Global denken – lokal handeln?

26.08.2015

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Das Zinsniveau ist äußerst niedrig und eine Trendwende noch nicht in Sicht. Vor diesem Hintergrund erscheinen Aktien im Berateralltag fast schon „alternativlos“, zumal diese Assetklasse auch in der Vergangenheit ordentliche Erträge erwirtschaftet hat.

Diese These lässt sich anführen, obgleich das Börsenwetter der vergangenen Wochen und Tage sehr ungemütlich bis erschaudernd war. Soweit, so gut. Doch trauen sich Berater und Investoren zu, den Blick über die Landesgrenzen zu werfen?

Die Heimatverbundenheit der Bundesbürger ist groß. Wie weit gehen daher eigener Horizont und Mut bei der Geldanlage? Was können Berater letztlich tun? Richten sie ihren Fokus ausschließlich auf bekannte deutsche Indizes wie den DAX bzw. M- und S-DAX?

Diese Frage muss mit einem deutlichen „Ja“ beantwortet werden. In der aktuellen Trend-Umfrage des Deutschen Derivate Verbands, an der sich mehr als 2.700 Personen beteiligten, gaben 70 % der Befragten an, dass sie sich bei Anlage- und Hebelprodukten primär für den DAX als Index-Basiswert entscheiden. Knapp 11 % sprachen sich für den M-DAX und/oder S-DAX aus. Der Dow Jones kommt auf einen Anteil von 8,6 %, liegt damit aber noch vor dem Euro Stoxx 50 (7,8 %). Nur knapp 3 % entscheiden sich bei ihrer Auswahl für den Nikkei 225 als bevorzugten Index.

Viele investieren also nach dem Motto: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“.

Sie vertrauen eher deutschen Unternehmen und deren Zukunfts- und Innovationsfähigkeit. Natürlich erwirtschaften viele DAX-Titel auch einen erheblichen Umsatzanteil im Ausland. So setzte bspw. Bayer im vergangenen Jahr mehr als 9 Mrd. Euro in der Region Asien/ Pazifik um. Auch für die Automobilbranche ist der Absatz jenseits unserer Landesgrenzen wichtig. Insofern kauft man sich über ein DAX-Investment auch ein Stück Internationalität mit ein.

Aber stimmt auch die Performance der bevorzugten Indizes?

In den zurückliegenden Jahren sind Anleger mit dem Deutschen Aktienindex außerordentlich gut gefahren. Der Leitindex legte 2012 und 2013 jeweils zweistellig zu und auch 2014 konnte sich die Performance sehen lassen. In diesem Jahr ließ sich der positive Trend erst fortschreiben, dann zogen düstere Wolken am Himmel auf und verhagelten die Bilanz. Seit seinem Höchststand im April bei 12.374 Punkten ging es mit dem DAX zunächst eher seitwärts bis leicht negativ, im August rauschte der Index dann nach unten und steht aktuell (25.08.2015) bei knapp 9.900 Zählern. Dies ist in etwa das Niveau vom Jahresbeginn.

Der kleinere und 50 Titel umfassende M-DAX ist seit Jahresanfang sogar um ca. 9 % auf aktuell rund 19.100 Zähler gestiegen. Der US-amerikanische Dow Jones schneidet deutlich schlechter ab und muss mit Einbußen um die

10 % seit Januar 2015 leben. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass der Dow Jones auf Grundlage einer sich besser entwickelnden US-amerikanischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren ebenfalls gut abgeschnitten hatte.

Und was macht der Nikkei 225? Im Sommer 2014 stand der japanische Index bei 15.000 Punkten, startete dann aber durch und hatte zwischenzeitlich die Marke von 20.000 Punkten überwunden. Der Talfahrt konnte sich auch der Nikkei nicht entziehen, so dass man in Tokio momentan noch bei ca. 18.000 Punkten steht. Die japanische Notenbank hält derzeit ihre Geldschleusen weit geöffnet und blickt zuversichtlich auf die Konjunktur.

Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten?

„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt?“ Diese Fragen stellen sich Vermittler im Berateralltag und es ist zunehmend schwierig, darauf klare und eindeutige Antworten zu finden. Allerdings sollten sich Vermittler zunehmend bewusst werden, dass sie mit einer breiten Streuung über Assetklassen und Länder hinweg langfristig das Richtige tun. Natürlich gilt, dass etwaige Abschwünge, rezessive Tendenzen oder ein Drehen an der Zinsschraube immer auch spürbare Auswirkungen auf andere Märkte haben. Generell kann es aber auch künftig durchaus Sinn machen, über die eigenen Landesgrenzen zu schauen und das im Beratungsalltag umzusetzen. Das setzt natürlich auch ein entsprechendes Know-how des Vermittlers voraus, der Auskunft über die jeweiligen Chancen und Risiken des Investments geben sollte. Mit der Veranschaulichung über die Vernetzung der deutschen Unternehmen im internationalen Kontext (beispielsweise in der Automobilindustrie), lassen sich mögliche Vorzüge aber auch potenzielle Gefahrenherde einer breiteren Depotaufstellung relativ einfach erläutern, denn dies versteht ihr Kunde.

Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband (DDV)

Onlineausgabe 03/2015