Finanzmarkt aktuell

07.04.2017

Jens Herdack, CEFA / CIIA

  • Konjunktur: Erwartungen etwas zu optimistisch
  • Aktien: Europa besser als USA
  • Renten: Renditeanstiege begrenzt durch Inflationserwartungen

Wenn die USA und Europa derzeit konjunkturell etwas gemeinsam haben, dann ist es eine Konstellation, in der die Stimmungsumfragen ein extrem optimistisches Bild malen, die realen Zahlen der Volkswirtschaft damit aber (noch) nicht Schritt halten können. Die Frage ist, ob überhaupt eine reale Chance besteht, dass sie mit den Stimmungsindikatoren gleichziehen. So deutet der von uns berechnete Konjunkturindikator, der unter anderem auf eben jenen Stimmungsumfragen beruht, für 2017 mehr als eine Verdopplung des deutschen Wirtschaftswachstums gegenüber 2016 an. In den USA befinden sich einige Stimmungsindikatoren inzwischen auf Niveaus, wie wir sie zuletzt um die Jahrtausendwende und damit vor der globalen Finanzkrise gesehen haben. Das erscheint selbst vor dem Hintergrund der von der Trump-Regierung geplanten Konjunkturfördermaßnahmen etwas übertrieben. Damit soll nicht gesagt sein, dass sich die US-Wirtschaft schlecht entwickelt. Im Gegenteil, wir rechnen weiterhin mit möglichen Wachstumsraten von 2 - 2,5 %. Das Stimmungsbild sieht das 2017er Wachstum hingegen deutlich über 2,5 %. Dafür müssten in unseren Augen allerdings nahezu alle wirtschaftsfördernden Pläne des US-Präsidenten umgesetzt werden. Und genau das wird von den Marktteilnehmern und uns zusehends kritischer gesehen. Schließlich ist es Trump bislang noch nicht einmal gelungen, eines seiner wichtigsten Wahlkampfthemen durchzusetzen – die Abschaffung von Obamacare. Zu groß ist der Widerstand in den eigenen republikanischen Reihen. Eine diesbezügliche Abstimmung im Senat wurde nun schon zweimal verschoben. Nicht wenige politische Berichterstatter rechnen damit, dass sich eine Entscheidung noch weiter hinziehen wird. Es muss sich zeigen, ob sich diese Gefolgsverweigerung nur auf die geplante Gesundheitsreform bezieht oder ob sich ein ebensolcher Widerstand auch bei den folgenden Plänen zeigt. Schon Ende April steht mit dem Beschluss des Haushaltbudgets eine weitere Bewährungsprobe an. Ein erneutes Scheitern würde kein positives Signal an die Märkte senden. Vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen und der Brexit-Verhandlungen ist es erstaunlich, wie positiv die Verbraucher- und Industriestimmung auch hierzulande sind. So erreichten sowohl der vielbeachtete ifo- Geschäftsklimaindex, als auch seine europäischen Pendants neue 6-Jahreshochs. Besonders deutlich zeigt sich das Auseinanderlaufen von Stimmung und harten Zahlen anhand der ifo-Exporterwartungen und der tatsächlichen Auftragseingänge der deutschen Industrie, die diametral auseinanderdriften. Insofern gilt auch für Europa wie für die USA, dass die harten Zahlen solide daherkommen, wahrscheinlich aber nicht mit den inzwischen zu hohen Erwartungen schritthalten können.