Längste Rekordjagd in den USA

24.09.2018

Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München / Foto: © Dr. Lux & Präuner

Die USA bleiben das Land der Rekorde. Der breite amerikanische Aktienindex S&P 500 feiert den zeitlich längsten Anstieg seiner Geschichte: Seit dem Tiefpunkt, der am 9. März 2009 markiert wurde, ist der Index ohne eine Korrektur von 20 Prozent über mittlerweile mehr als 3.450 Kalendertage angestiegen. Damit wurde der bisherige Rekord, der zwischen den Jahren 1990 und 2000 aufgestellt wurde, übertroffen. In diesem Zeitraum hat der S&P 500 mehr als 320 Prozent an Wert gewonnen, der Dow Jones 30 konnte fast 300 Prozent an Wert zulegen (jeweils in US-Dollar).

Noch besser schlugen sich die Aktien kleinerer US-Firmen, die der Aktienindex Russell 2000 abbildet und die einen Wertzuwachs von mehr als 400 Prozent erzielt haben. Die „Königin“ unter den US-Indizes ist aber eindeutig die Technologiebörse NASDAQ, die mit einem Plus von über 500 Prozent seit März 2009 die meisten anderen bekannten Aktienindizes weit in den Schatten stellt.

Im internationalen Vergleich ist der „US-Bulle“ mit Abstand am schnellsten gelaufen. Europa konnte da nicht mithalten. Die beiden europäischen Indizes Stoxx50 und EuroStoxx50 konnten in den vergangenen neuneinhalb Jahren nur um vergleichsweise bescheidene 90 Prozent zulegen. Deutsche Aktien im DAX30 schlugen sich mit einem Zuwachs von 240 Prozent zwar besser, aber nur der MDAX, der den deutschen Mittelstand abbildet, konnte den Amis das Wasser reichen und hat mit einem Plus von gut 550 Prozent sogar die US-Techwerte knapp hinter sich gelassen!

Auch wenn der gesamte Wertzuwachs des S&P in diesem Zyklus (bislang) hinter der Entwicklung der 1990er Jahre zurückbleibt, hätten wohl die Wenigsten im März 2009 eine derart lange Aufschwungsphase erwartet. Denn damals befanden sich die Weltwirtschaft und das globale Finanzsystem aufgrund des Platzens der US-Immobilienblase und der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 in einer äußerst prekären Lage. Vor allem dem beherzten Eingreifen der US-amerikanischen Notenbank und ihrer unkonventionellen Geldpolitik war es zu verdanken, dass die Konjunktur wieder Tritt fasste und sich die Aktienmärkte erholten.

Allerdings verlief der Weg bis zum Erreichen der neuen Rekordmarke keineswegs linear. So sorgte die nach der Krise sprunghaft angestiegene Staatsverschuldung im August 2011 fast für ein Ende des Bullenmarktes, nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit der USA zurückstufte. Der S&P 500 verlor zunächst kräftig an Wert, konnte sich aber in der Folgezeit wieder erholen. Auch zwischen Sommer 2015 und Anfang 2016 kam Sand ins Getriebe des Aktienmarktaufschwungs, nachdem China seine Währung abwertete und der Ölpreis sowie andere Rohstoffpreise unter Druck gerieten. Doch auch diese Schwächephase stellte nur eine kurze Episode dar.

Summa summarum verdanken die US-Aktienmärkte die gute Wertentwicklung vor allem den Unternehmensgewinnen. Sie sind der wichtigste Faktor für die Kursentwicklung. So haben sich dank der im Vergleich zu Europa stärkeren Konjunkturerholung in den USA die Gewinne der US-Unternehmen seit 2009 wesentlich besser entwickelt. Die Gewinne der im gesamteuropäischen Stoxx600 vertretenen Unternehmen liegen heute nur unwesentlich höher als im Jahr 2009. Eine Branchenanalyse zeigt ein sehr gemischtes Bild bei den europäischen Werten. Anders im S&P 500: Hier weisen alle Sektoren ein höheres Gewinnniveau auf, fast verdreifacht hat es sich sogar im Technologiesektor.

Unsere Einschätzung: Die fundamentalen Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass die US-Börsen auch in nächster Zeit eine bessere Wertentwicklung aufweisen werden als viele andere Aktienmärkte. Unter den Unsicherheiten aufgrund der von US-Präsident Trump angefachten Handelsstreitigkeiten leiden Europa, Japan und die Schwellenländer deutlich stärker als die USA. Konsumenten und Unternehmen in den Vereinigten Staaten profitieren von den Effekten der Steuerreform, den höheren Staatsausgaben (zum Beispiel für Verteidigung) und der Deregulierung, sodass das Wirtschaftswachstum auch in den kommenden Quartalen bei mindestens drei Prozent und damit deutlich höher als in den meisten anderen Ländern liegen sollte.

Die wirtschaftliche Stärke der USA wird dazu führen, dass die Unternehmensgewinne auch in den nächsten Quartalen überproportional zulegen. Nach Steigerungsraten von 25 Prozent im ersten Halbjahr 2018 dürfte sich das Gewinnwachstum in der zweiten Jahreshälfte nur leicht in Richtung 20 Prozent verlangsamen; dabei entfällt rund die Hälfte des Zuwachses auf die niedrigeren Steuern. Für nächstes Jahr wird ein weiteres Gewinnplus von rund  zehn Prozent erwartet, wobei die Gewinnerwartungen bis zuletzt nach oben revidiert wurden.

Kolumne von Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München