10 Jahre nach dem Hurrikan Katrina

17.08.2015

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Eine aktuelle Risiko-Studie zeigt, ein Jahrzehnt nach der Hurrikan-Katastrophe Katrina, was ein modernes Risikomanagement beachten sollte, um Sturmschäden und deren Folgen zu mindern.

2015-08-18 (fw/db) Der Hurrikan Katrina, der am 29. August 2005 auf die amerikanische Golfküste traf, verursachte den größten Sturmschaden aller Zeiten. Die Hurrikan-Saison 2005 kostete 4.000 Menschen das Leben. Die Stadt New Orleans war bis zu 80 Prozent überschwemmt. Schäden in Höhe von insgesamt 125 Milliarden US-Dollar und 1,7 Millionen Versicherungsfälle wurden gemeldet.

Starke Sturmschäden sind allerdings nicht auf Nordamerika beschränkt. Es handelt sich vielmehr um eine globale Gefahr, die in den letzten Jahren zu erheblichen Schäden in über 50 Ländern geführt hat, wie eine Analyse der Versicherungsfälle ergibt.

Anlässlich des 10. Jahrestages von Hurrikan Katrina untersucht die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), ein Tochterunternehmen der Allianz SE, im neuen Risk Bulletin „[Hurricane Katrina 10: Catastrophe Management And Global Windstorm Peril Review](http://wohlan.de/wp-content/uploads/http://www.agcs.allianz.com/assets/PDFs/risk bulletins/HurricaneKatrina10.pdf)" (Hurrikan Katrina 10: Analyse des Katastrophenmanagements und der weltweiten Gefahr durch Windstürme) Risiken und Schäden durch Stürme sowie die aus Katrina gewonnenen Erkenntnisse im Hinblick auf eine Verringerung von Schäden durch künftige Windstürme in Zeiten zunehmender klimatischer Unwägbarkeiten.

„Katrina wird stets als außergewöhnliche Naturkatastrophe im Gedächtnis bleiben, von der nicht nur Millionen von Privatpersonen und Unternehmen betroffen waren, sondern die auch in der globalen Versicherungsindustrie dauerhafte Spuren hinterließ. Stürme können sich verheerend auf Unternehmen auswirken. Selbst wenn man den Einfluss des Klimawandels vernachlässigt, wird eine Schadenzunahme aufgrund der voranschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung in gefahrenanfälligen städtischen Küstengebieten weltweit, insbesondere in Asien, immer wahrscheinlicher. Das Treffen von Vorkehrungen ist ein entscheidender Faktor bei der Begrenzung des Sturmschadenrisikos und die Erkenntnisse, die wir auf Grund großer Katastrophen wie Katrina gewinnen, können Unternehmen helfen, die Auswirkungen künftiger Katastrophen abzufedern. Der AGCS ist es ein wichtiges Anliegen, eng mit Kunden und Risikomanagern zusammenzuarbeiten, gewonnene Erkenntnisse zu teilen und ihnen damit bei der Erstellung bestmöglicher Vorkehrungen Hand zu bieten“, so Chris Fischer Hirs, CEO von AGCS.

Das Katastrophenrisikomanagement ist ein Jahrzehnt nach Katrina ausgereifter und das Bewusstsein der Unternehmen in diesem Bereich ist geschärft. Trotzdem besteht weiterer Verbesserungsbedarf, besonders beim Risikomanagement vor und nach einem Schadenereignis.

Vor allem Betriebskontinuitätsplanung und die Gefahr von indirekten Lieferkettenausfällen sind Aspekte, denen größere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, um die Tragweite von Sturmschäden möglichst gering zu halten.

40 Prozent der Naturkatastrophenschäden durch Stürme verursacht

Ob es sich um Hurrikane in den USA, Taifune in Asien oder Winterstürme in Europa handelt: Sachschäden oder Schäden durch Betriebsunterbrechung bei Unternehmen sind oft Folge von Starkwinden, wie eine Analyse der über 11.000 größten Unternehmensversicherungsschäden weltweit (> 100.000 Euro) zeigt. Mehr als 400 Schäden, die mit Stürmen zusammenhängen, wurden im Zeitraum von 2009 bis 2013 gemeldet. Windstürme stehen damit der Schadenhöhe nach an fünfter Stelle der 10 Hauptursachen für Geschäftsverluste. Wie eine Analyse der AGCS ergibt, sind sie – gemessen an der Anzahl – für etwa 40 Prozent der auf Naturkatastrophen zurückgehenden Versicherungsschäden verantwortlich, und für 26 Prozent gemessen am Schadenwert.

Die USA nimmt mit der fast der Hälfte (49 Prozent) der weltweit analysierten Schäden bei den Standorten die Spitzenposition ein, gefolgt von Europa (19 Prozent), Asien (6 Prozent) und Zentralamerika (3 Prozent). Mit einer exponentiellen Steigerung der Schäden in Asien wird in Zukunft gerechnet. Die Erwartungen gehen davon aus, dass in den kommenden 50 Jahren 80 Prozent der zehn am stärksten von Küstenüberschwemmung durch Sturmflut und Windschäden gefährdete Standorte in Asien liegen werden. Die Zunahme des Gefahrenpotenzials übersteigt den Abschluss von Versicherungsdeckungen bei weitem und führt zu einer immer größeren Kluft von Naturkatastrophen und der Vorsorge gegen diese Risiken.

Schifffahrtindustrie extrem gefährdet

Die Schadenanalyse veranschaulicht, dass die maritime Industrie ein hohes Risiko bezüglich solcher Schäden aufweist. 60 Prozent der Orkanschäden – gemessen an der Anzahl der Schäden – sind in dieser Branche anzusiedeln; 30 Prozent im Bereich Property. Die Zerstörung hochwertiger gewerblicher und nicht-gewerblicher Schiffe sowie von Fracht kann die Zahl der registrierten Schäden erheblich in die Höhe treiben.

„Schäden können auch durch in Schiffe eindringendes Wasser entstehen, das die Fracht in Mitleidenschaft zieht. Stürme beschädigen unter Umständen aber auch Häfen oder die Küsteninfrastruktur, einschließlich Lagerhallen, der gelagerten Fracht, Kränen, Kais, Terminals, Bojen und Schuppen“, erläutert Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting bei AGCS.

Aus Katrina gewonnene Erkenntnisse - Sturmflut und Nachfrageschub

Hurrikan Katrina und andere Stürme wie Sandy haben maßgeblich dazu beigetragen, die Forschung und Modellierung im Bereich Katastrophenrisiken zu verbessern. Katrina zeigte, dass die Folgen einer Sturmflut oft schwerwiegender sind, als hohe Windgeschwindigkeiten selbst. Das physische Ausmaß des Hurrikans kann wiederum einen Einfluss auf die eigentliche Flut haben. Bei der Hälfte der 10 teuersten Sturmschäden in der US-Geschichte haben Sturmfluten eine wichtige Rolle gespielt, wobei diese fünf Stürme zusammen Versicherungsschäden von fast 125 Milliarden US-Dollar verursachten.

Die von Katrina erzeugte Überflutung legte zudem auch den Zustand der Deichanlagen in den USA offen, die nicht der Norm entsprechen und laut National Committee on Levee Safety (Nationaler Ausschuss für Dammsicherheit) einer Reparatur in Höhe von geschätzten 100 Milliarden US-Dollar bedurften. Es existieren zahlreiche Deichsysteme in den USA, die ähnliche Mängel aufweisen dürften, wenn sie so sorgfältig unter die Lupe genommen würden wie jene in New Orleans.

Katrina führte auch vor Augen, wie wichtig es ist, besser vor Windschäden geschützt zu sein. Die meisten Windschäden, die von Katrina hervorgerufen wurden, traten an der Gebäudehülle auf – einschließlich der Dachbedeckungen, Wänden und Fenstern.

„Wären die Baugesetze streng eingehalten worden, wären die Windschäden erheblich geringer ausgefallen. Mangelhafte Ausführung und fehlendes Wissen waren die Hauptschuldigen“, bemerkt Andrew Higgins, Technical Manager, Allianz Risk Consulting, Americas.

Im Anschluss an Katrina entwickelte die Allianz verbesserte Gutachten für Dächer, die sich verstärkt auf deren Zustand und Alter konzentrieren.

Der Betriebskontinuität nach einer Katastrophe besondere Bedeutung zuzuschreiben, die vorherige genaue Prüfung, was durch eine Versicherungspolice gedeckt ist, sowie die ungeahnten Folgen von Nachfragewellen zu kennen sind weitere wichtige Lehren, die aus den Auswirkungen von Hurrikan Katrina gezogen wurden. Katrina zeigte, dass der Nachfrageschub für Baumaterial zum Wiederaufbau nach einer Katastrophe nicht nur die Preise steigen lässt und zu Lieferengpässen führt, sondern weitere schadhafte Nebenwirkungen mit sich bringen kann, wie sich an der Verwendung von nicht dem Standard entsprechenden Trockenbauwänden in der Folgezeit von Katrina beobachten lässt.

„Heute ist die Golfküste besser auf die Folgen eines Hurrikans vorbereitet, da sich Aufklärung und Baurichtlinien verbessert haben und häufiger Inspektionen durch Externe stattfinden“, so Higgins.

Milderung der Auswirkungen zunehmender Verluste durch Starkwinde

Obwohl Wissenschaftler die Frage, wie sich der Klimawandel auf Stürme auswirkt, nicht schlüssig beantworten können, sind sie sich doch weitgehend darin einig, dass diese künftig ein größeres Ausmaß haben werden. Nach Erfahrung der Allianz steigt die Schwere der Schäden durch Wetterereignisse einschließlich Starkwinde bereits jetzt. Der Durchschnittbetrag, der bei Extremwetterereignissen einschließlich Stürmen von den Versicherern in der Zeit von 1980 bis 1989 zu zahlen war, belief sich auf 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Von 2010 bis 2013 stieg der Betrag auf durchschnittlich 70 Milliarden US-Dollar jährlich an.

Eine angemessene Vorsorge vor Eintritt eines Sturms trägt wesentlich dazu bei, potenzielle Schäden zu begrenzen. Dies gilt besonders für Gebiete, die extrem gefährdet sind, wie beispielsweise Baustellen. Es gibt vier Hauptbereiche, in denen die Schadenbegrenzung bei Starkwinden ansetzen sollte:

  • Planung im Vorfeld eines Sturms, einschließlich eines umfassenden Notfallplans mit entsprechendem Testlauf. Inspektion von Dächern und Gebäudehüllen; Verankerung großer Maschinen und Vorbereitung auf eine mögliche Überschwemmung.
  • Während des Sturms sollte das Einsatzpersonal Ausschau nach Lecks, Feuer und Beschädigung halten.
  • Nach einem Sturm sollte der Standort vor unbefugtem Zutritt gesichert werden. Sobald keine Gefahr mehr besteht ist unverzüglich eine Schadenschätzung durchzuführen.
  • Betriebskontinuitätsmanagement ist ausschlaggebend, denn Just-in-time-Produktion, schlanke Lagerbestände und globale Lieferketten können nur allzu leicht die negativen Auswirkungen potenzieren. Sachschaden und Betriebsunterbrechung werden normalerweise von Versicherungspolicen gedeckt, aber oftmals gehen Verluste bei Marktanteilen, Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern mit einem solchen Schaden einher. Unternehmen sollten Betriebskontinuitätspläne sowie Kommunikationskaskaden entwickeln und testen. Versicherungspolicen sollten an einem sicheren und zugänglichen Ort aufbewahrt werden.

Die Allianz benachrichtigt die Kunden routinemäßig über herannahende Stürme und gibt praktische Empfehlungen für eine optimale Vorbereitung, einschließlich passender Checklisten und Schadenbegrenzungskits für Stürme und Überschwemmungen.

Dietmar Braun