Korrektur an Aktienmärkten erwartet

07.06.2017

Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © wikifolio

Die Aktienmärkte waren in den letzten fünf Monaten geprägt von langen Seitwärtsphasen. Diese wurden immer wieder von kurzen Anstiegen unterbrochen. Unter dem Strich stehen allerdings recht ordentliche Pluszeichen – bei vielen Indizes wurden sogar neue Allzeithochs geschrieben. Aus Sicht der klassischen Charttechnik handelt es sich hierbei um starke Kaufsignale. Dennoch raten die bei wikifolio.com aktiven Vermögensverwalter Anlegern zur Vorsicht.

Die im anhaltenden Niedrigzinsumfeld fehlenden attraktiven Anlagealternativen sind einer der in den vergangenen Monaten am häufigsten genannten Gründe für die steigenden Aktienkurse. Nach Ansicht von Jens Brunke, Managing Director beim Münchener Finanzdienstleister CM-Equity, schätzten die meisten Marktteilnehmer die Aktienmärkte deshalb immer noch relativ optimistisch ein. Risiken würden derzeit kaum gesehen, was sich auch in den deutlich gesunkenen Schwankungserwartungen zeige. Der VDAX als Volatilitäts-Index des deutschen Aktienmarktes bewegt sich aktuell im Bereich seiner historischen Tiefs.

Daniel Haase, Mitglied der Geschäftsleitung bei der HAC VermögensManagement AG, vermutet hinter dem Tiefstand ein zukünftiges Problem: „Die Situation an den Aktienmärkten ist fragiler, als es die auf den ersten Blick recht positiven Indexentwicklungen vermuten lassen. Die von uns beobachteten Volatilitätsindizes, die gern auch als ‚Panik-Indizes‘ betitelt werden, offenbaren seit geraumer Zeit ein extremes Ausmaß an Sorglosigkeit unter den Anlegern in Europa und Amerika.“

Aufwärtstrend wackelt

Die von Haase analysierten Trendindikatoren signalisieren zudem ein „Abbröckeln der Dominanz der mittelfristigen Aufwärtstrends“. Deshalb rät der Experte Anlegern zur Vorsicht: „Ein ideales Umfeld für Aktienengagements wäre eine hohe Unsicherheit gepaart mit sich verbessernden Trendstrukturdaten. Aktuell befinden wir uns in einem Umfeld mit hoher Sorglosigkeit und sich langsam verschlechternden Trendstrukturdaten“, gibt Haase zu bedenken.

Als weiteres Warnsignal wertet der Portfoliomanager, dass die Hausse in diesem Jahr recht selektiv ist. Als Beispiel nennt er den zuletzt besonders gut gelaufenen Sektor der Technologie-Aktien: „In einem gesunden Aufwärtstrend steigen mindestens 70 Prozent, besser noch über 80 Prozent aller Titel. Obwohl der NASDAQ Composite seit dem Start ins Jahr 17 Prozent zulegen konnte, haben 44 Prozent aller NASDAQ-Titel Kursverluste erlitten.“

Vermögensverwalter empfehlen Absicherungen aufzubauen

Für die weitere Entwicklung hält der Vermögensverwalter zwei Szenarien für wahrscheinlich: „Im positiven Fall endet die strukturelle Schwäche nach der nächsten Korrektur, sodass wir eine kraftvolle Erholung, am besten angeführt von den Emerging Markets, sehen. Im negativen Fall folgt auf die nächste Korrektur eine schwache Erholung, sodass wir noch im zweiten Halbjahr unsere Sicherungsinstrumente einsetzen müssen. Welches Szenario letztlich gewinnen wird, kann niemand prognostizieren. Wichtig ist es, auf beide Möglichkeiten vorbereitet zu sein.“

Jens Brunke von CM-Equity rät Anlegern schon jetzt, mit dem Aufbau erster Absicherungen zu beginnen: „Aktuell ist es sicherlich sinnvoll in Aktien investiert zu sein. Es ist aber davon auszugehen, dass die Volatilität an den Aktienmärkten steigen wird und es zu einer Korrektur kommt. Absicherungen können durch das konsequente Arbeiten mit Stopp-Loss-Marken erfolgen oder auch in Form von ETFs, Zertifikaten oder alternative Produkte wie Futures und Optionen.“

Kolumne von Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG