Industrieautomatisierung birgt weiterhin gutes Ertragspotenzial

10.08.2022

Sebastian Olbert,  Geschäftsführer und Partner  L.E.K. Consulting am Standort München und Experte für Wachstumsstrategien / Foto: © L.E.K. Consulting

Es herrscht eine angespannte und volatile Situation an den Märkten. War die Wirtschaft durch die Folgen der Corona-Pandemie bereits geschwächt, was sich unter anderem in teils akuten Arbeitskräftemangel bemerkbar macht, haben die steigende Inflation und der Krieg in der Ukraine die Situation weiter verschärft. Dennoch ist auf Investorenseite weiterhin viel Geld vorhanden, was zukunftsgerichtet und gewinnbringend angelegt werden will. Dabei bleibt die Industrieautomatisierung ein interessantes Feld.

Durch das wachsende Bewusstsein für die Gesundheit und den Schutz der Mitarbeiter sowie die steigenden Arbeitskosten sind Unternehmen verstärkt an der Automatisierung von Produktionsprozessen interessiert, um effizienter zu werden. Darüber hinaus spielt vor allem der bereits spürbare und stetig steigende Arbeitskräftemangel eine Rolle. 50.000 Vollzeitkräfte fehlen auf Intensivstationen deutscher Krankenhäuser, 320.000 in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik belegte unlängst eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Laut Zentralverband des deutschen Handwerks werden auch im Handwerk 250.000 Fachkräfte mehr benötigt.

Seit Jahrzehnten vollzieht sich ein demografischer Wandel. Durch die sinkenden Geburtenraten altert die Bevölkerung immer weiter. Selbst eine Nettozuwanderung von 300.000 Menschen pro Jahr würde nicht reichen, um das fehlende Erwerbspersonenpotenzial auszugleichen. Da sich diese drohende Lücke nicht allein durch Zuwanderer oder einen späteren Renteneintritt schließen lässt, kann nur die Automatisierung Abhilfe schaffen.

Die Zentralbanken werden den Leitzins weiter erhöhen müssen, um der Inflation entgegenzuwirken. Eine Folge daraus wird sein, dass die Unternehmensbewertungen sinken, da fremdfinanzierte Übernahmen für Investoren deutlich teurer werden als in den letzten Jahren. Damit dürfte die Zeit überbewerteter Deals erst mal vorbei sein.

Auch wird es kaum mehr Investments geben, die auf eine Erhöhung der Bewertungen spekulieren. Deals müssen demnach nicht nur Substanz haben, sondern sich zusätzlich durch Maßnahmen zur Value Creation wie Synergien oder operative Verbesserungen tragen. Darüber hinaus werden Private Equity Häuser einen stärkeren Fokus auf die Cashflow-Generierung der Zielunternehmen legen, also auf Möglichkeiten zur Erhöhung des EBITDA und der Bruttomarge. Ein weiteres Augenmerk wird auf dem Investitionsbedarf (CAPEX) liegen, um das entsprechende Umsatzwachstum zu erreichen.

Die Konsequenz: Für Private Equity Investoren wird es schwer werden, die strategischen Investoren zu überbieten, die in der Regel umfassendere Möglichkeiten für Synergien haben. Das aktuelle Marktumfeld spielt dieser Tatsache in die Hände.

Insgesamt ist zu erwarten, dass die M&A‑Aktivität in der Industrieautomatisierung weiterhin hoch bleibt, bei der Auswahl der Investitionen jedoch stärker selektiert werden wird. Das Investitionsvolumen wird sich verringern und damit der Fokus eher auf mehreren kleinen als auf wenigen großen Deals liegen. Dabei wird es einen hart umkämpften Wettbewerb um gute Anlageoptionen geben.

Kolumne von Sebastian Olbert, Geschäftsführer und Partner L.E.K. Consulting am Standort München und Experte für Wachstumsstrategien