Expertenrunde: „Ein Provisionsverbot schafft das Einkommen der Makler ab“

24.11.2021

Provisionsdeckel, Provisionsverbot und die Zukunft der privaten Altersvorsorge – all diese Begriffe haben die Diskussionen in der Versicherungsbranche in den vergangenen Monaten beherrscht. Was in den kommenden Monaten auf Makler und Vermittler zukommt und welche Themen ihre Arbeitswelt beeinflussen können, haben ausgewiesene Branchenexperten aus den Bereichen Versicherung, Vertrieb, Verband und Beratung im Rahmen der DELA-Lounge in Berlin diskutiert.

Beim Thema Provisionsdeckel herrscht in der „kleinen Berliner Runde“, die Walter Capellmann, Hauptbevollmächtigter der DELA Lebensversicherungen in Deutschland im Rahmen der DELA-Lounge moderiert hat, ein klarer Konsens: Eine weitergehende Regulierung durch den Staat lehnen alle Experten ab und ein Provisionsverbot wird es Ihrer Meinung nach auch nicht geben. Die Teilnehmer Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler, Unternehmensberater und ehemaliger Vertriebsvorstand, Rainer M. Jacobus, Vorstandsvorsitzender IDEAL Versicherungsgruppe, Frank Rottenbacher, Vorstandsmitglied Brundesverband für Finanzdienstleistungen (AfW) und Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Rechtsanwalt und u. a. Versicherungsbeirat Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, sind sich dabei einig.

„Bei einem Provisionsverbot würde die Politik das Einkommen des Beraters abschaffen. Auch wenn die Provision mit dem Produkt kombiniert ist, so handelt es sich um die Vergütung des Beraters und seine Beratungsleistung. Und die muss honoriert werden“, erklärt Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler. Auch aus rechtlicher Sicht wird die Politik kein Provisionsverbot beschließen. Der Beschluss eines Provisionsdeckels ist realistischer, aber dennoch aus Sicht der Expertenrunde kritisch zu sehen. „Wir führen hier eine Scheindiskussion. Die Politik möchte Provisionsexzesse vermeiden, die heutzutage aber so gut wie gar nicht vorkommen“, meint Rainer M. Jacobus. „Bei einem durchschnittlichen Gewinn von 55.000 Euro pro Jahr für einen selbstständigen Berater kann nicht die Rede davon sein, dass ein Provisionsdeckel nötig ist“, ergänzt Frank Rottenbacher, Vorstandsmitglied des Bundesverbands für Finanzdienstleistungen (AFW).

Provisionsermittlung mithilfe von Qualitätsbeurteilung

Es stellt sich die Frage, welche konkreten Lösungsansätze die Diskussion um einen Provisionsdeckel bereichern könnten. Die Berechnung der Provision für Makler und Vermittler basiert derzeit auf einem reinen Multiplikationsprozess von Abschlusssumme und einem festgelegten Prozentsatz. Je höher die Abschlusssumme, also je mehr der Makler verkauft, desto höher ist seine Provision. Dabei spielt keine Rolle, wie gut oder schlecht die Beratung war, eine Bewertung der Qualität fehlt demnach gänzlich.

„Versicherer sollten in der Provision stärker die Aspekte berücksichtigen, die qualitätsabhängig sind und beispielsweise die Dokumentationsfähigkeit des Maklers oder dessen Stornoquote mit einbeziehen“, so Zeidler. Bereits heute gibt es Versicherer, die diese Qualitätsdimension in ihrer Provisionsberechnung integriert haben. Die Expertenrunde kritisiert außerdem, dass insbesondere Politiker den Arbeitsalltag der Makler nicht ausreichend kennen, um deren Qualität zu beurteilen. „Wir müssen zudem bei der Kommunikation ansetzen. Wenn ein Bundestagsabgeordneter beispielsweise ein Praktikum bei einem Makler machen würde, dann würde ihm bewusster werden, was alles zu einer umfassenden Finanz- und Vorsorgeberatung gehört und was diese wirklich wert ist“, schlägt Rottenbacher vor. Solche Maßnahmen könnten dazu beitragen, die Vergütung von Maklern transparenter zu machen und letztlich auch ihr Image zu verbessern.

Die Teilnehmer der Runde sprachen außerdem über die Zukunft der privaten Altersvorsorge in Deutschland und diskutieren dabei auch das häufig zitierte schwedische Modell. Außerdem sehen Sie im Video, warum der Expertenrunde zufolge das deutsche Bilanzrecht die Versicherer daran hindert, mehr Rendite für ihre Kunden zu erwirtschaften. (fw)