Italiens Schicksalswahl: Ciao Euro?

01.03.2018

Manuel Peiffer, Relationshipmanager GVS Financial Solutions / Foto: © GVS

Am kommenden Wochenende finden in Italien die Parlamentswahlen statt. Dieses für Europa richtungsweisende Ereignis wird bisher weder von den Medien noch von den Finanzmärkten adäquat beachtet. Doch was passiert, wenn eine eurokritische Partei das Rennen macht? Sagt Italien dann wirklich „ciao Euro“?

Am 4. März wählen die Italiener ein neues Parlament. Obwohl die Wirtschaft nach zehn Jahren wieder wächst, die Exporte anziehen und der Konsum steigt, ist im Süden Europas noch lange nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt noch zu viele Schattenseiten. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei erschreckenden 36 Prozent, die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer, sodass die Mittelschicht mit Verlustängsten geplagt wird. Zudem wächst die Abneigung gegen Zuwanderer rasant. Das italienische Bankensystem ist marode und das Vertrauen in den Euro beziehungsweise der Europäischen Union hat einen Tiefpunkt erreicht. Dieser Cocktail aus Angst, Verzweiflung und Wut wird natürlich Einfluss auch das Wahlergebnis haben.

Euroskeptische Parteien sind daher im Aufwind und könnten die Wahl zu ihren Gunsten entscheiden. Also keine guten Aussichten für Europa. Experten halten einem Erfolg für die eurokritischen Parteien des Landes durchaus für möglich. Somit herrscht also jede Menge Explosionsgefahr im Land des Vesuvs.

Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die laut Umfragen stärkste Einzelpartei werden könnte, hat ihre frühere Ankündigung eines Referendums über die Gemeinschaftswährung jedoch relativiert. Parteichef Luigi Di Maio erklärte, dass dieser Schritt lediglich ein "letztes Mittel" sei, falls Italien keine Änderungen an den EU-Haushaltsregeln durchsetzen könne. Mit EU-Haushaltsregeln meinen die Italiener auch eine Umstrukturierung der Staatschulden. Und genau hier ist die Olive am faulsten. Mindestens 400 Milliarden Euro stehen auf dem Spiel. Auf diese Zahl beziffert sich das aktuelle Target-2-Saldo, das bei einem „Italexit“, einem Austritt Italiens aus der Eurozone, ausgeglichen werden müsste. Zu einem großen Teil verstecken sich hier Forderungen der Deutschen Bundesbank und letztlich abermals das Geld der deutschen Steuerzahler. Hinzu kommen die italienischen Staatsanleihen, welche die Europäische Zentralbank zur Stützung der europäischen Währung gebetsmühlenartig aufkauft. Seit Start des Anleihekaufprogramms im März 2015 haben „Draghis-EZB-Jünger“ italienische Anleihen im Wert von 100 Milliarden Euro in die Bücher genommen.

Was würde ein „Italexit“ für die Finanzmärkte bedeuten? Anleger werden das Ergebnis mit Argusaugen beobachten. Gerade der italienische Aktienmarkt ist angesichts seines guten Laufs anfällig für Verluste, denn viele Vorschusslorbeeren wurden eingepreist. Seit Ende 2016 hat der MIB knapp 30 Prozent zugelegt, Dax und EuroStoxx kommen im selben Zeitraum auf ein Plus von zehn beziehungsweise acht Prozent. Ein Sieg der eurokritischen Parteien würde für massive Unsicherheit an den Märkten führen.

Ob es dann wirklich zu einem Euro-Austritts Italiens kommen würde, bleibt zu bezweifeln. Wahrscheinlicher ist die Tatsache, dass die Italiener den „Italexit“ nur als Drohmittel, wie die Brexit-Anhänger, nutzen.

Am kommenden Montag wissen wir, ob sich die Italiener „per un‘ Europa forte“ oder für ein „arrivederci Euro“ entschieden haben.  Dann werden wir zeitnah erkennen, wie kurz oder lang die Beine einer  politischen Börse  sein werden.

Kolumne von Manuel Peiffer,Relationshipmanager GVS Financial Solutions