Mehr Onlinehandel im Kunstmarkt

18.04.2016

Kunstauktion und Handel gehen online © Sergey

Der Makler- und Spezialversicherer Hiscox sieht vor allem den Online-Kunstmarkt im Aufwind. Der stationäre Kunstmarkt über Galerien und Auktionshäuser zeige global einen rückläufigen Trend.

2016-04-19 (db) Der Spezialversicherer Hiscox hat den vierten Online Art Trade Report veröffentlicht. Dieser zeigt, dass sich der Kunstmarkt weiter positiv entwickelt und 2015 rund 3,27 Milliarden Dollar umgesetzt hat. Mit 24 Prozent Wachstum entwickelt sich der Online-Kunstmarkt zwar langsamer als noch im Jahr 2014 (68 Prozent), ist jedoch im Vergleich zum global rückläufigen Kunstmarkt weiterhin auf Wachstumskurs. „Wir beobachten, dass besonders das Online-Segment, über das vorwiegend niedrigpreisige Werke unter 10 000 Dollar gehandelt werden, vom rückläufigen Trend unberührt bleibt und sich weiterhin sehr gut entwickelt. Hingegen werden Werke im mittleren und hohen Preissegment weiterhin überwiegend offline verkauft, was 2015 offenbar nicht weiter an Attraktivität gewinnen konnte“, sagt Robert Read, Head of Fine Art bei Hiscox. Der Anteil der Internet-Käufer unter den befragten 672 Kunstkäufern bleibt mit 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr konstant. Jedoch etabliert sich der Online-Kauf unter den vorhandenen Internet-Käufern weiter: 92 Prozent von ihnen planen im nächsten Jahr 2016 mehr (48 Prozent) oder zumindest gleich viel (44 Prozent) Kunst auf digitalen Wegen zu erwerben. Bei den Online-Käufern unter 35 Jahren wollen sogar 68 Prozent in den kommenden zwölf Monaten noch mehr über digitale Kanäle erwerben als im abgelaufenen Jahr. Insgesamt scheint der Aufwärts-Trend des Online-Kunstmarktes dennoch leicht abzukühlen. 2015 haben unter den „Kunst-Neukäufern“ im Vergleich zu 2014 insgesamt weniger Befragte Kunst online erworben (2015: 41 Prozent vs. 2014: 43 Prozent). Auch bei den jungen Käufern zeigt sich diese Entwicklung (2015: 43 Prozent vs. 2014: 46 Prozent). „Besonders die jungen Käufer sehen Kunst nach unserer Befragung als Wertanlage und sind auf dem global rückläufigen Kunstmarkt unter Umständen zögerlicher bei Investitionen, was den Wachstumstrend abbremsen könnte“, so Read.

Auktionshäuser auf Wachstumskurs

Eine zentrale Rolle im wachsenden Online-Segment nehmen Auktionshäuser offline wie online ein: Online-Anbieter wie Auctionata und Paddle8 können 2015 mehr als doppelt so viele Verkäufe verzeichnen wie 2014, aber auch traditionelle Anbieter nutzen den Online-Handel wie zum Beispiel Sotheby’s mit über 100 Millionen Dollar Umsatz im Jahr 2015 erfolgreich. Christie‘s setzte 36,4 Millionen Dollar digital um, was einem Wachstum von über 11 Prozent entspricht. Beim neuen Hiscox Online Art Plattform Ranking, das die Zufriedenheit und Gewohnheiten der Befragten beim Besuchen von Online-Kunst-Plattformen untersucht, liegen traditionelle Anbieter in Sachen Kauferfahrung und Qualität allerdings noch vor der Konkurrenz aus dem Netz. Die digitalen Anbieter belegen aber ebenfalls bereits Plätze innerhalb der Top 10.

Galerien freunden sich langsam mit dem Online-Handel an

Zaghaft, aber doch wahrnehmbar, unternimmt auch die Galerie-Szene erste Digitalisierungsversuche: Kleine Galerien bieten zunehmend Online-Optionen an. Im Vergleich zur letzten Galerie-Befragung aus dem Jahr 2012 kletterte der Wert von 22 auf 28 Prozent in der diesjährigen Befragung. Ebenso generieren 41 Prozent der Galerien Umsätze über Drittanbieter wie 1stdibs, Artsy oder Artnet und 26 Prozent planen dies zumindest in den nächsten zwölf Monaten. Von einer ganzheitlichen Durchdringung kann hier allerdings noch nicht die Rede sein: 39 Prozent der Galerien haben bisher noch gar keine Online-Kanal-Strategie (2012: 41 Prozent). Fortschrittlicher gehen Galerien beim Thema Marketing vor: Bereits 81 Prozent bewerben Galerie und Künstler über soziale Netzwerke.

Soziale Medien beeinflussen vor allem Generation Y

Deutlich zeigt sich der Online-Trend am Kunstmarkt auch bei der sogenannten Generation Y. Jeder fünfte Befragte unter 35 (19 Prozent) tätigte seinen ersten Kunstkauf über das Internet (2014: 9 Prozent). 42 Prozent der jungen Befragten gaben an, sich beim Kunstkauf über Social Media inspirieren zu lassen (31 Prozent bei allen Befragten). Als wichtigster Kanal der jungen Kunstkäufer sticht hier Instagram hervor, den 65 Prozent als erste Anlaufstelle zum Teilen von Fotos und Videos nutzen. Für 57 Prozent ist die Kunst neben der emotionalen Bedeutung auch eine Wertanlage. Auch im Durchschnitt aller Befragten nehmen soziale Medien an Bedeutung zu: Lag die Nutzung im Vorjahr noch bei 24 Prozent, spielen Facebook und Co. 2015 bereits für 31 Prozent eine wichtige Rolle. Gerade mit Blick auf die junge Zielgruppe sollten Anbieter auch ihre mobile Strategie nicht vernachlässigen. Immerhin 16 Prozent der Befragten unter 35 gaben an, via Smartphone oder Tablet Kunst erworben zu haben. Zudem liefen 2015 bereits 22 Prozent aller digitalen Kunstkäufe auf den befragten Plattformen über mobile Endgeräte. „Digitale Strategien haben vor allem in der jungen Zielgruppe eine wachsende Bedeutung. Klassische Anbieter und Galerien müssen die Herausforderungen annehmen, um ihren Vertrauensvorsprung zu nutzen, den ihnen die Käufer heute noch einräumen“, sagt Read zum aktuellen Markttrend im Kunst-Online-Handel. Dietmar Braun