Nach turbulentem Start

10.01.2016

Andreas Kern

Der deutliche Kursrückgang an den Aktienmärkten hat erste Hinweise auf die mögliche Entwicklung der kommenden Monate geliefert.

Viele Marktteilnehmer rechnen 2016 mit einem schwierigen Börsenjahr. Nachhaltige Kureinbrüche soll es laut einer Umfrage von wikifolio.com unter 146 Tradern auf der Plattform nicht geben.

Für den Großteil der befragten wikifolio-Trader sind die Geldpolitik der Notenbanken, das geopolitische Umfeld, die Entwicklung der Rohstoffpreise und die Sorgen um die Weltkonjunktur die Faktoren, die 2016 die Kapitalmärkte nachhaltig dominieren werden.

Zum Jahresauftakt standen neben dem anhaltenden Sinkflug des Ölpreises vor allem die durch schlechte Konjunkturdaten ausgelösten Turbulenzen in China im Fokus der Börsianer. Im weiteren Jahresverlauf werden sich die Blicke dann zunehmend wieder auf die Notenbanken aus Europa und den USA richten.

Trader erwarten weiter steigende US-Zinsen

Während mit anhaltend niedrigen Leitzinsen im Euroraum gerechnet wird, gehen die meisten Akteure davon aus, dass Fed-Chefin Janet Yellen die im Dezember eingeläutete Zinswende fortsetzen wird. Drei Viertel der Befragten rechnen mit weiteren Anpassungen, wobei der nächste Zinserhöhungsschritt durchweg für das erste Halbjahr prognostiziert wird.

Davon geht auch Frank Haser, Geschäftsführer der Haser Vermögensverwaltung GmbH aus, wenngleich er eine solche Maßnahme persönlich nicht befürwortet: „Meiner Meinung nach hat die Fed den idealen Zeitpunkt verpasst. Sie hätte die Zinswende bereits vor rund einem Jahr vollziehen müssen. Inzwischen schrumpft die Wirtschaft schon wieder leicht. Ich hoffe deshalb, dass es in diesem Jahr zu keiner weiteren Zinserhöhung kommen wird.“ Aus zurückliegenden Perioden, in denen eine Zinswende eingeleitet wurde, sei aber bekannt, dass die Notenbanken in der Regel recht zügig die Zinsen weiter erhöhen. Deshalb geht Haser von einer weiteren Zinsanhebung im zweiten Quartal 2016 aus.

Die Kollegen der Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG halten sogar zwei Zinsanhebungen in den ersten beiden Quartalen für wahrscheinlich.

Seitwärtsbewegung mit deutlichen Kursschwankungen an den Aktienmärkten

Trotz der sich verschlechternden Rahmenbedingungen blicken die Anlageprofis der Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG tendenziell optimistisch auf die Aktienmärkte. „Insgesamt werden die Kurse steigen. Die südeuropäischen Märkte, außer Griechenland, werden sich besser entwickeln als DAX, Dow Jones und S&P. Wir rechnen mit teilweise deutlichen Volatilitäten, insbesondere auch durch starke politische Unsicherheiten“, sagt Vorstand Klaus Hinkel. Damit sind die Experten etwas positiver gestimmt als die meisten Befragten, die mit großer Mehrheit eine volatile Seitwärtsentwicklung an den Aktienmärkten erwarten. Beim DAX rechnen lediglich 20 Prozent mit einer echten Hausse im laufenden Jahr.

Da viele Prognosen noch bei deutlich höheren DAX-Ständen abgegeben wurden, liegen die genannten Kursziele für den deutschen Leitindex zum Jahresende trotzdem weitgehend über den aktuellen Notierungen. Die mit Abstand meisten Nennungen entfielen auf eine Spanne zwischen 10.400 und 12.000 Punkten. Im Zuge der erwarteten starken Schwankungen werden im Jahresverlauf auch neue Allzeithochs für möglich gehalten. Das Jahrestief sehen 90 Prozent der wikifolio-Trader auf oder über der Marke von 8.000 Punkten. Eine mögliche Fortsetzung der Talfahrt haben sie demnach auf dem Schirm. Mit nachhaltigen Kurseinbrüchen rechnet zurzeit aber kaum jemand.

Seit Herbst 2013 stellen institutionelle Finanzmarktexperten ihre Handelsstrategien auf wikifolio.com einem breiten Anlegerpublikum zur Verfügung. Bereits knapp zehn Prozent der deutschen Vermögensverwalter nutzen die Transparenz der Plattform, um neue Kundengruppen zu erreichen. Sie haben bislang 89 wikifolios veröffentlicht. 78 Prozent der von Vermögensverwaltern in investierbaren wikifolios geführten Strategien haben 2014 einen höheren Ertrag erzielt als die Benchmark (DAX).

_Autor: Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG

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