„Ein guter Baufinanzierungsberater verfügt nicht nur über fachliche Kenntnisse, sondern auch über emotionale Kompetenz“
17.08.2023
Oliver Kohnen (l.) und Benjamin Papo (rechts) bieten Einblick in den Stand der Dinge in der Baufinanzierung - Foto: © Baufi24 / Alex
Mietest du noch oder wohnst du schon? Die Baufinanzierung ist für viele Deutsche der Weg zur Erfüllung ihres Traumes vom Eigenheim. Der demografische Wandel, Inflation und Zinserhöhung ziehen allerdings (und selbstverständlich) Veränderungen nach sich. Benjamin Papo, Chief Sales Officer bei der Bilthouse-Gruppe, und Oliver Kohnen, Head of Franchise bei Baufi24, sprechen im Online-Interview mit finanzwelt über die Zukunft der Branche.
finanzwelt: Wie wirkt sich der demografische Wandel, bzw. finanzielle Ungleichheit auf die Wohnsituation und die Baufinanzierung aus?
Benjamin Papo: Das ist eine interessante Frage. BauFi24 hat gemeinsam mit der TU Darmstadt genau zu diesem Thema eine Studie durchgeführt. Die Untersuchung zeigt, dass soziodemografische Aspekte wie Einkommensverteilung, Altersstruktur und Lebensmodelle die Wohnsituation der privaten Haushalte in erheblichem Maße beeinflussen. Fast jeder zweite befragte Haushalt will deshalb seine Wohngegebenheiten überdenken. Bei der jüngeren Generation bis 25 Jahre sind es sogar rund 60 %. Für die Baufinanzierung sind das wichtige Erkenntnisse. Die Beratung darf keinem starren Konzept folgen, sondern muss über den Tellerrand hinausblicken. Lebensumstände können sich ändern und damit auch die Anforderungen an die Finanzierung. Das gilt es zu berücksichtigen.
Oliver Kohnen: Als zentrales Problem wird vor allem die Bezahlbarkeit des Wohnens wahrgenommen. Fühlte sich vor zehn Jahren lediglich jeder zehnte Haushalt mit seinen Wohnkosten überbelastet, wendet mittlerweile nahezu jeder dritte Haushalt mehr als 40 % des Haushaltseinkommens fürs Wohnen auf. Auf der anderen Seite zeigt die Studie aber auch, dass in vielen Fällen die Wohnfläche über dem eigentlichen Bedarf liegt. So gaben 37 % der Haushalte an, mehr Platz zu haben als benötigt wird. Auch das sind Aspekte, die zeigen, dass die Baufinanzierung ganzheitlich gedacht werden muss.
finanzwelt: Ein weiterer Aspekt sind die Bauzinsen. Der Anstieg kam mit voller Wucht. Welche Rolle spielen die Berater in dieser Situation und worauf müssen sie im Gespräch achten?
Kohnen: Während der Phase des starken Zinsanstiegs mussten wir bei unseren Kundengesprächen teilweise schon Lebensberatung leisten. Manch einer konnte sich Anfang 2022 noch eine Finanzierung leisten, 2023 vermeintlich nicht mehr. Da ist der Frust natürlich groß, wenn der neue Lebensabschnitt plötzlich auf der Kippe steht. Genau deshalb muss ein guter Baufinanzierungsberater voll auf den Kunden eingehen und die Customer Journey von der Anfrage bis zum Abschluss der Finanzierung zu einem positiven Erlebnis machen.
Papo: Richtig. Ein guter Baufinanzierungsberater verfügt nicht nur über fachliche Kenntnisse, sondern auch über eine hohe emotionale Kompetenz. Empathie und Menschenkenntnis sind sehr wichtig, aber auch Effizienz und Schnelligkeit, damit der Kunde zum Schluss auch seine Traumimmobilie mit einer maßgeschneiderten Finanzierung kaufen kann. Unser Credo ist, dass unsere Kunden die für sie individuell beste Finanzierung bekommen sollen und dabei geht es nicht nur darum, beim Zins noch die letzte Nachkommastelle rauszuholen.
finanzwelt: Worauf achten Kunden ganz besonders?
Kohnen: Für die
meisten Menschen ist der Erwerb der eigenen Immobilie die größte finanzielle
Entscheidung ihres Lebens. Das macht die Baufinanzierung zu einem
hochemotionalen Thema. Von daher ist es nicht überraschend, dass Kunden einen ganz
besonderen Wert darauflegen, dass sie einen vertrauenswürdigen, verlässlichen
und kompetenten Partner an ihrer Seite haben. Ein solches Vertrauensverhältnis
entsteht nur in der persönlichen Beratung. Auf der anderen Seite wünschen die
Kunden, dass ihre Baufinanzierung möglichst effizient und schnell abgewickelt
wird. Standardprozesse wie die Unterlagenübertragung sollten daher zügig und
digital über die Bühne gehen.
Die Digitalisierung bietet dafür viele Möglichkeiten. Die Zukunft der
Baufinanzierungsberatung liegt daher in einer Kombination aus persönlich und
digital.
Papo: Das sehe ich genauso. Der Berater muss sich als Dirigent aller beteiligten Parteien im Baufinanzierungsprozess wie dem Makler, der Bank oder dem Notar verstehen, sodass sich der Kunde ganz und gar auf sein großes Ziel – dem Erwerb der Immobilie - fokussieren kann. Oftmals dauert ein Baufinanzierungsprozess noch viel zu lange, in Spezialfällen bis zu zwei Monaten. Unser Ziel ist es, diese Zeit konsistent auf ein bis zwei Wochen zu bringen. Schlüssel hierfür ist die zunehmende Automatisierung des Prozesses. Ist ein Schritt getan, sollte automatisch der nächste auslöst und die Beteiligten jeweils darüber informiert werden.
finanzwelt: Wohin entwickelt sich der Baufi-Markt und wie sieht die Zukunft aus?
Papo: Aus der Talsohle sind wir raus. Die Menschen haben sich an die neue Zinsrealität gewöhnt. Zum Teil sind auch die Immobilienpreise im Bestand etwas gesunken, was Kaufgelegenheiten geschaffen hat. Zudem dürfte die Kaufkraft in Deutschland aufgrund von Gehaltserhöhungen steigen, was dazu beiträgt, dass Immobilien wieder ein Stück erschwinglicher werden. Auch steigende Mieten können dazu beitragen, dass das Thema Wohneigentum für viele Menschen an Relevanz gewinnt. Wir erwarten daher, dass sich der Markt Schritt für Schritt erholt. Was aus unserer Sicht aber wichtig bleibt: Der Staat muss Anreize setzen, um den Neubau wieder in Schwung zu bringen.
finanzwelt: Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Marktanteile zu gewinnen?
Papo: Infolge der Zinswende wird es eine Konsolidierung in der Baufinanzierungsberatungsbranche geben. Der Trend geht dabei hin zu Qualität und Professionalität. Wer dies versteht, hat nichts zu befürchten. Berater, die den veränderten Kundenansprüchen dagegen nicht gerecht werden, dürften vom Markt verschwinden. Daraus ergeben sich Chancen.
Kohnen: Dem stimme ich
zu. Sicherlich ist das aktuelle Marktumfeld herausfordernd.
Aber genau jetzt
suchen Berater/innen und Baufinanzierungsvermittler/innen einen starken Partner
an ihrer Seite. Mit unserer individuell ausgestalteten Angebotspalette für
potenzielle Berater/-innen und Geschäftsstellenleiter/-innen haben wir uns
breit aufgestellt und können unseren Partnern das je nach Karrierephase für sie
passende Angebot machen. Zudem bin ich der Ansicht, dass man in gerade diesen
Zeiten den Grundstein für weiteres Marktwachstum legen muss. Der Wunsch nach
der eigenen Immobilie ist weiterhin sehr hoch, der Markt findet derzeit eine
neue Balance und genau dafür stellen wir uns heute gut auf.
finanzwelt: Wie sehen die Wachstumspläne der Bilthouse-Gruppe sowie von Baufi24 konkret aus?
Kohnen: Wir wollen das Netz an Baufi24-Beratern und Geschäftsstellen bis 2024 deutlich ausbauen. Unser Ziel ist es, unabhängig von unseren Fortschritten bei der Digitalisierung, in einem Jahr doppelt so viele Berater zu haben wie heute.
Vielen Dank für das Interview!
(ml)