Fairness und Kundenfokus?

12.06.2016

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Prämien und Bedingungen – dies sind die beiden Faktoren, die in erster Linie die Gespräche von Maklern mit ihren Kunden über das Thema Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bestimmen. Gleichzeitig entscheiden diese beiden Parameter oft schwerpunktmäßig über das Abschneiden einzelner Versicherer bei Ratings.

Dabei gibt es noch einen 3. Aspekt, der mindestens genauso wichtig ist: Die Leistungen der Anbieter und ihre Leistungsabwicklung. Letztlich gestaltet maßgeblich in der öffentlichen Wahrnehmung, wie fair ein Versicherer mit seinen Kunden umgeht, wenn diese eine tatsächliche oder zumindest den Verdacht auf eine Berufsunfähigkeit anmelden. In den Räumen der finanzwelt traf sich Ende April eine hochkarätige Expertenrunde, um über dieses grundlegende Thema zu diskutieren.

Die Experten zu Besuch bei der finanzwelt:

Stephan Kaiser, Geschäftsführender Gesellschafter BU-Expertenservice GmbH Frank Kettnaker, Vorstand Alte Leipziger-Hallesche-Konzern Markus Kruse, Geschäftsführer Assekurata Solutions GmbH Egbert Rothe, Vertriebsdirektor Volkswohl Bund Versicherungen Christian Schwalb, Geschäftsführender Gesellschafter BSC GmbH

finanzwelt: Zunächst einmal eine ganz allgemeine Frage. Welche Bedeutung hat die Berufsunfähigkeitsversicherung heute aus der Sicht der Makler? Kaiser: Das Thema ist extrem wichtig. Wichtiger noch als je zuvor, weil es dafür im Gegensatz zur Lebensversicherung noch einen enormen Markt gibt. Ich persönlich kenne viele Makler, für die die BU das Brot- und Buttergeschäft schlechthin ist. Rothe: Der Vertrieb hat es auch viel leichter, weil er keine Grundexpertise mehr verkaufen muss. Die BU wird ja mittlerweile landauf, landab äußerst positiv bewertet – quer durch alle Meinungslager. Makler müssen also nicht mehr mit Gegenwind kämpfen, das vereinfacht vieles. Natürlich auch die Neukundenansprache. Das Thema Absicherung der Arbeitskraft erweist sich längst als Türöffner. finanzwelt: Aber in den Medien wird nach wie vor heftig diskutiert. Rothe: Da geht es aber in erster Linie um die Prämiengestaltung und nicht um grundlegende Fragen. Kettnaker: Über allen Diskussionen zum Preis steht doch die Absicherung eines existenziellen Risikos. Das erleichtert Maklern den Kundenzugang enorm. Nicht ohne Grund ist das Thema Biometrie für den freien Vertrieb ein wichtiges Geschäftsfeld. Wobei noch ein weiterer Punkt hinzukommt: Wir reden heutzutage viel über Digitalisierung. Sie erfasst weite Bereiche des Produktangebots, doch die Absicherung des Risikos Berufsunfähigkeit ist auf digitalem Weg kaum darstellbar. Und dies ist in Zukunft auch nur schwer vorstellbar. Zumal es dann ja auch nicht alleine bei der BU bleibt – eine umfassende Pflegefallvorsorge gehört stets mit hinein ins Konzept. finanzwelt: Schließen sich also Digitalisierung und Absicherung der Arbeitskraft grundsätzlich aus? Kettnaker: Es gibt durchaus auch in diesem Geschäftsfeld digitale Bereiche, wie zum Beispiel die Risikoprüfung. Aber die Beratung muss stets persönlich erfolgen, daran führt kein Weg vorbei. Rothe: Das liegt schon alleine daran, dass Laien ihren persönlichen Bedarf nicht richtig einschätzen können. Damit fehlt ein Kernelement des digitalen Verkaufs. Kruse: Ich würde gerne noch einmal auf den thematischen Einwurf von Herrn Rothe von vorhin zurückkommen. Natürlich ergibt sich aus Kundensicht zwangsläufig der Bedarf an einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Schon von daher kommen Makler gar nicht umhin, diese Form der Absicherung anzubieten. Allerdings sehe ich Diskussionen nicht nur um die Prämiengestaltung, vielmehr kreisen sie auch um die Leistungen. Hierzu muss man sich ja nur einmal die medialen Berichterstattungen in jüngster Vergangenheit ansehen. Schwalb: Viele Makler stecken hier in einem Zwiespalt. Einerseits macht ihre allgemeine Einnahmensituation den BU-Verkauf erforderlich – andererseits gestalten sich der Beratungsaufwand dafür sehr aufwändig und die Annahmepolitik vieler Versicherer enorm schwierig. finanzwelt: Gibt es denn Makler, die solche Verträge deshalb überhaupt nicht mehr anbieten? Kaiser: Nur vereinzelt wegen des damit verbundenen Aufwands. Es ist ja auch schwer für die Makler, sich überhaupt noch zurechtzufinden. Da ist einmal die umfangreiche Berufsgruppendifferenzierung, diese Entwicklung ist wahrlich nicht gut gelaufen. Und dann führen auch noch die Schattenprodukte zu einem enorm komplexen Markt. Schwalb: Allerdings erlaube ich mir auch hierzu die kritische Anmerkung, dass es um die Bereitschaft vieler Makler, sich über dieses Segment zu informieren, nicht immer zum Besten steht. Das wäre aber wichtig, um über die Arbeitskraftabsicherung in Gänze auch gut beraten zu können. Rothe: Es bedarf schlicht einer höheren Verkaufskompetenz, zu viel läuft vorrangig über den Preis. Diese Eindimensionalität ist ein Grundübel. Viele Makler stürzen sich auf die Prämien und die Bedingungen und vernachlässigen dabei die Leistungen.