Auch das Verbrechen wird immer virtueller
29.06.2021
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In den vergangenen eineinhalb Jahren wurde (gezwungermaßen) vieles digitaler. Die Entwicklung macht auch vor dem Bereich des Versicherungsbetrugs nicht halt. Das bringt neue Herausforderungen für die Versicherer mit sich.
Sowohl im privaten als auch im gewerblichen Versicherungsbereich hat die Anzahl der Betrugsfälle seit Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. „In Krisenzeiten nehmen Betrugsversuche deutlich zu. Seit Beginn der Pandemie sehen wir einen Anstieg von rund zehn Prozent“, erklärt Jochen Haug, Schaden-Vorstand der Allianz Versicherungs-AG. Während beim Münchner Versicherer weniger Meldungen über dubiose Raub- und Einbruchdiebstähle eingehen, gab es bei den gewerblichen Leitungswasserschäden einen Anstieg von 25 % zu verzeichnen. Bspw. wurde durch Wasser Saisonware beschädigt, die aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht verkauft werden konnte. In der Kfz-Versicherung verzeichnete die Allianz einen Anstieg der Betrugsversuche um 10 %, in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung von ca. 20 %.
Am häufigsten werden Betrugsversuche im Kfz-Bereich aufgedeckt: Hier waren in mehr als der Hälfte aller Fälle die Betrüger nicht erfolgreich. Seltener wurden hingegen Betrugsversuche in der Sachversicherung und der Haftpflichtversicherung aufgedeckt: Hier wurden nur ca. 30 bzw. 20 % aller Versuche entlarvt, unrechtmäßig die Versicherungssumme zu kassieren. Die häufigste Art von Versicherungsbetrug ist der abgesprochene oder provozierte Verkehrsunfall. Dank digitaler Technik haben es die Betrüger dabei aber immer schwerer: „Durch das Auslesen und die Auswertung elektronischer Fahrzeugdaten wie zum Beispiel den Lenkwinkel oder die Geschwindigkeit können absichtlich herbeigeführte Unfälle erkannt werden“, erklärt Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer des Allianz Zentrum für Technik (AZT), welches die Betrugsaufklärung mit technisch-wissenschaftlichen Methoden unterstützt. Um den Unfallhergang zu rekonstruieren und Manipulationsversuche aufzudecken können auch Bild- und Videodateien herangezogen werden.
Neue Möglichkeiten für Betrüger
Die Geschichte des Verbrechens ist eine des ewigen Rüstungswettkampfs zwischen Kriminellen und Verbrechensbekämpfern. Das gilt auch für das Thema Versicherungsbetrug: So unterstützt digitale Technik nicht nur bei der Betrugsabwehr, sondern bietet Betrügern auch neue Möglichkeiten der Schadensmanipulation. Bspw. werden Bildbearbeitungsprogramme eingesetzt oder es werden Identitäten missbraucht, um einen Schaden zu konstruieren, der in der Realität so nie entstanden ist. „Das Betrugsgeschehen wird sich daher immer mehr in den virtuellen Raum verlagern. Durch vermehrte Nutzung digitaler Mittel gehen wir davon aus, dass bis 2030 jeder fünfte Versicherungsbetrug virtuell stattfinden wird“, erläutert Jochen Haug.
Auf die Versicherer kommen damit neue Herausforderungen zu. Diesen stellt sich auch die Allianz, die vor zwei Jahren das Team der Betrugsabwehrspezialisten erweitert hat. Die Intelligence Einheit, bestehend aus digitalen Spezialisten, kann mithilfe digitaler Technik und Tools komplexe virtuelle Sachverhalte erkennen und aufklären. „Zusammen mit den mehr als hundert Betrugsabwehrspezialisten in Deutschland, dem wissenschaftlichen Ansatz des Allianz Zentrum für Technik und dem Einsatz von spezieller Software und Tools sind wir gut aufgestellt“, so Haug. „In 2020 konnten wir unrechtmäßige Auszahlungen im dreistelligen Millionenbereich verhindern.“ Die regelmäßige interne und externe Fortbildung mit kriminologisch geschulten Experten sowie ein länderübergreifender Austausch zur Betrugserkennung sichern den hohen Spezialisierungstand der Betrugsabwehr in der Allianz Deutschland. (ahu)