist Geschäftsführer der digitalen Investmentplattform WI Funding - Foto: © Martini Media

Viele kennen sie und machen bereits Gebrauch von ihnen: Crowdfinanzierungen – also Formen der Finanzierung, bei der eine Gruppe von Menschen gemeinsam Geldmittel für ein konkretes Projekt bereitstellt. Üblicherweise lassen sich so neue Start-ups, innovative Ideen oder soziale Initiativen protegieren. Im finanzwelt-Interview erklärt Schwarmfinanzierungsexperte Michael Höllen, Geschäftsführer der digitalen Invest-mentplattform WI Funding, nachhaltige Kapitalanlagen und liefert Einblicke zu einem bislang noch recht unbekannten Begriff: Crowdlending.

finanzwelt: Zunächst einmal: Was sind die Vorteile der Crowdfinanzierungen?
Höllen: Dank Crowdfinanzierungen lassen sich Projekte auf alternative Art und Weise realisieren. Die Initiatoren eines solchen Vorhabens kommen an Kapital, ohne auf traditionelle Finanzierungsinstrumente wie Bankkredite oder Venture-Capital zurückgreifen zu müssen. Außerdem sprechen Crowdfinanzierungen eine breitere Basis von Unter-stützenden an und sorgen so rasch für einen hohen Bekanntheitsgrad des Projekts. Abhängig von der Investitionssumme, erlangen Finanziers nach Abschluss einer Schwarmfinanzierung verschiedene Boni oder Belohnungen.

finanzwelt: Es gibt es innerhalb der Crowdfinanzierung unterschiedliche Formate: Crowdfunding und Crowdlending. Worin liegt der Unterschied?
Höllen: Bei Crowdfundings handelt es sich in der Regel um eine Form der Reward-Based-Finanzierungen. Hierbei investieren mehrere Personen im Schwarm in ein Projekt und erhalten im Gegenzug eine nicht-finanzielle Belohnung wie zum Beispiel ein Produkt oder eine Dienstleistung des Projektinhabers. Crowdlendings hingegen stellen Debt-Based-Finanzierungen dar. Mit anderen Worten: Investoren vergeben ein Darlehen an den Projektinhaber, welches dieser zu einem späteren Zeitpunkt zurückzahlt – meist inklusive rentabler Zinsen.

finanzwelt: Ihr Unternehmen hat sich ganz dem Crowdlending verschrieben.
Sie stellen damit Kapitalanlageinteressierten eine Vielzahl von nachhaltigen Investmentoptionen aus dem Segment der erneuerbaren Energien bereit. Warum gerade Erneuerbare, worin liegt hier der Vorteil?

Höllen: In den letzten Jahren nahm das Interesse an nachhaltigen Projekten und Investments in erneuerbare Energien deutlich zu. Einerseits spielen die Folgen des Klimawandels und die Notwendigkeit, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, eine tragende Rolle. Andererseits hegen immer mehr Menschen den Wunsch, in puncto Klimaschutz eine aktive Funktion zu übernehmen und suchen somit folgerichtig nach Möglichkeiten der nachhaltigen Kapitalinvestments. Die wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen hierfür stehen gut. Denn technologischer Fortschritt und eine steigende Nachfrage ließen die Kosten für erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft in den letzten Jahren massiv sinken. So sehr, dass sie sich immer stärker gegenüber fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas durchsetzen. Das führt dazu, dass viele Länder erneuerbare Energien mittlerweile als wettbewerbsfähig wahrnehmen und diese auch ohne staatliche Subventionen rentabel betreiben.

Hier kommen alternative Finanzierungsformen wie das Crowdlending ins Spiel. Auf digitalen Beratungs- und Investment-Plattformen investieren Anleger direkt in Projekte bei meist kurzer bis mittelfristiger Laufzeit und lukrativen Renditen. Gleichzeitig finanzieren Projektinhaber ihre Vorhaben schneller und einfacher, was sie unabhängiger von Banken und anderen Finanzinstituten macht. Auf nachhaltige Projekte wie Photovoltaik-Anlagen wirkt sich Crowdlending besonders vorteilhaft aus: Sie sind oft an hohe Investitionskosten gekoppelt und weisen eine lange Laufzeit auf. Durch Crowdfunding und Crowdlending lassen sich solche Kosten auf viele Investoren aufteilen, was das Risiko für den Einzelinvestor senkt und das Projekt finanzierbar macht.

finanzwelt: Welche Risikopotenziale stecken in dieser Form der Investments?
Höllen: Kein Finanzierungsprojekt bleibt ganz ohne Restrisiko – das gilt nicht nur für Crowdfinanzierungen, sondern auch für traditionelle Investments. Viele Plattformen bieten daher eine Art Risikobewertung an, die Unwägbarkeiten und Eventualitäten zu einem Projekt transparent einschätzen und den Investoren eine Entscheidungshilfe geben.

finanzwelt: Wie bewerten Sie die Regulatoren und Prüfverfahren der BaFin auf nachhaltige Geldanlagen mittels Crowdlending?
Höllen: Ein nachhaltiges Projekt muss in erster Linie ökologischen und sozialverträglichen Maßstäben entsprechen. Wenngleich nach wie vor keine einheitlichen Mindeststandards für nachhaltige Geldanlagen existieren, dienen umfangreiche ESG-Kriterienkataloge und die EU-Taxonomie als verlässliche Referenzquellen. Somit zeigen sich nur BaFin-konforme Projekte als kredibel.

finanzwelt: Wie sieht die Zukunft von Crowdfinanzierungen und nachhaltigen Investments aus?
Höllen: Crowdfinanzierungen gewinnen in Zukunft noch mehr an Bedeutung, da sie eine Möglichkeit der Finanzierung unterschiedlicher Projekte eröffnen, die ansonsten Schwierigkeiten hätten, an Kapital zu kommen. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung weiter. Die WI Funding setzt daher auch künftig alles daran, nachhaltige Photovoltaik-Projekte zu realisieren und somit Kapitalanlegenden eine Anlagenklasse grüner zu bieten.

(ml)