Biometrie-Tool verhindert Haftungsprobleme

30.01.2014

**Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist bei der Absicherung der Arbeitskraft nicht der Königsweg schlechthin. Vermittler sollten sich auch anderen Lösungen öffnen. Das rät **Günther Soboll, Hauptbevollmächtigter der deutschen Niederlassung von Canada Life.

finanzwelt: Der Verbraucherschutz führt die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) – neben der Privathaftpflicht – als unverzichtbaren Schutz. Dennoch steht die BU heftig in der Kritik. Viele Menschen bekämen wegen hoher Beiträge keinen Vertrag, die Produktanbieter zielten mit einer Ausweitung der Berufsgruppen darauf ab, nur noch diejenigen Risiken zu versichern, die eigentlich gar keine seien. Ist diese Kritik berechtigt? Oder ist sie doch unverzichtbar?

Soboll: Ich würde es eher so formulieren: Unverzichtbar ist es, die eigene Arbeitskraft abzusichern. Das kann man auf verschiedene Art und Weise tun. Dennoch wird diese Frage oft in Schwarz-Weiß-Manier beantwortet: Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist alles, oder zumindest überwiegend, und alles andere nichts. Eine BU kann sinnvoll sein. Aber das Modell birgt auch Schwachstellen. So erhält der Kunde die Leistung nur, wenn er seinen Beruf unter anderem zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben kann. Gerade diese Frage kann durchaus zu Streitfällen führen. Menschen mit meist körperlich ausgeübten Berufen kommen bei Berufsunfähigkeitsversicherungen tatsächlich häufig nicht so gut weg. Die Höhe der Prämien passt oft nicht zum Einkommen dieser Berufsgruppen.

finanzwelt: Also ist die BU-Absicherung keineswegs, wie oft dargestellt, der Königsweg?

Soboll: Nicht immer. Man sollte den Einzelfall betrachten, denn es benötigt ja nicht jeder Kunde genau den gleichen Risikoschutz. Oft kommen auch andere Lösungen in Frage, mitunter eignen sich diese sogar besser als die BU. Manche Menschen wünschen sich im Fall der Fälle Zugriff auf einen hohen Einmalbetrag, wie ihn Dread Disease-Versicherungen bei bestimmten schweren Krankheiten bereithalten. Über diese Summe können Kunden dann nach Wunschverfügen. Das passt zum Beispiel auf den Absicherungsbedarf eines Unternehmers, der auch bei einer schweren Erkrankung hohe finanzielle Verpflichtungen bedienen muss – etwa die Tilgung eines Kredits oder laufende Kosten in seiner Firma. Die monatliche Rente einer Berufsunfähigkeitsversicherung hilft hier nicht optimal weiter, da sie in der Regel das monatliche Einkommen ersetzen soll. Größere und frei einsetzbare Summen bietet sie hingegen nicht. Wer im Ernstfall eine monatliche Rente will, kann neben der BU auch eine Grundfähigkeitsversicherung in Betracht ziehen. Der Schutz ist in der Regel unkompliziert zu bekommen, auch für Menschen in physischen Berufen oder für Nichtberufstätige. Die Leistung hängt zudem nicht davon ab, ob man noch arbeiten kann oder nicht.

finanzwelt: Viele monieren an der Dread Disease-Versicherung, dass sie nur bei bestimmten Krankheiten Schutz bietet.

Soboll: Viel wichtiger ist, dass wirklich relevante Krankheiten abgesichert sind. Und genau das bietet unsere Dread Disease-Lösung Schwere Krankheiten Vorsorge. Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall – hier gibt es pro Jahr insgesamt über eine Million Neuerkrankungen. Und diese Zahl erhöht sich jährlich weiter. Glücklicherweise gibt es medizinischen Fortschritt. Das eröffnet mittlerweile vielen Menschen die Chance, auch mit einer ernsten Erkrankung weiterzuleben. Deshalb ist es notwendig, für solche Fälle große finanzielle Polster zu haben – denn oft muss man sein Leben dann etwas umstellen. Viele Menschen sollen und möchten dann Stress vermeiden und müssen beruflich kürzer treten – nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall empfehlen das die Ärzte mit besonderem Nachdruck. Mit einem entsprechenden Finanzpolster können sich Betroffene nicht nur eine berufliche Auszeit leisten, sondern zum Beispiel auch besondere Therapien, die die Krankenkasse nicht übernimmt.

finanzwelt: Canada Life setzt in der Beratung im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern auf ein Biometrie-Tool, das der Bedarfsanalyse des Kunden dient. Warum gehen nicht mehr Unternehmen diesen Weg?

Soboll: Es ist schwierig, dies allein aus unserem Blickwinkel zu beantworten. Unsere Beratungssoftware Vorsorge-PLANER, in die das Biometrie-Tool integriert ist, verfolgt einen ganzheitlichen Beratungsansatz. Die Ermittlung des Bedarfs kommt stets vor der Wahl eines Produkttyps, und das spiegelt sich konsequent in der Beratungslogik wider. Das Biometrie-Tool berücksichtigt dabei wichtige biometrische Risiken wie Berufsunfähigkeit, schwere Erkrankungen, Unfall, Tod, Pflegebedürftigkeit, Erwerbsunfähigkeit und den Verlust von Grundfähigkeiten.

finanzwelt: Maklerumfragen zufolge hält eine große Mehrheit der Vermittler beispielsweise Dread Disease oder die Versicherung von Grundfähigkeiten für Nischenprodukte, denen auch in näherer Zukunft keine Bedeutung zukäme. Steht dahinter auch die Angst vor einem deutlich höheren Beratungsaufwand, wenn statt zu einer alleinigen Police zu einem ganzen Bündel als Ersatz oder gar Besserstellung informiert werden muss?

Soboll: Im Mittelpunkt sollte immer der individuelle Bedarf des Kunden stehen und nicht der Aufwand. Für den einen steht eine monatliche Rente als Leistung im Vordergrund, für andere wie etwa Unternehmer oder Häuslebauer, die ihre Kredite abzahlen müssen, eher ein Einmalbetrag. Dementsprechend sollte die Beratungssystematik eines Vermittlers immer verschiedene Möglichkeiten zulassen, so etwa BU, EU, Unfallversicherung, eine Grundfähigkeits- oder Dread Disease-Versicherung. Der Kunde muss die Wahl haben.

finanzwelt: Inwieweit könnte auch die Furcht vor Haftung eine individuellere Beratung verhindern? Mit der Empfehlung zum Abschluss einer BU-Versicherung wäre man als Vermittler ja nach heutigem Maßstab stets auf der sicheren Seite.

Soboll: Haftungsprobleme wären eher bei einer einseitigen Beratung zu erwarten. Schon heute geht ohne Dokumentation nichts mehr. Nach einer Beratung mit unserem Biometrie-Tool können Vermittler ein Beratungsprotokoll abspeichern und ausdrucken.

finanzwelt: Wenn der Kunde bei der Beratung mit dem Biometrie-Tool explizit eine BU-Absicherung wünscht, muss der Vermittler hinsichtlich Canada Life passen. Müssten deshalb nicht auch Sie ein solches Produkt anbieten können?

Soboll: Dass das Biometrie-Tool auch die Absicherung der Berufsunfähigkeit berücksichtigt, unterstreicht unseren bedarfsorientierten Ansatz. Wir haben eben nicht nur jene Risiken erfasst, für die wir schon das passende Produkt parat haben. Dennoch sind wir in Zukunft offen, was eine Berufsunfähigkeitsversicherung aus dem Hause Canada Life betrifft. Wir schließen das nicht aus.

(Das Interview führte Hans-Werner Thieltges)

Interview mit Günther Soboll - Printausgabe 01/2014