Marktreformen in China

15.09.2014

**Die Aufsichtsbehörde für Staatsunternehmen (SASAC) hat im Juli dieses Jahres wichtige Pilotprogramme aufgelegt, welche die Absicht Pekings unterstreichen, die Reform voranzubringen. *finanzwelt* hakte bei Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege Fidelity Worldwide Investment nach, inwieweit die Reformanstrengungen Früchte zeigen.**

"Unbestreitbar hatten die chinesischen Staatsunternehmen wesentlichen Anteil am rasanten Wachstum des Landes in den zurückliegenden Jahrzehnten. Als Anteilseigner und Aufsichtsbehörde in einem greift die SASAC heute jedoch mit ihren bürokratischen Vorgaben massiv in die Autonomie der Staatsbetriebe ein und hemmt damit deren Entwicklung. Heute bremsen die unzureichende Effizienz und hohe Verschuldung der Staatsunternehmen die Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft.

Insgesamt beaufsichtigt die SASAC mehr als 100 zentrale, staatseigene Betriebe. In sechs ausgewählten Unternehmen sollen nun Pilotprogramme umgesetzt und die gewonnenen Erfahrungen anschließend in großem Maßstab auf andere Staatsunternehmen übertragen werden. Drei Pilotprogramme sind besonders interessant:

Das erste sieht die Gründung staatlicher Kapitalanlagegesellschaften vor. Die Hauptaufgabe der SASAC wird sich von der Leitung der Staatsbetriebe zur reinen Kapitalverwaltung wandeln. Das ist ein wichtiger Schritt zur Trennung der beiden Funktionen der SASAC. Ein zweites Pilotprogramm sieht weiterreichende Kompetenzen für die Unternehmensvorstände in der Personalpolitik vor. Die Neuregelung der Managementstrukturen verleiht den Staatsunternehmen mehr Eigenständigkeit bei der Ernennung und Entlohnung von Führungskräften. Die Interessen des Managements der Staatsbetriebe werden so stärker an den Unternehmenszielen und den Interessen der Aktionäre ausgerichtet.

Ein drittes Pilotprogramm ermöglicht die Entwicklung hybrider Eigentumsstrukturen. Nach der Finanzkrise 2008 haben die Staatsbetriebe zwar ihre Dominanz und sogar ihre Monopolstellung in einigen Schlüsselbranchen ausgebaut. Das aber ging zu Lasten der Effizienz, während zugleich ihre Verschuldungsquoten stiegen. Seit den 1990ern hat sich die Eigenkapitalrendite der Staatsbetriebe umgekehrt proportional zum Anteil der Staatsbeteiligung entwickelt. Das lässt den Umkehrschluss zu, dass sich mit steigender Beteiligung privater Kapitalgeber im Fahrwasser der Reform die Effizienz der Staatsbetriebe verbessern wird.

Während die SASAC diese Pilotprogramme aufgelegt hat, vollzog sich im vergangenen Jahr in einigen von Staatsbetrieben dominierten Industriezweigen bereits eine umfassendere Reform. Ein Beispiel ist die Öl- und Gasindustrie, die sich allmählich für privates Kapital öffnet. Darüber hinaus hat die Regierung erste Schritte ergriffen, um in den Bereichen Wasser, Telekommunikation und Strom ein marktorientiertes Preissystem einzuführen. Anleger sollten jedoch berücksichtigen, dass die Neuordnung der Staatsbetriebe ein langwieriger Prozess ist. Der nun unternommene Schritt war für diese Entwicklung jedoch sehr wichtig und wird sich positiv auf die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft auswirken."

(Autor: Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege Fidelity Worldwide Investment)