Schwierige politische Situation in Europa

23.11.2016

Olgerd Eichler

Die Einheit Europas wird viel beschworen. Aktuell zeigt sich wieder einmal, wie brüchig das vermeintlich solide Fundament ist. Nationalistische Tendenzen in einigen Mitgliedsstaaten der EU gewinnen Terrain. Wie sind die wirtschaftlichen Aussichten unseres Kontinents? Wie geht die deutsche Wirtschaft ins Jahr 2017? Zu diesen und weiteren Aspekten nahm Olgerd Eichler, Manager des MainFirst Top European Ideas Fund und des MainFirst Germany Fund, im finanzwelt-Gespräch Stellung.

finanzwelt: In den vergangenen Monaten haben zahlreiche Risiko- und Unsicherheitsfaktoren die europäische Konjunkturlokomotive zumindest kurzfristig belastet. Wie ist es um die Wirtschaft innerhalb der europäischen Grenzen zum Ende dieses Jahres bestellt?

Eichler: Europa verzeichnet weiterhin ein moderates Wirtschaftswachstum. Die EU-Kommission rechnet für 2017 mit einem Wachstum von 1,5 Prozent für den Euroraum beziehungsweise 1,6 Prozent für die EU28-Staaten. Auch das Gewinnwachstum am europäischen Aktienmarkt bleibt moderat. Vor allem zyklische Unternehmen weisen eine überwiegend gute Gewinnentwicklung auf. Der Automobilsektor verzeichnet seit Jahresanfang ein profitables Wachstum. Generell weisen die hohen Unternehmensinvestitionen auf anhaltende Wachstumsperspektiven hin.

finanzwelt: Insbesondere die Lage in Frankreich sowie in Italien ist getrübt, wo die wirtschaftlichen Aktivitäten im Jahresverlauf stagnierten. Bleiben dies die „Sorgenkinder“ Europas? Welche Gründe machen Sie hierfür verantwortlich?

Eichler: Sorgen macht uns in Europa in erster Linie nicht die wirtschaftliche, sondern vielmehr die politische Situation. Das Brexit-Referendum und die neu aufstrebenden Parteien in vielen europäischen Ländern zeigen, dass breite Teile der Bevölkerung mit der jetzigen Lage unzufrieden sind. Auch wenn das Brexit-Referendum bislang ohne spürbare konjunkturelle Auswirkungen bleibt, liegt unser Fokus momentan auf dem Italien-Referendum am 4. Dezember. Positiv stimmen uns die niedrigen Arbeitslosenzahlen in Deutschland. Zudem sehen wir eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Spanien.

finanzwelt: Auch die deutsche Wirtschaft hat nach dem Brexit-Schock an Schwung verloren. Für das Gesamtjahr 2016 rechnet die Bundesregierung mit 1,8 Prozent Wachstum. Erwarten Sie Wachstumsimpulse in 2017? Welche Branchen sehen Sie tendenziell vorne?

Eichler: Für 2017 rechnen wir mit einem moderaten Wirtschaftswachstum in Deutschland. Die Schätzung der EU-Kommission liegt für das kommende Jahr bei 1,5 Prozent. Dass die US-Volkswirtschaft durch Trumps angekündigte Steuersenkungen und Investitionsprogramme einen Wachstumsschub erhalten können, könnte auch der deutschen Wirtschaft zugutekommen. Sie ist stark abhängig von der globalen Konjunkturperspektive. Auf Branchenebene sehen wir Kurspotenzial vor allem bei zyklischen Sektoren, aufgrund der attraktiven Bewertungen.

finanzwelt: Bitte erläutern Sie uns die Investmentphilosophie des MainFirst Top European Ideas Fund.

Eichler: Der MainFirst Top European Ideas Fund investiert in Unternehmen mit niedriger Bewertung, einem hervorragenden Management und guten Gewinnwachstumsperspektiven. Dabei agieren wir vollständig unabhängig von jeglicher Benchmark. Die drei Erfolgsfaktoren für unseren Fonds lauten: eigenes Research, tiefe Fundamentalanalyse und die Nähe zu den Unternehmen.

finanzwelt: Rund 1/3 investieren Sie in den Sektor der Finanzdienstleistungen. Wie sehen Sie hierbei die Aussichten für 2017?

Eichler: In unserem Portfolio ist der Finanzsektor überwiegend durch Titel aus den Bereichen Asset-Management oder Börsen abgebildet. Diese Unternehmen profitieren von strukturellen Wachstumstrends und bieten potenziell bessere Renditen als Banken. 2017 könnte der Finanzsektor vor allem von steigenden Zinsen Auftrieb bekommen.

finanzwelt: Zum Schluss: Sie managen auch erfolgreich den MainFirst Germany Fund. Was zeichnet diesen Fonds aus?

Eichler: Mit dem MainFirst Germany Fund können sich Investoren langfristig an den „Hidden Champions“ des deutschen Mittelstands beteiligen. Wir fokussieren uns auf kleine und mittelgroße Unternehmen mit mehrjährigen attraktiven Wachstumsperspektiven.