Goldanlage und Inflationssicherheit
30.08.2023
Gold in turbulenten Zeiten: Ronny Wagner (Foto) über die Bedeutung für Zentralbanken und Staatsfonds. © Noble Metal Factory
In turbulenten Zeiten erweist sich Gold als zuverlässiger Inflationsschutz. Kein Wunder, dass es zunehmend in den Fokus von Zentralbanken und Staatsfonds rückt. Doch was steckt hinter der unerschütterlichen Wertstabilität des Goldes und wie begegnen die Zentralbanken den aktuellen Herausforderungen inmitten von Inflation und Unsicherheit? Das erklärt Ronny Wagner, Experte und Gründer der Noble Metal Factory, im Interview.
Sowohl Zentralbanken als auch Staatsfonds schichten ihre Portfolios in Richtung Gold um, um sich vor Inflation zu schützen. Warum ist Gold als Inflationsschutz so attraktiv und welche historischen Belege stützen diese Ansicht?
„Gold ist seit Jahrtausenden ein bewährter Wertspeicher und Inflationsschutz. Seine Attraktivität beruht auf seiner begrenzten Verfügbarkeit im Gegensatz zu dem von den Zentralbanken beliebig druckbaren Geld. Diese Beschränkung macht es resistent gegen Entwertung durch exzessive Geldschöpfung und damit zu einem stabilen Wertaufbewahrungsmittel. Anders als Papiergeld ist Gold nicht anfällig für Hyperinflation oder Wertverfall. Zudem birgt es kein Gegenparteirisiko, da es physisch vorhanden ist und keine dritte Partei zur Wertbestätigung benötigt.
Neben seiner begrenzten Verfügbarkeit bietet Gold weltweit eine hohe Liquidität. Historisch gesehen hat es seinen Wert vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit bewahrt. In Hyperinflationen wie in der Weimarer Republik (1920er Jahre) oder in Simbabwe (2000er Jahre) blieb Gold relativ wertstabil. In den 1970er Jahren stieg der Goldpreis trotz hoher Inflation in den USA und anderen Ländern. Auch während der Finanzkrise 2008 erwies sich Gold als sicherer Hafen, wenngleich sein Preis kurzfristig volatil sein kann. Neben der begrenzten Verfügbarkeit bestimmen Zinssätze, geopolitische Ereignisse und die Stimmung an den Finanzmärkten die Attraktivität von Gold."
Während der Pandemie wurde die Inflation von einigen Zentralbanken als vorübergehend bezeichnet. Glauben Sie, dass diese Haltung nun verschwindet und die Zentralbanken sich besser auf Inflation vorbereiten? Und warum?
„Während der COVID-19-Pandemie ergriffen die Zentralbanken weltweit beispiellose geld- und fiskalpolitische Stimulierungsmaßnahmen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise abzufedern. Diese Maßnahmen lösten intensive Diskussionen über das Inflationsrisiko aus. Zunächst wurde der Anstieg der Inflationsraten von vielen Zentralbanken und Ökonomen als vorübergehend angesehen und auf temporäre Faktoren wie Engpässe in der Versorgungskette und eine Erholung der Nachfrage nach der Pandemie zurückgeführt.
Die aktuelle Situation stellt die Zentralbanken jedoch vor ein beispielloses Dilemma. Einerseits gilt es, die Inflation in Schach zu halten und das Vertrauen in die Kaufkraft der Währung zu erhalten. Andererseits ist das wirtschaftliche Umfeld durch eine hohe Verschuldung sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors gekennzeichnet. Ein deutlicher Zinsanstieg könnte diese Schuldenlast unbezahlbar machen und die Wirtschaft in den Ruin treiben.
Vor diesem Hintergrund könnte es für die Zentralbanken schwierig werden, das richtige Gleichgewicht zwischen Inflationsbekämpfung und Unterstützung der wirtschaftlichen Stabilität zu finden. Angesichts der Erwartung eines Wiederaufflammens der Inflation werden die nächsten Schritte der Zentralbanken entscheidend sein, um das Vertrauen in die Wirtschaft aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Risiken eines Schuldendebakels zu minimieren.“
Zentralbanken planen, ihre Goldbestände zu erhöhen. Was sind die Gründe für diesen verstärkten Fokus auf Gold als langfristige Absicherung? Gibt es Risiken oder Bedenken, die damit verbunden sein könnten?
„Gold gilt traditionell als sicherer Hafen und Schutz vor Inflation und Geldentwertung. Insbesondere in unsicheren Zeiten, die durch geopolitische Spannungen oder Finanzunruhen geprägt sind, wird Gold als "Versicherung" gegen unvorhersehbare Marktveränderungen angesehen. Ein weiteres Argument für Gold ist die Diversifizierung der Reserven. Es reagiert oft entgegengesetzt zu anderen Anlageklassen, was als Puffer gegen Marktschwankungen dient. Zentralbanken könnten auch versuchen, ihre Abhängigkeit von Leitwährungen wie dem US-Dollar durch den Kauf von Gold zu verringern, da der Dollar eine dominante Position in der globalen Finanzarchitektur einnimmt.
Trotz der Vorteile von Gold gibt es aber auch Risiken. Der Goldpreis ist volatil und unterliegt zahlreichen Einflussfaktoren. Eine massive Ausweitung der Goldkäufe durch die Zentralbanken könnte den Goldmarkt destabilisieren. Im Gegensatz zu Staatsanleihen wirft Gold keine laufenden Erträge ab.
Zusammenfassend zeigt das gestiegene Interesse der Zentralbanken an Gold die Wertschätzung des Edelmetalls als wichtiger Bestandteil ihrer Reservestrategie. Dennoch ist es wichtig, die Entwicklungen auf dem Goldmarkt und die Strategien der Zentralbanken im Auge zu behalten, um die langfristigen Auswirkungen und möglichen Risiken zu verstehen.“
Gold ist im Vergleich zu Staatsanleihen weniger ausfallgefährdet. Können Sie erklären, wie geopolitische Ereignisse und wirtschaftliche Turbulenzen den Wert von Gold als sicherer Hafen beeinflussen? Gibt es historische Beispiele, die diese Stabilität belegen?
„Im Gegensatz zu Staatsanleihen birgt es kein Zahlungsausfall- oder Inflationsrisiko, da es unabhängig von Gegenparteien ist und physisch greifbar bleibt. Staatsanleihen hingegen sind an die finanzielle Stabilität und Zahlungsfähigkeit eines Landes gebunden. Historische Fälle wie die Zahlungsunfähigkeit Argentiniens im Jahr 2001 oder die Schuldenkrise Griechenlands im Jahr 2011 unterstreichen deren Risiken und die Attraktivität von Gold als Anlage.
In unsicheren Zeiten ziehen sich Anleger oft aus volatilen Märkten zurück und investieren in Gold, das stabil bleibt oder steigt. Dies war während der Finanzkrise 2008, des Zusammenbruchs von Bretton Woods und des Golfkriegs in den 1990er Jahren der Fall.“
Weiter auf Seite 2