ESG-Ratings als Kompass für eine nachhaltige Wirtschaft

15.04.2024

Dr. Benjamin Mohr. Foto: Privat

ESG – drei Buchstaben, die viele Unternehmen in den letzten Monaten und Jahren zunehmend beschäftigen. Für die einen ist das Akronym für „Environmental, Social and Governance“ ein schlagkräftiges Marketinginstrument, für viele ist es bereits Teil ihrer Berichtspflicht - bald auch für kleine und mittlere börsennotierte Unternehmen.

Diese Entwicklung spiegelt jedoch nur einen Teil der wachsenden Bedeutung von ESG wider. Vielmehr entscheiden ESG-Kriterien zunehmend über die Profitabilität eines Unternehmens und gewinnen auch bei Finanzierungsfragen an Bedeutung. Dabei wächst der Druck von allen Seiten: Regulatorische Anforderungen verschärfen sich - neben dem bereits erwähnten ESG-Reporting nimmt unter anderem die von der BaFin veröffentlichte 7. MaRisk-Novelle die Finanzinstitute stärker in die Pflicht, und verschiedene Stakeholder wie (potenzielle) Mitarbeitende fordern immer häufiger ein überzeugendes Nachhaltigkeitsprofil.

Es gilt: Nur Unternehmen, die tatsächlich in der Lage sind, eine nachhaltige Transformation zu vollziehen, werden langfristig im Wettbewerb bestehen. Dies erfordert jedoch ein tiefes Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen in Bezug auf Nachhaltigkeit und klare Ziele für Verbesserungen. Die Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung erweist sich jedoch als komplex, da die Interpretationen und Kriterien für ESG teilweise noch von Haus zu Haus variieren.

Professionelle ESG-Ratings bieten hier Orientierung, indem sie die ESG-Performance detailliert bewerten und als Richtschnur für nachhaltiges Wirtschaften dienen. Doch auch hier ist es schwierig, den Überblick zu behalten: Auf dem ESG-Rating-Markt tummeln sich immer mehr Anbieter, die Nachhaltigkeit nach unterschiedlichen Kriterien und Verfahren bewerten. Dies könnte sich langfristig ändern, wenn sich die Ratingsysteme an den europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards orientieren, die eine einheitliche und vergleichbare Bewertung der ESG-Performance von Unternehmen ermöglichen.

ESG-Ratings sind allerdings mehr als nur eine Bewertung: Sie bieten Unternehmen und Finanzdienstleistern schon bereits heute einen Rahmen, um ihre Nachhaltigkeitsentwicklung und Future Readiness messbar und vergleichbar zu machen. Sie helfen Unternehmen nicht nur dabei zu erkennen, wo sie bereits gut aufgestellt sind und wo sie gegebenenfalls noch nachjustieren müssen, um ihre Performance in einer der drei Disziplinen Umwelt, Soziales und Governance zu verbessern - sie stärken damit auch die Kommunikation gegenüber Geschäftspartnern.

ESG-Ratings schaffen somit nicht nur mehr Transparenz, sondern können auch als wirksamer und verlässlicher Indikator genutzt werden, um als Unternehmen in eine nachhaltigere Zukunft zu navigieren. Ein willkommener Nebeneffekt: Auch Marketingexperten und Berichtsersteller werden sich über die Ergebnisse freuen.

Marktkommentar von Dr. Benjamin Mohr, Mitglied der Geschäftsleitung der Creditreform Rating AG.

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