„Home Bias“ kostet deutsche Privatanleger fast 140 Mrd. Euro

07.03.2023

Foto: © Andy Dean - stock.adobe.com

Deutsche Anleger investieren am liebsten in heimische Aktien: Mit 52 % der zwischen 2018 und 2022 getätigten Aktieninvestments floss mehr als die Hälfte in Beteiligungen an deutschen Börsenwerten – und das, obwohl die ausländischen Aktien deutscher Privatanleger in dieser Zeit eine fast acht Mal so hohe Rendite erwirtschaftet haben. Die Folge: Anleger verschenkten durch diesen sogenannten „Home Bias“ seit 2018 fast 140 Mrd. Euro an zusätzlicher Rendite.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des digitalen Vermögensverwalters Whitebox. Insgesamt haben deutsche Anleger in den vergangenen fünf Jahren 58 Mrd. Euro in deutsche Aktien investiert. Das ist mehr als in Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (52 Mrd., exkl. Fonds und ETFs). Aktuell stammen nur 46 % der Aktien in den Depots der Deutschen von internationalen Unternehmen. Dabei haben gerade diese in den vergangenen Jahren den Anlegern hohe Gewinne eingebracht: Die Gesamtrendite pro Jahr lag seit 2018 durchschnittlich bei 11,8 %.

Deutsche Aktien brachten jährlich nur 1,8 % Rendite im Durchschnitt ein

„Deutsche Anleger haben mit ihren Aktieninvestments seit 2018 eine Gesamtrendite von 31 Mrd. Euro erzielt. Diese Erträge stammen mit Kursgewinnen von 62 Mrd. Euro fast vollständig aus dem Ausland, während deutsche Aktien über die vergangenen fünf Jahre sogar kumulierte Kursverluste von 31 Mrd. Euro aufwiesen. Trotzdem bestehen die Depots der Deutschen immer noch zu 54 % aus deutschen Aktien. Damit verschenken sie eine noch bessere Rendite“, erklärt Salome Preiswerk, Geschäftsführerin und Co-Gründerin von Whitebox. Zum Vergleich: Der Anteil der deutschen Wirtschaft am globalen BIP beträgt lediglich 4,4 %

Hätten die Anleger den Anteil deutscher Aktien in ihren Depots auf diesen Wert angepasst, hätten sie seit 2018 rein rechnerisch eine Rendite von 216 Mrd. Euro erzielen können. „Der Home Bias kostete die Anleger in fünf Jahren also 140 Mrd. Euro an Rendite. Das zeigt, wie wichtig es ist, seine Investitionen möglichst breit über verschiedene Regionen zu streuen“, betont Preiswerk.

Wende zu „Germany First“ nach 2020

Erstaunliches offenbart auch die zeitliche Analyse des Anlageverhaltens. So haben deutsche Privatanleger gerade im Aktienboom des ersten COVID-19-Jahres 2020 fast 50 % mehr in internationale Aktien investiert als in nationale. Dieser Trend hat sich in den Folgejahren allerdings wieder umgekehrt. „2022 wurde dann sogar nur noch halb so viel in int. Aktien investiert wie in nationale. Es scheint so, als hätten deutsche Anleger gerade in schwierigeren Marktphasen eine vermeintliche Sicherheit in deutschen Werten gesucht, die es so in den letzten Jahren nicht gab", analysiert Salome Preiswerk das Anlegerverhalten der jüngsten Zeit. (ml)