11,5 Tage Produktivitätsverlust pro Jahr
24.04.2024
Ineffiziente Kommunikation am Arbeitsplatz kann schwerwiegende Folgen haben. Die aktuelle Studie vom KI-Unternehmen Grammarly, durchgeführt von Statista, zeigt, dass fast ein Drittel deutscher Angestellter aufgrund dieses Problems bis zu fünf Stunden pro Woche verliert.
Die effektive Kommunikation ist für Unternehmen unerlässlich, um den Anforderungen der sich wandelnden Geschäftswelt gerecht zu werden. Der berufliche Austausch erfährt eine grundlegende Veränderung, charakterisiert durch eine nie dagewesene Geschwindigkeit sowie zunehmende Kommunikationswege. Fachkräfte in Deutschland verwenden bereits 30 Stunden ihrer wöchentlichen Arbeitszeit (75 %) für die Kommunikation über zahlreiche Plattformen. Davon wird die meiste Zeit mit 13,4 Stunden geschrieben, was auf ein Jahr gerechnet 77 Arbeitstagen entspricht – Tendenz steigend. Über 12 Monate hinweg registrierte jeder zweite Angestellte (59 %) einen Anstieg des schriftlichen Kommunikationsaufwands. Dieser Austausch ist heute schon anspruchsvoll, aber wird noch komplexer, wenn er in einer Fremdsprache erfolgt: Englisch wird immer häufiger verwendet, wenn Unternehmen global agieren oder Fachkräfte aus dem Ausland einstellen. In Deutschland ist dieser Trend deutlich spürbar. Laut der neuen Grammarly-Studie verwenden Fachkräfte die Sprache vorwiegend für die Verständigung mit ausländischen Kunden (65 %), mit Kollegen an internationalen Standorten (35 %) und die Zusammenarbeit mit multinationalen Teams vor Ort (30 %).
Doch nicht alles verläuft reibungslos in deutschen Unternehmen. Drei von vier (75 %) befragten Fachkräften melden bereits heute negative Auswirkungen aufgrund ineffizienter schriftlicher Abläufe. Sei es mangelnde Sprachkompetenz, zeitaufwändige Korrekturen unverständlicher Nachrichten oder der ineffiziente Gebrauch von KI-Tools: Zeitverlust, erhöhte Unternehmenskosten, Produktionseinbußen, Kundenabwanderung und schwindende Jobzufriedenheit stellen deutsche Unternehmen vor enorme Herausforderungen.
Vergeudete Zeit kann sinnvoller investiert werden
Die Auswirkungen ineffizienter Kommunikation sind dramatisch: Ein Viertel der befragten Führungskräfte gibt an, dass dies zu höheren Betriebskosten führt. Das resultierte bei 15 % sogar in geplatzten Geschäftsabschlüssen. Zwei Drittel der Befragten in Deutschland verlieren deswegen wöchentlich bis zu zwei Stunden Arbeitszeit, was Unternehmen jährlich 11,5 Arbeitstage pro betroffenem Mitarbeiter kostet. Besonders alarmierend ist, dass 29 % der Angestellten sogar von drei bis fünf Stunden Zeitverlust pro Woche berichten, mit einem Spitzenwert von 38 % bei Gen Z. Einer der Hauptgründe ist die Unklarheit der empfangenen Nachrichten, die zu aufwendigen Abstimmungen führt (44 %).
Jeder zweite schreibt länger, wenn auf Englisch
Bei der Geschäftskommunikation auf Englisch steht die Sprachkompetenz im direkten Verhältnis zum Zeitverlust: Während 72 % der Führungskräfte fließend bis verhandlungssicher sind, ist jeder dritte Angestellte (33 %) lediglich konversationssicher. 63 % der Angestellten mit geringen Englischkenntnissen benötigen entsprechend länger für das Verfassen von Nachrichten in der Fremdsprache. Jeder zweite Befragte erlebt generell einen höheren Zeitaufwand beim schriftlichen Austausch auf Englisch (49 %). Fachkräfte berichten von Schwierigkeiten damit, Gedanken klar auszudrücken (41 %), 39 % haben Probleme mit der Grammatik und jeder Vierte ist unsicher über den passenden Tonfall seiner Nachrichten im beruflichen Kontext.
Gravierende Zustände: Stress, Unzufriedenheit und weniger Produktivität
Hinter den Zahlen verbergen sich echte menschliche Erfahrungen. Viele Fachkräfte fühlen sich wegen schlechter Kommunikation am Arbeitsplatz gestresst (35 %). Besonders die junge Generation Z steht unter großem Druck, davon berichten 45 % der Altergruppe. Dies kann sich negativ auf ihre Arbeitszufriedenheit auswirken und sogar die langfristige Bindung an das Unternehmen gefährden. Ein Drittel der Angestellten berichtet davon. Jeder Zehnte erwägt aus diesem Grund sogar einen Jobwechsel. Für ein Viertel aller Befragten führt ineffiziente Kommunikation zu Produktivitätseinbußen wie etwa verpassten Deadlines, längeren Projektlaufzeiten oder verzögerter Problemlösung.
Hilfe in Aussicht: Unternehmen greifen auf KI zurück
Ein wachsender Anteil deutscher Fachkräfte (60 %) setzt bereits auf KI-Tools, um die schriftliche Kommunikation zu optimieren. Hauptanliegen für Führungskräfte sind dabei die Reduktion des Zeitaufwands für Schreibaufgaben (48 %) und die Steigerung der Produktivität (46 %). Auch Angestellte greifen zunehmend auf die Technologie zurück, um vor allem Grammatik-, Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler zu vermeiden (58 %), was sich positiv auf die Qualität der Nachrichten auswirkt. Erste Ergebnisse berichten über verkürzte Schreibzeit (55 %) durch KI- Schreibassistenten. 47 % der Befragten nutzen sie auch, um Nachrichten umzuformulieren und auf Verständlichkeit zu optimieren. Aus der Ferne wird die Verständigung noch schwerer: Fachkräfte, die entweder hybrid oder vollständig remote arbeiten, verwenden daher KI-Tools zur Verbesserung der Kommunikation häufiger als jene, die ausschließlich im Büro arbeiten.
Gewollt aber nicht gekonnt: Warum KI-Einsatz Optimierungsbedarf hat
Trotz des nachgewiesenen Nutzens von KI-basierten Lösungen für die Kommunikation am Arbeitsplatz besteht eine Diskrepanz zwischen deren Bereitstellung im Unternehmen und der tatsächlichen Anwendung durch Mitarbeiter. 85 % der deutschen Führungskräfte haben diese Technologien in ihrem Unternehmen eingeführt, aber nur 58 % der Angestellten nutzen sie aktiv. Auch die Kompetenz in puncto KI-Anwendung scheint ein Faktor im Bezug auf die Kluft zwischen Verfügbarkeit und Anwendung der Tools zu sein. Jeder fünfte Befragte weist darauf hin, dass es in Teams daran mangelt. „Ein unkoordinierter und sporadischer Einsatz von KI kann zu einer signifikanten Lücke zwischen der Einführung solcher Tools und ihrer tatsächlichen Nutzung durch die Mitarbeiter im Unternehmen führen”, erklärt der Grammarly-CEO Roy-Chowdhury. Er fährt fort: „Eine umfassende Strategie für die KI-Implementierung und gezielte interne Schulungen, um die KI-Affinität der Mitarbeiter zu fördern, sind wesentliche Schritte, um diese Kluft zu überbrücken.”
Trotz offenkundigen Wissens über das Potenzial generativer KI sind Bedenken bezüglich dieser Technologie verbreitet: Datenschutz (47 %), Sicherheit von Firmendaten (45 %) und Qualitätskontrollen (41 %) sind die größten Sorgenbereiter. „Daher sind klare Richtlinien für die Auswahl eines vertrauenswürdigen KI-Anbieters wichtig, um sensible Unternehmensdaten zu schützen”, so Rahul Roy-Chowdhury. Trotz erwähnten Bedenken stehen 84 % der Führungskräfte der Einführung generativer KI am Arbeitsplatz positiv gegenüber. Die Mehrheit der deutschen Unternehmen, die bereits KI-Technologie zur Verbesserung ihrer Kommunikation nutzen, plant, deren Einsatz weiter zu verstärken, indem sie die eingeführten Tools auf mehrere Teams ausweiten oder zusätzliche Werkzeuge einführen. (fw)