Jeder Sechste gerät wegen Corona in Zahlungsverzug

06.07.2020

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Kurzarbeit oder sogar Verlust des Arbeitsplatzes sind für viele Deutsche die traurige Realität in den vergangenen Wochen. Für viele sind damit ernsthafte finanzielle Probleme verbunden. Bei den Konsumausgaben zeigen sich Auswirkungen von Homeoffice und fehlender Freizeitaktivitäten. Es gibt aber auch einen positiven Effekt.

Aus einem medizinischen Problem wird ein handfestes wirtschaftliches: Seit einem halben Jahr ist Covid-19 bekannt – und seit vier Monaten ist das Leben seitdem nicht mehr wie es vorher war: Der wochenlange Lockdown im März und April sorgt für einen beispiellosen wirtschaftlichen Einbruch, der für viele Menschen existenzgefährdend werden kann. Wie groß die Auswirkungen bereits nach wenigen Wochen sind, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Auftrag der ING, bei der im Mai auch über 1.000 Deutsche zu ihrem Konsumverhalten und ihrer finanziellen Situation befragt wurden. So gaben darin ein Fünftel der Befragten an, dass sie aufgrund der aktuellen Situation bereits ihre Notreserven anbrechen mussten. 14 % sind wegen der finanziellen Schieflage zudem bei der Miete oder den Raten für die Baufinanzierung in Verzug geraten. Jeder siebte musste sogar neue bzw. zusätzliche Kredite aufnehmen. Am stärksten betroffen von der Krise sind jüngere Menschen: So hat ein Drittel der 25 bis 34-jährigen Schwierigkeiten bei der Mietzahlungen, in den Altersgruppen der 35 bis 44-jährigen und der 45 bis 54-jährigen sind hingegen nur jeweils 13 % von diesem Problem betroffen. Diese Trends zeigen sich auch bei der Kreditaufnahme.

Auch auf das Konsumverhalten hat die Krise deutliche Auswirkungen: So wollen 43 % der Umfrageteilnehmer größere Anschaffungen erstmal aufschieben. 33 % wollen hingegen nicht verzichten. Wenig verändern dürfte sich hingegen bei den Ausgaben des täglichen Bedarfs: So geht fast jeder Zweite davon aus, dass die Ausgaben in den Bereichen Nahrungsmittel, Gesundheitsversorgung, Mobilfunk/Internet/TV, Kleidung & Kosmetik sowie Freizeitaktivitäten so hoch sein werden wie sonst auch. Bei den Umfrage zeigt sich aber auch, dass viele Menschen in den letzen Wochen viel Zeit zuhause verbracht haben: So rechnet jeder zweite Befragte, mit Mehrkosten bei der Energie- und Wasserversorgung. Auch wenn die Restaurants alle wieder geöffnet haben, rechnen 48 % mit weniger Ausgaben in diesem Bereich. Auch bezüglich des Urlaubs sorgt die Pandemie für Veränderungen: So rechnen 56 % der Befragten, dass sie für diesen Bereich weniger ausgeben werden als sonst.

Lob für Krisenmanagement

Carsten Brzeski sieht in den Umfrageergebnissen aktuell noch keinen Grund zur Beunruhigung. „Die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise scheinen für einen Großteil der Deutschen zum Glück noch nicht existenzbedrohend zu sein. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der wirtschaftlichen Schaden in den kommenden Monaten noch größer wird und in welchem Ausmaß die Konjunkturpakete der Bundesregierung zünden“, so der Chefvolkswirt der ING Deutschland. Diese Konjunkturpakete sind nur ein Bündel an Maßnahmen, die die Bundesregierung zur Bewältigung der Krise beschlossen hat. In wie weit diese Maßnahmen wirken, wird sich wohl erst langfristig zeigen. Aktuell sind die Deutschen durchaus zufrieden mit den Maßnahmen. So gaben in der ING-Umfrage vier von zehn Befragten an, dass sie mit der bisherigen Bewältigung der Krise zufrieden und zudem zuversichtlich sind, dass diese bald ausgetanden sein wird. "Die Ergebnisse der Befragung unterstreichen, dass ein Großteil der Bürger mit dem deutschen Weg in der Corona-Krise einverstanden ist“, so Carsten Brzeski.

Mehr Beschäftigung mit Finanzen

Obwohl am Geld unser Wohl und Wehe hängt, wird sich häufig nur ungern mit dem Thema Finanzen beschäftigt. Möglicherweise sorgt die finanzielle Schieflage aufgrund Krise hier für ein Umdenken: So gaben 43 % der Befragten an, dass sie sich derzeit intensiver mit der eigenen finanziellen Situation beschäftigen. Dabei stimmt nicht unbedingt das Klischee, das Finanzen vor allem Männersache sind: Während 40 % der befragten Männer sich nun intensiver mit dem Thema Geld beschäftigen, sind es bei den Frauen 46 %. (ahu)