Fidelity: Lateinamerika mit Europa auf Augenhöhe

07.02.2013

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Am Wochenende treffen sich die EU und die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) zum siebten Mal zu Gipfelgesprächen. Während die Europäer mit der Eurokrise und gebremster wirtschaftlicher Entwicklung kämpfen, ist Lateinamerika wirtschaftlich immer erfolgreicher geworden und begegnet der EU nun fast auf Augenhöhe. Angel Ortiz, Co-Manager des Fidelity Latin America Fund, erklärt die Chancen der Region für Anleger.

(fw/ah) "Lateinamerika ist sehr reich an Rohstoffen und zieht allein damit die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich. Unternehmen aus der Grundstoffindustrie und Energieversorger sind die Haupt-Exporttreiber der Region und machen etwa 40 Prozent der regionalen Aktienindizes aus. Allerdings dreht sich in Lateinamerika nicht alles um Rohstoffe. Vielmehr spricht auch für die Region, dass der heimische Konsum über die letzte Dekade stark angestiegen ist. Das ist auf steigende Löhne, eine höhere Beschäftigungsrate und fallende Zinsen zurückzuführen. Auch die demografische Entwicklung der Region wirkt sich positiv auf die einheimische Nachfrage aus.

Brasilien profitiert von der Nachfrage der privaten Haushalte

So etwa in Brasilien: Der private Konsum legte dort auch im zweiten Halbjahr 2012 zu. Er wird gestützt durch den historischen Tiefststand des Leitzinses und Löhne, die über die letzten zehn Jahre um 60 Prozent gestiegen sind. Hinzu kommt die vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote von gerade einmal 6 Prozent. Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie und dem Einzelhandel, wie der Getränkehersteller Ambev und das Kaufhausunternehmen Lojas Renner, sind daher attraktiv. Beide profitieren unmittelbar von dem steigenden Wohlstand. Insbesondere der Branchenprimus Lojas Renner ist in einer guten Position. Das Unternehmen nutzt in einem stark fragmentierten Markt für Bekleidung konsequent seine Wachstumschancen mit neuen Geschäftskonzepten.

Mexiko - Reformagenda der neuen Regierung stimmt positiv

Analog zur Größe seiner Bevölkerung hat Brasilien zwar den größten Aktienmarkt der Region. Eine für Investoren verlässlichere Entwicklung hat in den vergangenen Jahren jedoch die zweitgrößte Volkswirtschaft der Region, Mexiko, gezeigt. Das Land konnte seine Produktivität im verarbeitenden Gewerbe erheblich steigern und so eine Renaissance der Exporte einläuten. Unterstützt wird die positive Export-Entwicklung von gestiegenen Lohnkosten in China und höheren Kraftstoffpreisen, denn diese verteuern die Exporte aus Fernost in die USA. Dadurch werden Produkte aus Mexiko für US-Konsumenten wieder interessant und machen Firmen wie etwa den Mischkonzern Grupo Alfa konkurrenzfähiger. Das Unternehmen ist in den Bereichen Petrochemie, Autokomponenten, Telekommunikation und Tiefkühlnahrung aktiv. Gerade für die Bereiche Nahrungsmittel und Automobile sehe ich solide Wachstumschancen.

Zudem halte ich auch den Öl- und Gassektor trotz der verstärkten Förderung von Schiefergas in den USA und Kanada, die die Gaspreise unter Druck gesetzt hat, langfristig für vielversprechend. Denn die neugewählte Regierung hat versprochen, in diesem Sektor Reformen durchzuführen, um so das staatliche Monopolunternehmen PEMEX wettbewerbsfähiger zu machen. Außerdem will sich die Regierung der hohen Kriminalitätsrate annehmen und das Haushaltsdefizit zurückführen. All das stimmt mich langfristig positiv, denn die Reformagenda dürfte das Wachstum in den kommenden Jahren beschleunigen. Hinzu kommen generell gute Wirtschaftsdaten, die von einer starken Inlandsnachfrage und einer gesunden verarbeitenden Industrie gestützt werden.

Kolumbien: Chancen mit Rohstoffen und Infrastruktur

Das langfristige ökonomische Potenzial von Brasilien und Mexiko steht außer Frage, aber auch die peripheren Länder wie Kolumbien oder Panama bieten für selektiv vorgehende Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten. Grundsätzlich müssen Anleger bei Investments gerade in der Peripherie Lateinamerikas aber besonders auf Aspekte wie die Liquidität von Aktien und Corporate Governance achten.

Kolumbien etwa ist interessant, weil es sich im Rohstoffsektor gut entwickelt und mittlerweile rund eine Million Barrel Öl pro Tag produziert. Eine Säule der Erfolgsgeschichte in diesem Sektor ist der Energiekonzern Pacific Rubiales. Positiv wirkt sich auch aus, dass das Land von einer wirtschaftsfreundlichen Regierung geführt wird, die dafür gesorgt hat, dass sich Rahmenbedingungen wie etwa die innere Sicherheit stark verbessert haben. Langfristige Chancen ergeben sich zusätzlich bei der Infrastruktur, die derzeit den Bedürfnissen des Landes nicht mehr entspricht. Mit den nötigen Infrastrukturinvestitionen dürfte zum Beispiel der größte Zementproduzent des Landes, Cementos Argos, gewinnen.

Selbst im kleinen Panama gibt es interessante Unternehmen wie die Fluggesellschaft Copa Airlines. Die Airline profitiert nicht nur von Panamas Lage in der Region und der guten Infrastruktur, die das Land zu einem Knotenpunkt machen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Panama-Stadt kann zugleich auf günstige Arbeitskräfte zugreifen und sieht sich keinem bedeutenden Wettbewerb ausgesetzt. Dank dieser Kombination ist Copa zur einer der profitabelsten Fluglinien der Welt geworden. Bekannt für hochwertigen Service und mit guten Wachstumsaussichten, scheint sie auch für die Zukunft gut aufgestellt."

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