"Kleinlein hat nicht völlig recht"

10.08.2018

Marco Seuffert / Foto: © Marco Seuffert

Die Forderung von BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein nach einem Provisionsdeckel in Höhe von 1,5 % der Beitragssumme (finanzwelt berichtete) erhält Widerspruch: Lesen Sie hierzu den Leserbrief von finanzwelt-Leser Marco Seuffert.

"Sehr geehrter Hr. Kleinlein,

herzlichen Dank für Ihre Ausarbeitung.

Aus meiner Sicht beinhaltet diese jedoch einig Fehler:

1. Die Provisionsvereinbarungen in der deutschen Assekuranz beinhalten Maximierungen in der Regel auf 90% bis 100% des Erstjahresbeitrags. Besonders bei kurzen und langen Laufzeiten wird teilweise deutlich maximiert (begrenzt). Unter Berücksichtigung dieser Maximierung wäre die von Ihnen errechnete Provision nicht viermal, sondern nur ca. doppelt so hoch!

2.  In der Ausschließlichkeit erhalten die Vermittler im Durchschnitt auch keine 40 Promille Abschlussprovision, wie von Ihnen berechnet, sondern lediglich ca. 26 Promille. Hierzu gibt es mehrere unterschiedliche Erhebungen. Ca. 1/3 der Abschlusskosten verbleiben beim Unternehmen!

3. Die durchschnittliche Beitragssumme beträgt zudem ca. 20.000 EUR. Insofern sind die von Ihnen herangezogenen ca. 342.000 EUR Beitragssumme überhaupt kein Maßstab. Nicht jedes Fahrzeug, das der Fiat-Konzern verkauft, ist ein Ferrari. Da sind auch sehr viele volksnahe „Kleinwagen“ dabei, an denen nur bedingt Geld verdient wird.

4. Im Übrigen würde eine solch hohe Beitragssumme sicherlich auch nach Kollektivgeschäftskonditionen, sprich halber Abschlussprovision, abgewickelt.

5. Der Geldbeutel der Verbraucher ist endlich! 1.000 EUR zusätzliche Rentenabsicherung zu benötigen und es sich im nicht von der Versicherungswirtschaft zu verantworteten Niedrigzinsumfeld leisten zu können, sind zwei Paar Stiefel. Die wenigsten Kunden können das.

6.  Was zudem vollkommen verkannt wird, ist die Tatsache, dass die Kunden heute deutlich umfassender beraten werden müssen als 1998 und der Kostenapparat auch deutlich höher ist, den qualifizierte Vermittlerbetriebe heute vorhalten. Beim 8-fachen Beratungsaufwand bedeutet eine 4-fache Provision immer noch eine Provisionshalbierung.

7. Es ist schon ein deutlicher Unterschied, 4% steuerfreien Garantiezins und ca. 7% Überschussbeteiligung zu verkaufen oder dies im Rahmen des 3-Schichten-Modells mit unterschiedlichen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlungen, viel zu vielen Durchführungswegen in der BAV, einer Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung nach IDD, einem massiv verschärften Geldwäschegesetz, nur noch 0,9% oder gar keinem Garantiezins, unterschiedlichsten Fondskonzeptionen, erklärungsbedürftigen Produkt- sowie Basisinformationsblättern und auch unterschiedlichsten Bruttomethoden bei der Kostentransparenz zu tun.

8. Heute sind insgesamt auch deutlich mehr Gespräche für einen Abschluss erforderlich als 1998. Bei einem Provisionsdeckel von 15 Promille und gleichbleibender Stornohaftung wie von Ihnen vorgeschlagen wird das Geschäftsfeld schlichtweg unrentabel. Dann muss der Gesetzgeber über zusätzliche Finanzierung nachdenken, damit überhaupt noch Altersvorsorge betrieben wird und dann müssen die Verbraucher zusätzlich immer noch eigenständig kaufen. Dass das nicht funktioniert, sieht man in den provisionsfreien Ländern sehr gut. Die Wahl zwischen Konsum und Altersvorsorge wird vom Verbraucher sehr leicht entschieden. Und notwendiger Konsumverzicht muss sich lohnen, beraten zu werden.

9. Bitte vergessen Sie auch nicht, dass gemäß IDD zwingend erforderlich die Ziele und Wünsche ermittelt, die Angemessenheit und Geeignetheit geprüft, passende Angebote erstellt, ein begründeter Rat erteilt, das ausgewählte Produkt erklärt und das Ganze ordnungsgemäß dokumentiert werden muss.

10. Aber ich bin dennoch sehr froh über ihre Ausarbeitung, denn sie zeigt sehr deutlich auf, dass die Vermittlerprovisionen nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten ausmachen und der weitaus größte Teil der Gesamtkosten beim Versicherer zu suchen ist. Im Übrigen konträr zum aktuellen LVRG2-Entwurf, in welchem so getan wird, als wären die Verwaltungskosten auf konstant niedrigem Niveau. Dabei ist gerade hier der Ansatz zu suchen! Neben dem Ende der Niedrigzinspolitik!

Sehr gerne können wir das Thema auch noch mal bilateral erläutern. Meine Kontaktdaten haben sie ja.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Seuffert