Grüne Rendite

25.06.2020

Nicht erst Greta Thunberg musste kommen, damit die Bundesbürger ihre Beziehung zu Klima und Umwelt entdecken. Mittlerweile sind sie sogar dazu bereit, für ökologisch wertvolle Versicherungsprodukte auf ein Stück Rendite zu verzichten. Bei vielen Versicherern hat dieser Wunsch längst Einzug in die Geschäftspolitik gehalten.

Das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz ist bei Frauen besonders ausgeprägt. Auf die Frage, welche Facette von Nachhaltigkeit – Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder verantwortungsvolle Unternehmensführung – ihnen am wichtigsten sei, nannten 47 % der deutschen Frauen den Umwelt- und Klimaschutz. Die Männer liegen mit knapp sechs Prozentpunkten dahinter (41 %). Das sind einige Ergebnisse einer repräsentativen Studie zum Anlageverhalten der Deutschen, die die Gothaer Asset Management AG (GoAM) im Januar von forsa bereits zum elften Mal durchführen ließ. Jeweils 28 % der Frauen und Männer messen bei der Geldanlage der sozialen Gerechtigkeit die zweitgrößte Bedeutung zu. Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung ist nur 22 % der befragten Frauen am wichtigsten. Die Männer liegen dabei mit vier Prozentpunkten mehr weiter vorne (26 %). Auch wenn das Thema Nachhaltigkeit bei den befragten Frauen hoch im Kurs steht, sind sie bei der Investition in nachhaltige Geldanlagen etwas zurückhaltender als Männer. Die Hälfte der weiblichen Befragten wäre bereit, zugunsten der Nachhaltigkeit auf Rendite zu verzichten, bei den Männern sind es 57 %. Zusammengefasst: 47 % der Frauen sehen Umwelt- und Klimaschutz als wichtigste Facette von Nachhaltigkeit. Noch mehr, nämlich 50 %, sind bereit, trotz geringerer Rendite in nachhaltige Geldanlagen zu investieren. Und wie sieht die Realität aus? Insgesamt investieren derzeit erst 6 % der Deutschen in nachhaltige Fonds. „Aus den Ergebnissen unserer Befragung lässt sich aber ein neuer Zukunftstrend bei der Geldanlage ablesen, der wahrscheinlich mit der politischen Debatte zum Klimawandel in den letzten Monaten zusammenhängt. Besonders für Frauen hat der Umwelt- und Klimaschutz offensichtlich einen hohen Stellenwert“, erläutert Carmen Daub, Fondsmanagerin bei GoAM. Aber wie „grün“ sind die Versicherer eigentlich?

Ökonomie, Soziales und Ökologie

Stephan Bongwald, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Barmenia Versicherungen, sagt: „Die Barmenia nimmt ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahr und betrachtet Ökologie neben der Wirtschaftlichkeit und sozialen Aspekten insgesamt ganzheitlicher.“ Die Wissenschaft spreche vom Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit. Ökonomie, Soziales und Ökologie würden dabei gleichrangig betrachtet. Und Martina Westholt, Konzernsprecherin der VHV Gruppe, erklärt: „Die VHV Gruppe arbeitet kontinuierlich daran, ihre Umweltbilanz durch effiziente Ressourcennutzung und den Einsatz möglichst umweltfreundlicher Technologien weiter zu verbessern.“ Maßnahmen in den letzten Jahren seien z. B. Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz und Reduzierung von CO2-Emissionen gewesen. Und in der Tat wurde das Versicherungsunternehmen beispielsweise mit dem Umweltzertifikat des Programms ÖKOPROFIT Hannover ausgezeichnet. Auch dem 2009 bezogenen Neubau liegt laut Westholt ein hochmodernes, kombiniertes Energie- und Fassadenkonzept zugrunde. Die Fassade umfasse Dreifachverglasung sowie hoch wärmedämmende Elemente. Hinzu kämen thermoaktive Decken. Zum Heizen und Kühlen des Gebäudes nutze man überwiegend Erdwärme (Geothermie). Natürlich reicht es jedoch nicht, nur ökologisch zu denken und zu bauen. Laut der Gothaer-Studie legen die Kunden ja gerade auch auf nachhaltige Investments viel Wert – und sind dafür sogar bereit, auf ein Stück Rendite zu verzichten. Es ist daher die Frage erlaubt, wie ökologisch nachhaltig die angebotenen Produkte ausgerichtet sind.

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