National anlegen ist gut, international ist besser

09.07.2018

Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG / Foto: © Bayerische Vermögen AG

Gerade hat der Deutsche Aktienindex (Dax) seinen 30. Geburtstag gefeiert. Wer zum Start 1988 in den Index 1.000 Euro investiert hätte, verfügte heute über die rund zwölf- bis 13-fache Summe. Damit entwickelte sich das Börsenabbild der deutschen Wirtschaft noch besser als der Weltaktienindex. Dennoch sollten Anleger nicht ausschließlich national anlegen.

Juli 1988: Der Dax startet in bewegten Zeiten. Im Oktober zuvor hat ein Börsenkrach die Welt erschüttert. Die Notenbanken pumpen daraufhin Milliarden in die Wirtschaft, um eine drohende Rezession zu verhindern. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds üben sich im Krisenmanagement, um die Schuldenkrise in den Schwellenländern in den Griff zu bekommen. Zugleich zeichnen sich der Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und das Ende des kalten Krieges bereits ab. Die Maßnahmen wirken: Die deutsche Wirtschaft wächst 1988 real mit weit über drei Prozent - bei annähender Preisstabilität. Für deutsche Staatsanleihen erhält der Sparer im Schnitt sechs Prozent Jahreszinsen. Auf der Welt lebten fünf Milliarden Menschen.

Juli 2018: Wieder haben die Notenbanken den Geldhahn weit aufgedreht. Die Zinsen in Deutschland liegen nahe der Nulllinie. Die Inflation bewegt sich in Richtung zwei Prozent, und die Wirtschaft wächst moderat bei niedriger Arbeitslosigkeit. Die Weltbevölkerung liegt nun bei 7,5 Milliarden Menschen. Der DAX hat seit seinem Start 1988 rund 1.150 Prozent zugelegt.

Kann der Index seine Erfolgsgeschichte für die kommenden 30 Jahre fortsetzen? 2048 werden über neun Milliarden Menschen die Welt bevölkern. In Deutschland sollen trotz Zuzugs weniger Bürger im erwerbsfähigen Alter leben als aktuell. Die Zahl der über 80-jährigen würde entsprechend der Modellrechnungen von vier auf zehn Millionen steigen.

Trotz der ungünstigen demographischen Entwicklung bin ich überzeugt, dass man mit deutschen Aktien - wenn auch nicht garantiert - in den kommenden 30 Jahren gutes Geld wird verdienen und die Kaufkraft steigern kann. Ruhiger schlafen dürften aber Anleger, die Aktien international streuen, denn die Schwankungen eines globalen Anlagekorbes fielen in der Vergangenheit geringer aus.

Kein Anleger kann wissen, welche großen Veränderungen es über einen Generationszyklus in Deutschland oder Europa geben wird. Wie wird sich der demographische Wandel auf die Binnenwirtschaft auswirken? Welchen Stellenwert werden die jetzigen deutschen Industrie-Giganten in der Welt haben? Was kommt nach der Digitalisierung? Ist es die medizinische Revolution? Wie stabil sind die Sozialsysteme, wie wird sich die Arbeitswelt verändern und gibt es den Euro 2048 noch als Währung?

Wer sein Arbeitseinkommen in Deutschland erwirtschaftet, seine Euroguthaben bei inländischen Geldinstituten anlegt, die Immobilie in Deutschland sein Eigen nennt und die Rente in der Hauptsache über deutsche Altersvorsorge-Einrichtungen abgedeckt, der sollte wenigstens bei der Aktienanlage nicht nur in deutsche Firmen investieren. Der international agierende Anleger macht sich von nationalen Risiken unabhängiger.

Kolumne von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG, München