Nichts ist so beständig wie der Wandel

12.01.2023

Nicolaus Thiele-Dohrmann ist Projektmanager/Partner Alphapenta GmbH & Co. KG. Foto: © Alphapenta GmbH & Co. KG

Digitalisierung und gestiegene Zinsen beschleunigen aktuell den Wandel der Finanzdienstleistung. Emittenten und Vertriebe müssen in diesem Umfeld schneller und flexibler agieren und auch die Erkenntnisse der Vergangenheit hinterfragen. Die große Herausforderung liegt bei vielen Unternehmen zudem im notwendigen Perspektivwechsel: Gut aufgestellte Finanzdienstleister werden „agil”.

Das Problem: Der Wandel ist nicht beständig

Als Heraklit vor circa. 2.500 Jahren festhielt, dass nichts so beständig wie der Wandel sei, war das ein Hinweis darauf, dass sich alles laufend ändert und es sich daher lohnt, die eigenen Leitlinien stetig zu hinterfragen. Ob Heraklit selbst das eigentliche Problem mit dem Wandel erkannt hat, bleibt unklar. Denn : Der Wandel verläuft nicht stetig, sondern exponentiell. Das heißt, Veränderungen treten zuerst sehr langsam ein und gewinnen dann an Fahrt, wodurch es uns sehr schwerfällt, ihren Einfluss richtig zu bewerten.

Die Lösung: Experimente

Genau wie das Wort „Fehlerkultur” ist auch das „Experiment” teilweise negativ konnotiert. Vollkommen zu Unrecht, denn hier geht es darum, Informationen zu sammeln und diese direkt für die Optimierung des Angebotes zu nutzen. Im Unterschied zu eventuell veraltetem Expertenwissen oder Branchen-Mythen, die noch nie überprüft wurden, sind Tests der professionelle Ansatz, um an der laufenden Entwicklung teilzunehmen.

Digitale Plattformen als Helfer

Die Digitalisierung ist der wesentliche Treiber des Wandels und bietet gleichzeitig auch die passende Unterstützung, um ihn zu gestalten. Emittenten und Vertriebe können heute zum Beispiel mit sehr geringem Aufwand eine digitale Zeichnungsstrecke für ihre Produkte anbieten. Solche Lösungen lassen sich in die vorhandene Infrastruktur integrieren oder bringen gleich ein komplettes Ökosystem für die Kundenverwaltung und -abrechnung mit. Hierüber wird nicht nur ein neuer Marktzugang geschaffen, es können auch Marketing- und Beratungsprozesse optimiert und dokumentiert werden. Was vor wenigen Jahren noch als „regulatorisch schwierig” betrachtet wurde, ist heute bereits eine Notwendigkeit. Zumindest dann, wenn man die regulatorischen Anforderungen an Informationspflichten und deren Dokumentation strukturiert und mit geringem Aufwand nachkommen möchte.

Effizienz zu Gunsten der Kunden

Die Digitalisierung, hier die digitale Zeichnungsstrecke, macht Unternehmen effizienter. Wie durch ein gutes CRM-System helfen Automatisierungen und strukturierte Prozesse dabei, sich auf wesentliche Aufgaben zu fokussieren. Ineffiziente Prozesse, hoher Verwaltungsaufwand und ein regional begrenzter Vertrieb können hierüber aufgelöst werden. Es bleibt mehr Zeit für das Kundengespräch oder für die Entwicklung, beziehungsweise den Test von Maßnahmen für die Kundengewinnung und -bindung sowie für zeitgemäße Produkte.

Die Kosten des digitalen Marktzuganges

Der Aufbau einer digitalen Kundenliste ist eine langfristige Investition. Neukunden bauen Vertrauen sukzessive auf, so dass sich der Wert pro Kunde von Jahr zu Jahr erhöht. Insgesamt unterscheiden sich die Kosten und Maßnahmen gegenüber dem konventionellen Marketing wenig. Die digitale Zeichnung ist letztendlich eine technische Verlängerung der üblichen Leadgenerierung und unterliegt daher auch vergleichbaren Rahmenbedingungen. Der eigene digitale Marktzugang hat anschließend aber den Vorteil, dass der komplette Akquise- und Beratungsprozess transparent vorliegt und somit Optimierungen möglich werden. Erfolgreiche Marktteilnehmer erzielen dann gegenüber der Zusammenarbeit mit Portalen und anderen Dienstleistern erhebliche Preisvorteile. Der Wettbewerbsvorteil durch geringere Kosten für die Neukundenansprache liegt auf der Hand.

Die ideale Plattform für den Wandel

Unabhängig davon, ob Sie als Emittent oder Vertrieb die Plattform betreiben, Sie profitieren von einer schnellen Verfügbarkeit der Kunden und Daten. Neue Produkte oder Marketingansätze zu testen ist keine Hürde mehr. In bewegten Zeiten ist dies der signifikanteste Wettbewerbsvorteil und vermutlich auch der am wenigsten beachtete. Neben der aktuellen Veränderung der Zinsen verändert sich auch die Soziodemografie der Gesellschaft und die Unterschiede von einer Generation zur nächsten werden größer. Unternehmen jeder Größe sind davon direkt betroffen und haben die Möglichkeit, passende Maßnahmen zu ergreifen.

Heute: Starker Einfluss von Technologie, Zinsen und Soziodemografie

Neben dem Phänomen einer exponentiellen technologischen Entwicklung sorgt der Anstieg der Zinsen aktuell für Turbulenzen. Diese Gemengelage trifft zudem noch auf sehr unterschiedliche Wünsche und Bedarfe der Generationen. Ein gutes praktisches Beispiel für eine Produktlösung sind hier die Teilverkaufsangebote für Wohnimmobilien: Hier wird vor allem der Bedarf an Liquidität einer älteren Generation adressiert. Das meist bereits abbezahlte Haus wird zu einem Teil verkauft oder verrentet. Die Teilverkäufer sind liquide, müssen aber ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen.

Aber was passiert nun durch den Anstieg der Zinsen?

  • Der Teilverkauf wird für den Anteils-Verkäufer teurer. Das Nutzungsentgelt besteht zu einem großen Teil aus Zinsen und ist entsprechend stark betroffen.
  • Die Finanzierung des Immobilien-Anteils wird nun auch für Privatinvestoren attraktiv.

Diesen Umstand hat sich die Plattform brickwise.de zu Nutze gemacht und bietet nun erstmals den besagten Anteil eines Einfamilienhauses an. Die privaten Investoren erhalten so durch die Nutzungsgebühr des Teilverkäufers eine Rendite ausgezahlt und nehmen zusätzlich an der Wertsteigerung des Hauses teil. Dieses Beispiel zeigt, wie schnell sich ein Geschäftsmodell heute entwickeln und verändern kann. Agile Unternehmen mit einem eigenen digitalen Marktzugang schaffen im Rahmen dieser Veränderungen Lösungen für ihre Kunden und einen Wettbewerbsvorteil für sich selbst. Andere sehen hier nur das mögliche Ende eines Geschäftsmodells auf sich zukommen.

Gastbeitrag von Nicolaus Thiele-Dohrmann, Projektmanager/Partner Alphapenta GmbH & Co. KG