Fehleinschätzungen an den Kapitalmärkten: Ein amerikanischer Traum?

02.12.2016

Thomas Böckelmann

Die positive Entwicklung der US-Aktien nach dem Wahlsieg Donald Trumps steht zunächst für das Wunschdenken zahlreicher Marktteilnehmer. So feiert die Börse einen vom wahlkämpfenden Hard-Trump zum Soft-Trump mutierenden Präsidenten, ohne konkrete Anhaltspunkte zu haben“ konstatiert Thomas Böckelmann, Investmentchef der Euroswitch, in seiner aktuellen Einschätzung der Kapitalmärkte. Nahezu alle Experten lagen nicht nur in ihren Vorhersagen zum Wahlausgang daneben, sondern auch in ihren Vorhersagen zur potentiellen Marktreaktion. Nach dem Brexit sei dies der zweite Vorfall binnen weniger Monate, der daran zweifeln lasse, ob Gesellschaft und Kapitalmärkte noch auf Erfahrungen und Gesetzmäßigkeiten bauen können. Vor allem im Hinblick auf das bevorstehende italienische Referendum am Wochenende sowie das Superwahljahr 2017 sei diese Beobachtung alles andere als beruhigend.

Der Republikaner Trump griff den originär aus der Globalisierung resultierenden gesellschaftlichen Konflikt auf und versprach, die Arbeitsplätze von den chinesischen Werkbänken wieder in die USA zu holen. Neben allem Populismus wurde damit Donald Trump jener wirtschaftliche Protektionismus unterstellt, der im Falle seines Wahlsieges Kurseinbrüche an den globalen Aktienmärkten hätte auslösen sollen. Mittlerweile habe man gegen jede rationale Erwartung an sieben Tagen neue Allzeit-Hochstände an den US-amerikanischen Aktienbörsen erlebt. Trotz jüngster Charmeoffensive aus dem Hause Trump bleibe die politische Lage aber unberechenbar. Erst wenn sein 2.500 Mitarbeiter umfassendes Kernteam wirklich stehe und auf die ersten Wochen im Amt geblickt werden kann, werde man erfahren, wohin die Reise geht. Bis dahin dürften sich die Marktteilnehmer immer wieder auf teilweise irrsinnig anmutende Marktbewegungen einstellen, wie z.B. der 8%-Kursanstieg bei europäischen Zementherstellern wegen des potentiellen Mauerbaus an der mexikanischen Grenze.

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