Nürnberger verklagt Legal-Tech

09.12.2019

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Ist es legal, dass ein Start-up Versicherungskunden hilft, Lebensversicherungen rückabwickeln zu lassen? Mit dieser Frage muss sich nun das Düsseldorfer Landgericht beschäftigen.

Im Jahr 2008 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Praxis der Versicherer illegal sei, den Versicherungsnehmern die vollständigen Vertragsbedingungen erst zuzusenden, nachdem diese bereits den Vertrag unterschrieben hatten. Deshalb haben viele Kunden, die zwischen 1994 und 2007 Lebens- und Rentenversicherungen nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen haben und dabei nicht rechtzeitig über das Widerrufsrecht aufgeklärt wurden, Anspruch auf eine Rückerstattung ihrer Policen. Der Sparer kann damit sämtliche eingezahlte Beiträge zuzüglich Nutzungszinsen zurückerhalten und muss lediglich die Kosten für den Versicherungsschutz und, wenn es sich um eine fondsgebundene Police handelt, das Verlustrisiko des Fonds tragen. Hierbei geht es für die Versicherer um enorme Summen, weshalb nicht verwunderlich ist, sich Verbraucherschützer immer wieder darüber beschweren, dass sich viele Anbieter quer stellen und mit fadenscheinigen Argumenten eine Rückabwicklung der Verträge verhindern wollten. Das Start-up Helpcheck hat sich auf solche Fälle spezialisiert und hilft Versicherten zu prüfen, ob ein potenzieller Verstoß gegen das Widerrufsrecht erkannt wird. Wenn dies der Fall ist, kann der Kunde sich ausrechnen lassen, welche Ansprüche er gegenüber dem Versicherer hat und anschließend entscheiden, ob er mit Hilfe von Helpcheck vor Gericht mit dem Versicherer die Rückabwicklung der Police vor Gericht erstreiten will. Im Erfolgsfall muss der Kunde ein Honorar an Helpcheck zahlen.

Bald wird sich Helpcheck auch vor Gericht streiten, und zwar nicht wegen der Rückabwicklung einer Police, sondern wegen des gesamten Geschäftsmodells: Wie die Rheinische Post am Freitag berichtete, hat die Nürnberger Versicherung Helpcheck vor dem Landgericht Düsseldorf verklagt. Es geht dabei um die Frage, ob das Legal Tech als Anbieter einer Rechtsberatung auftritt oder dies nur ein Nebeneffekt seiner Tätigkeit ist. So sind Rechtsberatungen nach deutschem Recht nur qualifizierten Anwälten erlaubt und diese dürfen nur in sehr eingeschränkten Fällen auch Erfolgshonorare annehmen. „Helpcheck ist als Versicherungsberater tätig. Diesen hat der BGH verboten, Erfolgshonorare zu vereinbaren. Hierüber setzt Helpcheck sich hinweg“, so die Begründung der Nürnberger. Helpcheck sieht hingegen in der Klage der Nürnberger Versicherung einen Angriff auf ihr Geschäftsmodell, das ohnehin nur existiere, weil die Versicherer das BGH-Urteil zum Widerruf bewusst ignorieren und sich damit weigern würden, geltendes Recht anzuerkennen. (ahu)